Warum Pen & Paper nicht nur etwas für Fantasy-Fans ist

Spätestens seit Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben Ende März in die Kinos kam, ist D&D vielen Leuten ein Begriff, auch wenn sie noch nie Rollenspiele gespielt haben. In Gesprächen mit den drei langjährigen Pen-&-Paper-Spielern Malte Cordes, dem zweiten Vorstand des Rollenspielvereins in Schleswig, Magnus Dominik Vanselow und Frederik, der unter anderem auch Spielrunden bei der Hochschulgruppe Arbeitskreis Fantasy (AKF) der CAU leitet, wurde in die Welt des Pen & Papers eingetaucht und mit Klischees aufgeräumt. 

Aber was ist Pen & Paper genau? Als Pen & Paper werden Rollenspiele bezeichnet, bei denen Spieler*innen, von denen eine*r die Spielleitung übernimmt, gemeinsam gedanklich in eine Welt eintauchen und dort Abenteuer erleben. Die Spieler*innen schlüpfen in Charaktere, die sie sich entweder selbst ausdenken oder schon vorgefertigt sind, und die Spielleitung führt sie durch die Welt. Dabei entscheiden häufig, aber nicht immer, Würfel über das Gelingen einer Handlung. Wenn ein Wurf scheitert, hat dies negative Konsequenzen für die Charaktere. Malte berichtet, dass beispielsweise ein von ihm gespielter Zwerg beim Lochbuddeln – aufgrund eines schlechten Wurfes – ein halbes Dorf zerstörte. 

Mehr als Dungeons & Dragons 

Wer aber Pen and Paper einfach nur mit D&D gleichsetzt, macht einen Fehler. Auch wenn Dungeons & Dragons sehr bekannt ist, gibt es eine Vielzahl anderer Pen-&-Paper-Rollenspiele – beispielsweise Das Schwarze Auge (DSA), das von Ulisses Spiele als „märchenhafte Welt“ mit fantastischen Wesen und Held*innen bezeichnet wird. Dagegen wird in Warhammer Fantasy eine düstere Welt erkundet, in der es keine Held*innen gibt, sondern „nur diejenigen, die den Mut haben, zu überleben und zu gedeihen“, so Ulisses weiter. Aber auch außerhalb des Fantasy-Genres gibt es unzählige Pen-&-Paper-Rollenspiele: Von Science-Fiction über Mystery und Horror zu Superhelden und satirischen Rollenspielen ist alles dabei. Häufig werden auch Elemente aus verschiedenen Genres kombiniert, um einzigartige Hybridwelten zu erschaffen.  

Klischees wie die ‚Damsel in Distress’, die jedoch nicht zwangsläufig eine zu rettende junge Frau sein müsse, wie Frederik betont, oder der Abenteuerstart in der Taverne oder beim Treffen am Lagerfeuer können also vorkommen, müssen es aber nicht. Letztere sind laut Frederik jedoch „klasse, um fremde Personen – sowohl am Tisch als auch als Charaktere – miteinander vertraut zu machen und den Leuten eine Chance zu geben, etwas in ihre Charaktere hineinzufinden“. 

(K)eine Flucht vor der Realität  

Grundsätzlich habe sich die Betrachtung des Hobbys mit der Zeit deutlich gewandelt. Zum Beispiel habe es früher häufig von konservativer, fundamentalistisch religiöser Seite Vorurteile gegen Pen & Paper gegeben, bemerkt Frederik. Diese führten sogar zu Warnkampagnen der Zeugen Jehovas gegen Dungeons & Dragons. Magnus ergänzt, dass das Spielen als Art der kreativen Auslebung vor allem früher stark stigmatisiert wurde und die Spieler*innen in den Augen der Öffentlichkeit einer Realitätsflucht unterlagen, um mit ihrem Leben klarzukommen. Pen & Paper sei somit ähnlich wie der Konsum von Alkohol und anderen Drogen wahrgenommen worden. Auch wenn diese Art von Vorurteil heute kaum noch verbreitet ist und Fantasy sowie Science-Fiction laut Frederik generell deutlich stärker im Mainstream angekommen seien, halten sich manch andere Klischees trotzdem.  

Dem Stereotyp, dass Pen-&-Paper-Spieler*innen Nerds seien, stimmt Malte sogar zu. Jedoch differenziert er: „Natürlich hört man, dass Spieler*innen alle im Keller sitzen würden und nicht wüssten, wie das Leben funktioniert, aber das würde ich gar nicht sagen. Alle Leute, die ich kenne, die Pen & Paper spielen, sind sehr gesellig und durch die Bank weg sehr offene und freundliche Menschen. Pen & Paper ist schließlich auch ein Hobby, bei dem man miteinander kommunizieren und interagieren muss.“ Während er der Darstellung als ‚kleine Flucht aus dem echten Leben’ insoweit zustimmt, dass man sein könne, wer oder was man möchte, und dies vor allem für kreative Menschen interessant sei, distanziert sich Magnus von dieser Auffassung. Auch er hebt Pen & Paper als „Möglichkeit, sich kreativ auszuleben und in andere Rollen hineinzuschlüpfen“ hervor. Die Motivation dafür sei jedoch nicht, dass die Spieler*innen sich von ihrem Leben distanzieren wollen, sondern dass es sie reize, auszuprobieren, wie sie in einer anderen Welt agieren würden.  

Zudem biete Pen & Paper die Chance, mehr über die eigenen Gedankengänge zu lernen. Magnus erklärt, dass die Spieler*innen nicht nur gezwungen seien, zu überlegen, wie der Charakter auf Extremsituationen reagiere, sondern dass sie sich unterbewusst selbst mit diesen Problemen auseinandersetzen. Auch er betont die kommunikative und soziale Seite des Pen-&-Paper-Spielens: „Man lernt, sich auf andere Arten und Weisen mit Mitmenschen, ihren Bedürfnissen und Problemen auseinanderzusetzen“. 

Tipps für Anfänger*innen 

Laut Frederik sei es aber wichtig zu betonen, dass für die Meisten Rollenspiele einfach nur ein Hobby seien, bei dem man Spaß haben, Leute kennenlernen oder Zeit mit Freunden verbringen könne. Hierbei kann der Einstieg zuerst hart wirken – vor allem, wenn man nicht schon Freund*innen hat, in deren Spielrunden eingestiegen werden kann. Malte erklärt jedoch: „Es gibt überall Gruppen, wenn man weiß, wo man suchen muss. In Kiel gibt es verschiedene Anlaufstellen wie den AKF an der Uni oder das Spielercafé Ragnarök am Exerzierplatz“. Außerdem gebe es prinzipiell keine Voraussetzungen, um Pen & Paper zu spielen, außer die Lust, es auszuprobieren. Für diejenigen, die sich nicht direkt trauen, mitzuspielen, bestehe nach Absprache mit der Gruppe auch die Möglichkeit, zuerst nur zuzuhören.  

Maltes Tipp für alle Pen-&-Paper-Neulinge: „Habt keine Vorurteile. Guckt und hört es euch einfach an. Lasst euch von den Leuten die Sachen erklären, vielleicht auch von ihrer Euphorie anstecken. Wenn ihr merkt, ihr sitzt lieber zu Hause und lest das Buch, anstatt es selber mitzuspielen, dann ist das nicht schlimm. Es ist auf jeden Fall ein Hobby, das sich wunderbar zum Reinschnuppern anbietet. Würfel kann man sich immer mal leihen und Charakterbögen kann man mit einem Bleistift und einem Stück Papier schreiben. Wenn ihr euch dann entscheidet, weiterzumachen: Roll for it!“ 

Autor*in

Lena studiert Deutsche Sprachwissenschaft und Englisch im Master an der CAU und ist seit November 2022 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Sie ist vor allem im Lektoratsteam tätig.

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