Der Regen prasselt auf das verliebte Paar, ihre Familie und ihre Freunde. Als das Wasser zu fließen aufhört, ist plötzlich alles anders. Die Liebe ist wie weggeschwemmt und das vorher so glückliche Paar trennt sich. Diese Beziehung zwischen dem Archivarus des spanischen Königs und Marie, einem armen französischen Mädchen, steht im Mittelpunkt von Johann Wolfgang Goethes Trauerspiel Clavigo. Ivna Žic hat am Schauspielhaus eine Fassung inszeniert, die sehr düster und ausdrucksstark ist. Noch bis Ende des Semesters ist das aufbrausende Drama aus der Sturm und Drangphase von Goethe zu sehen.

Foto: Olaf Struck
Foto: Olaf Struck

Inhaltlich kreist das Stück um den Namensgeber Clavigo, gespielt von Felix Zimmer. Er hat sich zum Archivarius am Hof des Königs hochgearbeitet und steht in Aussicht Minister zu werden. Doch neben seiner Arbeit und der Schriftstellerei gibt es noch Marie, in die er sich unsterblich verliebt hat. Seine Liebste und sein Job zerren an Clavigo. Das hat Ivna ŽZic besonders eindrucksvoll inszeniert, indem sie die Hauptpersonen immer wieder Clavigos Namen rufen lässt, der unruhig von einer Person zur nächsten läuft und so doch nichts richtig schafft. Sein Freund Carlos überredet ihn die Beziehung für seine Karriere zu opfern. In Doppelbesetzung zeigen Marko Gebbert und Marius Borghoff sowohl den Freund als auch den manipulativen Strategen. Das Timing der beiden ist beim gemeinsamen sowie schnellen abwechselnden Sprechen auf den Punkt. Um selbst von der besseren Position Clavigos zu profitieren, redet Carlos schlecht über Marie. Er führt seinem Freund vor Augen, dass sie arm und krank ist. Das verkörpert Jennifer Böhm in der Rolle der Marie rein äußerlich sehr überzeugend. Der Charakter ihrer schwachen Figur ist jedoch leider nicht so authentisch wie etwa der ihrer Schwester Sophie, gespielt von Pina Bergemann. Die Schauspielerin transportiert den inneren Konflikt glaubhaft. Einerseits ist sie von ihrer Schwester genervt und traut Clavigo und dem ganzen Frieden nicht, andererseits hilft sie Marie ungemein. Äußerlich kann die Figur der Sophie in höchst unvorteilhaftem, sackartiggrauen, zu kurzen Kleid nicht punkten. Außerdem geben die Röcke bei einem Carlos und Buenco Rätsel auf. Leider bleibt unklar, was Sophie Reble mit diesen Kostümen ausdrücken wollte. Ansonsten passen die dunklen Kleidungsstücke gut zum tristen schwarzen Bühnenbild. Ebenfalls schwarz sieht Buenco, ein guter Freund Maries, als er erfährt, dass sie von Clavigo betrogen wurde. Oliver E. Schönfeld in der Rolle des Buenco, behandelt seine Marie ganz zärtlich und ist im nächsten Augenblick herrlich ungestüm, da ihn das Verhalten von Clavigo erzürnt. Der Schluss weicht von Goethes Vorlage ab und schöpft nicht den vollen Rahmen des Tauerspiels aus, da dafür auch zwei weitere Figuren nötig gewesen wären, die in der Inszenierung eingespart wurden.

Foto: Olaf Struck
Foto: Olaf Struck

Insgesamt lebt das Stück von den zur Schau gestellten komplexen Emotionen der Charaktere. Besonders Felix Zimmer (Hauptfigur Clavigo) sowie Pina Bergemann (Sophie) und Oliver E. Schönfeld (Buenco) begeistern durch starke Gestik und Mimik, die ihre Rollen authentisch erscheinen lassen. Die schlichte Umsetzung des Gefühlsdramas lässt nichts vermissen.

Autor*in
Share.
Leave A Reply