Das Studentenleben wirkt auf den ersten Blick wie ein absoluter Traum: den ganzen lieben langen Tag bei mehr oder weniger schönem Wetter mit einem Karamell-Soja-Macchiato auf dem Campus philosophieren. Falls überhaupt eine Anwesenheit in den Seminaren gefragt ist, denn die meisten Studierenden müssen laut Klischee im Schnitt nur drei bis vier Tage pro Woche ihr Bett verlassen, um in die Uni zu gehen. Wenn das Studentenleben aber als das reinste Schlaraffenland angepriesen wird, warum ist dann jede*r sechste Studierende von einer psychischen Krankheit betroffen? Dabei muss bedacht werden, dass zu dieser Statistik nur diejenigen zählen, die sich psychologische Hilfe suchen und eine entsprechende Diagnose erhalten. In den letzten Jahren ist die Zahl der Betroffenen exponentiell angestiegen. Der Barmer-Arztreport 2018 berichtet von einer 38-prozentigen Zunahme bei 18 bis 25-Jährigen. Insbesondere Studierende, die auf eine zukünftige Verbeamtung hinarbeiten, scheuen vor professioneller Hilfe in Form einer Therapie zurück, denn eine Verbeamtung wird durch die Inanspruchnahme von psychologischer Hilfe erschwert. In diesem Artikel soll veranschaulicht werden, aus welchen Gründen eine Verbeamtung bei Menschen sowohl mit psychischen, als auch mit physischen Krankheiten, problematisch ist.

Eine Verbeamtung ist für angehende Lehrkräfte und viele Jurist*innen immer noch ein Wunsch für die berufliche Zukunft. Um in Deutschland den Beamtenstatus zu erlangen, müssen Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber*innen stimmen. Der Amtsarzt muss die gesundheitliche Eignung prüfen und aufgrund der Krankheit der Vergangenheit und Gegenwart mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen können, dass die Bewerber*innen vorzeitig dienstunfähig werden oder lange ausfallen. Bis zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2013 reichte hierfür nur der Zweifel an der Eignung aus, um Anwärter auszuschließen. Betroffen waren nicht nur Menschen mit einer psychischen Erkrankung, sondern auch Personen mit körperlichen Krankheiten oder auch Übergewicht. Die Chance auf eine Verbeamtung wurde somit für viele Bewerber*Innen drastisch verschlechtert, was wiederum zu einer Klage gegen den Staat führte. Zwei Bewerber*Innen, einer mit der Krankheit Multiple Sklerose und die andere mit einer Scheuermannschen Erkrankung, welche eine Verformung der Brustwirbelsäule mit sich bringt, klagten gegen diese Regelung. Die Kläger*innen haben durch das Urteil zwar keine Verbeamtung erhalten können, aber die Grundregelung wurde aufgrund der Klagen noch einmal überdacht und anschließend im Jahre 2013 verändert.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Bewerber*innen mit Behinderungen als gesundheitlich geeignet eingestuft werden müssen, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass sie bis zur gesetzlichen Altersgrenze den Beruf ausüben können. Für Menschen ohne Behinderung gilt jedoch, dass die Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreffen muss. Vor diesem Urteil lag die Verantwortung bei den Bewerbenden, da diese die Beweismittel für eine Dienstfähigkeit bis zum Ende des Amtes beschaffen mussten. Mit der Änderung der Regelung, müssen nun die Arbeitgeber*innen beweisen können, dass eine Dienstunfähigkeit vor dem Eintritt der Rente überwiegend wahrscheinlich ist. Somit ist es seit 2013 offiziell um einiges einfacher, verbeamtet zu werden, auch wenn der Antrag immer noch mit viel Arbeit verbunden ist.

Bei psychischen Erkrankungen ist eine Prognose wie diese besonders schwer zu treffen, da eine mögliche Dienstunfähigkeit von vielen Faktoren abhängt und ein Krankheitsverlauf in der Psychologie sehr individuell erfolgt. Mit dem heutigen Stand der Psychopharmaka in Kombination mit einer Psychotherapie können Erkrankte meist eine deutliche Verbesserung erfahren. Somit sollten psychische Erkrankungen kein Ausschlusskriterium für eine Beamtenkarriere sein, denn es fällt ohnehin vielen Menschen schwer, sich professionelle Hilfe zu suchen. Da sollte der berufliche Aspekt nicht zusätzlich eine Rolle spielen.
Auch wenn leichte psychische Erkrankungen, die sich wahrscheinlich nicht wiederholen werden, meist nicht mehr zum Ausschluss von einer Beamtenkarriere führen, schwirrt diese Angst im Kopf der Hilfesuchenden weiter herum. Die Furcht, sich damit seine Karriere zu verbauen, hält hilfesuchende Studierende von einer Therapie ab und bringt damit bestimmt keine geistig gesünderen Menschen zum Beamtentum. Gerade im Studium ist es nicht unüblich, dass Faktoren wie Stress, Überlastung, Arbeitsstörungen oder auch Probleme mit der Studienwahl und Studienabschlüssen eine prägnante Rolle spielen. Studierende werden tagtäglich mit diesen Schwierigkeiten konfrontiert und seelisch belastet, weshalb eine Beanspruchung von professioneller Hilfe manchmal unumgänglich ist. Glücklicherweise können angehende Beamte erleichtert durchatmen, denn durch die 2013 in Kraft getretene Regelung, sollte es kein großes Problem mehr sein, trotzdem eine Verbeamtung zu erhalten. Glück gehabt!

Falls du dich angesprochen fühlst und gerne professionelle Hilfe in Anspruch nehmen möchtest, dann wende dich bitte an die Telefonseelsorge, die dich anonym, kostenlos und rund um die Uhr berät: 08 00 - 1 11 01 11. Außerdem kann die Psychologische Beratungsstelle des Studentenwerks SH kontaktiert werden, unter der Nummer: 04 31 - 8 81 63 25. Hier kannst du einen Termin machen, um kostenlos und unter Wahrung der Anonymität psychologische Hilfe zu bekommen.

Autor*in

Jennifer studiert Germanistik und Anglistik auf Fachergänzung an der CAU und ist seit Dezember 2017 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Sie leitet außerdem seit Februar 2018 die Online- und Social-Media-Redaktion.

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