Achtung, dieser Kommentar enthält satirische Elemente, die (noch) nicht der Realität entsprechen.

Am 12.09. ist Waltraud Wende vom Amt der schleswig-holsteinischen Bildungsministerin zurückgetreten. Britta Ernst, Frau des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz, tritt ihre Nachfolge an. Mit Wende geht eine politische Quereinsteigerin, die sich während ihrer kurzen Ministerialkarriere schwer tat mit der Art des politischen Handelns und dem Ton des politischen Diskurs. Zuletzt wurde Wende der Korruption verdächtigt, weil sie versucht hatte, sich eine Rückkehr an die Universität Flensburg zu erbitten. Nachdem ihre Amtszimmer in Kiel sowie ihr Privathaus in Flensburg von der Polizei durchsucht worden waren, erschien ihr wohl selbst Wolfgang Kubicki hinter dem Rednerpult des Landtags wie ein Spa-Aufenthalt. Wende muss sich weiterhin der Staatsanwaltschaftschaft gegenüber verantworten.

Trotz des Personalwechsels bleibt Wendes Gedankengut Teil der politischen Planung in Schleswig-Holstein. Ein Lehrer für alle Schüler, eine Schule für alle Lernenden und Lehrenden, Doppelstrukturen in Kiel und Flensburg gehören mit dazu. Seit Beginn des Schuljahres sind Regionalschulen, die bisher Realschulen und Hauptschulen vereinten, als Gemeinschaftsschulen bekannt. An der Grundschule sind Noten weitestgehend abgeschafft. Die SPD-geführte Regierung wird weiterhin eine Vorreiterstellung in Anspruch nehmen und behaupten, dass die schrittweise Zusammenlegung aller Schularten nichts als Vorteile birgt. Negativbeispiele wie das Schulsystem der Vereinigten Staaten werden nicht in Betracht gezogen.

Bis 2017 hofft das Bildungsministerium, den Fremdsprachenunterricht auf ein obligatorisches Jahr zu verkürzen und die Kinder bis zum 12. Lebensjahr grundsätzlich mit „sehr gut“ zu benoten, um jegliche Unterschiede dezidiert zu minimieren. Mit dem Bau weiterer Universitäten mit Lehramtsstudiengängen in Heide, Westerland, Reinbek bei Hamburg, Neumünster und Barmstedt sowie Schaffung neuer Lehramtsstudiengänge an der Nordakademie Elmshorn, der Fachhochschule Wedel und der Baufirma Peters in Meldorf hofft man, bis 2020 an mindestens 10 Standorten Lehrkräfte auch für Baumschulen ausbilden zu können.

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Zeichnung: Lara Heuer

Schon heute sind viele Eltern mit dem Zustand der deutschen Gymnasien unzufrieden und ziehen, wenn sie die finanziellen Mittel haben, ihre Kinder ab. Es gibt genug Beispiele von Schülerinnen und Schülern, die ihre allgemeine Hochschulreife an Privatschulen machen, ob hierzulande, in der Schweiz oder Großbritannien. Wer ein besseres Abitur möchte, wechselt für die letzten zwei Jahre einfach an eine Integrierte Gesamtschule. Auch die Universitäten wissen, dass die Noten, die Bewerberinnen und Bewerber vorweisen, nicht vergleichbar sind – ein Numerus Clausus hilft da wenig. Dass man an manchen Universitäten mit einem 1,0-er Abitur alleine nicht genommen wird, liegt sicherlich nicht daran, dass das Studium anspruchsvoller geworden ist. Das gesamtdeutsche öffentliche Bildungssystem geht vor die Hunde, es machen immer mehr Menschen Abitur und bald wird man ohne Bachelorabschluss nicht mal mehr eine Aushilfstätigkeit auf 450€-Basis bekommen können. Statt die Anforderungen zu heben, werden Schüler radikal gleichgemacht. Da das Geld sowieso nicht in der Bildung anzukommen scheint, kann man es auch für den Ausbau einer zweiten Volluniversität im Bundesland verwerten. Ein Luxus, den sich ähnlich große Bundesländer wie Brandenburg zum Beispiel nicht erlauben.

Die Kausa Wende offenbart viel grundsätzlichere Probleme in der schleswig-holsteinischen Politik, als mit ihrem Rücktritt gelöst werden können. Entscheidungen werden getroffen unter dem Vorwand, das Beste für alle Beteiligten im Auge zu haben. Proteste der Beteiligten werden kleingeredet. Wenn der Ministerpräsident mit seinem, in der SPD-Führung anscheinend verpflichtenden lippisch-angehauchten Akzent demonstrierenden Studierenden Respektlosigkeit zu-duzt, weil sie für ihre Überzeugungen einstehen, wird klar, dass Politik in Schleswig-Holstein eine harte Zukunft vor sich hat. Von Vollzeitquärulanten wie Wolfgang Kubicki ist man nichts anderes gewöhnt, aber ein Ministerpräsident, der seine Kritiker so versucht mundtot zu machen, ist eine Schande für dieses Bundesland. Auch wenn die FDP auf Bundesebene bis zur Einführung des neuen 500-Euro-Scheines jegliche Kredibilität verloren hat und als Klientelpartei diffamiert wird, so ist sie im Schleswig-Holsteinischen Landtag eine steife Brise, die den Regierenden ihr mangelndes Kalkül vor Augen führt. Besser: führen würde, denn es hört ja keiner wirklich zu. Während im Bildungsministerium also weiterhin mit Hochdruck die Sargnägel der Gymnasien produziert werden, fällt es langsam aber sicher schwer, nicht ins US-amerikanische Politjargon zu verfallen und diesen sozialistisch derogativ zu gebrauchen.

Frau Wende, von Freunden „Wara“ genannt, ist gegangen, aber ihre Wende wird dennoch kommen.

Torsten, Waltraud, denkt doch bitte einmal nicht nur weit, sondern vor allem scharf nach, bevor Ihr etwas verzapft, was alle Errungenschaften der preußischen Bildungsreformen demoliert. Sobald die Christdemokraten wieder an der Macht sind, wird sich eh alles ändern. Bildungspolitiker dieses Landes, werft nicht bei jedem Machtwechsel alles über den Haufen. Solange Eure Diäten stimmen, geht es Euch zwar gut, aber Bildung hat so keine Zukunft.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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