Ich denke, du und ich haben eines gemeinsam: Wir hätten nichts dagegen, das Kapitel Corona so langsam abzuschließen. Was uns allerdings durchaus unterscheiden könnte, ist unsere Vorstellung davon, wie so ein Lockdown aussehen sollte. 

In Zeiten wie diesen befinden wir uns irgendwo zwischen Lockdown-Ödnis und Illusion. Die einen schleppen sich um zehn Uhr morgens (wenn es gut läuft) so semi-fit vom Bett zum Schreibtisch. Bei anderen hat um sechs Uhr der Wecker geklingelt und neben einer Runde Yoga oder Joggen wurde die perfekte Porridgebowl für Instagram abgelichtet. Im Anschluss wurde dann die Babbel-Lektion in Spanisch mit null Fehlern gemeistert.  

Während es für manche schon zur Herausforderung wird, sich nicht nur von Nudeln zu ernähren und zur Abwechslung auch mal etwas anderes als einen Schlafanzug zu tragen, inszenieren sich andere vor allem medial, indem sie zu sich selbst finden und scheinbar ellenlange To-Do-Listen im Rekordtempo abhaken. Für manche ist der Alltag im Lockdown produktiv und „instagramable“, für andere ist das schlichtweg illusorisch. 

Dann gibt es da auch noch die, die sich den lieben langen Tag über Masken aufregen, plötzlich zu Michael Wendler-Jüngern mutieren und wie wahnsinnig Toilettenpapier hamstern. Das solch ein Verhalten nicht gerade förderlich für die Bekämpfung einer Pandemie ist, lassen uns die Konsequenzen dieses Handelns spüren: die meiste Zeit zu Hause verbringen, soziale Kontakte meiden und vor leeren Supermarktregalen stehen.   

Fakt ist, wir leben in einer Pandemie und ja, die Situation könnte besser sein. Aber scheint es gerade nicht nur von Bedeutung zu sein, wie wir diese Zeit überstehen, sondern ob überhaupt, wenn es einigen doch so schwerfällt, sich regelkonform und vor allem solidarisch zu verhalten.  

Jeden Tag auszuschlafen und im Bett an Vorlesungen teilzunehmen hilft zwar im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus, vielleicht lohnt es sich aber trotzdem, einen passenden Tagesplan zu entwickeln und zur Abwechslung sogar mal eine Jeans am Schreibtisch zu tragen. Wir werden eh nie erfahren, ob die tägliche Yogaeinheit wirklich länger dauert als die vier Instagram-Stories à 15 Sekunden und wir uns nicht doch alle auf die eine oder andere Art ein ganz kleines bisschen in der Langeweile des Lockdowns verlieren. 

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