„Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ – so zitierte Marcus Wiebusch einst Kurt Tucholsky in Kettcars Song Im Taxi Weinen. Man muss weder Tucholsky lesen, noch Kettcar hören, um die Wahrheit dieser Aussage zu erkennen. Es reicht, iOS 8.3 zu besitzen, Fernsehen zu schauen oder die Politik zu verfolgen. Oft wird etwas mit den richtigen Gedanken im Hinterkopf angedacht und so ausgeführt, dass es scheitert. Anstatt Emojis gelbe Gesichter zu geben, gibt es jetzt eins in jeder Ethnie – nun ja, jeder wichtigen. Haar-, Augen-, und Hautfarbe wurden verändert – gut gemeint, schlecht gemacht. Jetzt kann ich also mein „Oh Snap“ mit einem schwarzen Frauengesicht eindeutig rassistisch darstellen. Auch gute Noten können mit einem Asiaten stereotypisiert werden, für Promiskuität und Dummheit gibt es die blonde Frau.

Aber nicht nur Apple und Emojis sind Fälle fehlgeleiteter politischer Korrektheit. Der Begriff des „African American“ war erstmals in der Beschreibung ehemaliger Sklaven ein Begriff, dem keine negative Konnotation anhaftete. Doch so gut der Begriff gemeint sein mag, er ist irreführend und außerdem ein Einzelfall. Schwarze heißen in Kanada und Großbritannien sowie Südafrika einfach „black“ obwohl ihre Wurzeln zum Teil die gleichen sind, die die schwarzen Amerikaner haben. Wobei Begriffe wie „Black British“ wörtlich lediglich die Hautfarbe beschreiben, umfasst der Begriff „African American“ als Wort auch die Kultur. Die Kultur der hiermit beschriebenen Menschen ist jedoch zum Großteil keine afrikanische Kultur, sondern nährt sich aus verschiedensten Einflüssen. Betrachtet man das Wort an sich, könnte der Begriff auch die Schauspielerin Charlize Theron bezeichnen – sie ist gebürtige Südafrikanerin und besitzt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Von etymologischen Spitzfindigkeiten abgesehen, finden sich auch andere Kritikpunkte an der politischen Korrektheit unserer Tage. Oftmals wird von den in Europa und den USA in der Mehrheit befindlichen heterosexuellen Weißen bemerkt, dass die Präsenz von Homosexuellen in den Medien „zu groß“ sei. Ihr Kampf um Anerkennung ist nötig und die Themen, die angesprochen werden, sind keinesfalls redundant. Doch stören sich manche Menschen daran, dass die Belange der LGBT-Community so präsent sind – vielleicht aus Homophobie, vielleicht aus Angst um die eigene Vormachtstellung. Die einen freuen sich, dass Hillary Clinton ein schwules Pärchen in ihren Wahlkampfspots zeigt, andere merken statistisch richtig an, dass die Häufigkeit, in der zum Beispiel gleichgeschlechtliche Partnerschaften medial besprochen werden, nicht repräsentativ für die Gesellschaft ist.

Die Welt in der wir leben besteht aber auch nicht nur aus weißen, heterosexuellen, cisgender Männern der oberen Mittelschicht, wie dem Autor dieses Kommentars. Sie sind die treibende Kraft des immer noch zu starken Patriarchats. Minderheiten werden oft nur aus Gründen politischer Korrektheit mit ins Boot genommen, wie Begriffe wie „Quotenschwarzer“ zeigen. Stereotype wie der Streber aus einer ostasiatischen Familie, der athletische Afroamerikaner, die blonde Sexbombe oder der kleinkriminelle Araber sind allgegenwärtig. Sie zu zeigen, hilft uns als Gesellschaft nicht. Sie sind klischeehafte Beispiele für eine Bevölkerungsgruppe, kein Zeichen einer diversifizierten Gemeinschaft aller – sie sind stigmatisiert und mehr Teil kolonialer Propaganda als Teil einer Vision für eine künftige Welt.

Erst, wenn sich Männer über schwache männliche Charaktere in Serien wie Orange Is The New Black beschweren, fällt ihnen auf, dass sie über Generationen Teil einer Gesellschaft gewesen sind, die genauso schwache weibliche Charaktere propagiert hat. Wir als Gesellschaft müssen den Mittelweg zwischen einer realistischen Darstellung unserer kulturellen Vielfalt und der in den Medien nötigen Abstraktion finden. Erst, wenn wir mit Bedacht an diese Inhalte herantreten und uns ihrer mit vollem Einsatz und nicht halbherzig annehmen, kann und wird es uns gelingen, allen gerecht zu werden.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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