Was haben Kant, Voltaire und Kierkegaard außer vermeintlicher Genialität gemeinsam? Alle drei waren kaffeesüchtig. Wobei verwunderlich ist, dass Kierkegaard nicht an Diabetes litt – der Legende nach füllte er seinen Kaffeebecher zunächst mit einem Berg aus Zucker und übergoss diesen dann mit starkem schwarzen Kaffee. Nicht nur unter Philosophen beliebt, wird das ‚schwarze Gold‘ auf der ganzen Welt seit Jahrhunderten mit Freuden verzehrt, kein Wunder also, dass Kaffee auch heute noch Trendgetränk Nummer eins ist. 2,25 Milliarden Tassen Kaffee werden pro Tag weltweit getrunken und mit 12 Kilogramm pro Kopf im Jahr sind die Finnen die führenden Kaffee-Suchtis. Deutschland liegt in diesem Ranking mit läppischen 5,5 Kilogramm pro Kopf übrigens auf einem langweiligen 16. Platz. Fun Fact: Die Stadt, die nie schläft sollte sich mitunter mal Gedanken machen, ob das nicht auch an ihrem Kaffeekonsum liegt: New York trinkt siebenmal mehr Kaffee als alle anderen US-amerikanischen Städte.

Wer zu viel Kaffee trinkt, läuft außerdem Gefahr zu halluzinieren, das Ganze wird aber je nach Körpergewicht erst ab schätzungsweise 70 bis 100 Tassen lebensgefährlich. Am effektivsten ist das Heißgetränk bei einem normalen Tagesrhythmus jedoch ohnehin zwischen 9.30 und 11.30 Uhr. Wer sich beim Genuss des allmorgendlichen Cappuccinos übrigens fragt, woher die Bezeichnung stammt, sei hiermit aufgeklärt: Der Name dieser Kaffeevariation wurde von der Kluft der Kapuziner-Mönche inspiriert: hellbraune Kutte mit weißem Gürtel um die Körpermitte.

Den Coffee-Experts zufolge befinden wir uns momentan in der ‚Dritten Welle‘ des Kaffeekonsums, im Barista-Fachjargon ‚Third Wave‘ genannt. 1930 begann die Erste Welle und damit das weitläufige, für jede Gesellschaftsschicht zugängliche Aha-Erlebnis, als abgepackter gemahlener Kaffee erstmalig in den Supermärkten zu erstehen war. Die Zweite Welle brachte ab circa 1960 dann das Wirtschaftswunder des Coffee to go und mit ihm all die schweinerischen Sirup-, Milch- und Aroma-Zugaben. Natürlich entstand auch Global Player Starbucks während dieser Zeit. 1971 gründete sich das Unternehmen, das bald das Lebenselixier der sogenannten Basic Bitches herzustellen vermochte: Billo-Kaffee mit viel Sirup und ganz viel Ausbeutung. Die ‚Dritte Welle‘ versucht genau hier entgegenzuwirken: Qualität, geschulte Zubereitung, Geschmacksvielfalt, Nachhaltigkeit und Fairtrade. Großes Augenmerk wird auf die Herkunft der Kaffeebohne gelegt, auf schonende Röstung und richtige Zubereitung. Kaffee als Genussmittel ist das Credo der Third Wave, die das Berufsfeld der Baristas, Latte Art und lokal geführte Cafés fernab der großen Ketten erst so richtig zum Gedeihen bringt. Kaffee genießen wie einen guten Wein – diese Formulierung ist gar nicht mal unangebracht, wenn man bedenkt, dass das Wort ‚Kaffee‘ aus dem Arabischen stammt und übersetzt ‚Wein der Bohne‘ bedeutet. Ach, und wer sich dazu noch allen klassischen Gepflogenheiten entsprechend besonders kultiviert zeigen möchte, der legt zum koffeinhaltigen Heißgetränk noch Johann Sebastian Bachs Schweigt stille, plaudert nicht auf: Seine so genannte Kaffeekantate handelt von der Kaffeesucht: „Coffee, Coffee muß ich haben / Und wenn jemand mich will laben / Ach, so schenkt mir Coffee ein!“ In diesem Sinne: Santé!

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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