vonEileen Linke und Theresia Sallam

Vom 23. bis 26. Mai stellen sich alle Parteien der EU-Staaten zur Abstimmung für das Europäische Parlament. Diese Europawahl findet alle fünf Jahre und 2019 zum neunten Mal statt. In Deutschland ist am Sonntag, dem 26. Mai, Wahltag. Die Europawahl für das Parlament in Straßburg hat dabei einen entscheidenden Einfluss: Zusammen mit dem intergouvernementalen Ministerrat erfolgt die Gesetzgebung in der EU. Zudem übt das Parlament eine Kontrollfunktion aus und bestimmt über den EU-Haushalt.

Bei der Wahl steht jedem Land je nach Einwohnerzahl eine bestimmte Anzahl an Sitzen zu. Da Deutschland mit 96 Sitzen die meisten in Europa innehat, wird gerade das Wahlverhalten der Deutschen interessant. Die Sitze werden je nach politischer Gesinnung auf die acht Fraktionen aufgeteilt. Derzeit sind die drei stärksten Fraktionen die Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) und die Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR). In die EVP gehören wiederum konservative und christdemokratische Parteien, wie etwa die deutsche CDU/CSU. Wird nun also bei der Wahl in Deutschland einer nationalen Partei eine Stimme gegeben, dann stärkt der/die Wähler*in damit auch diejenige Fraktion des Parlaments, zu der diese Partei gehört.

Die europaweite Entscheidung über die Zusammensetzung des EU-Parlaments wird auch die Wahl des EU-Kommissionspräsidenten beeinflussen. Das Parlament berät sich mit dem Präsidenten des Ministerrates über einen Kandidaten oder eine Kandidatin. Diese Vorauswahl unterbreitet der Präsident dann dem Ministerrat, der darüber abstimmt. Letztendlich muss der/die vorausgewählte Kandidat*in dann noch vom EU-Parlament gewählt werden. Dieses Amt hat derzeit Jean-Claude Juncker inne. Möglicher Nachfolger könnte der CDU-Kandidat und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber werden. Er gehört derselben Fraktion an wie Juncker. Sollte das aktuelle Kräftegleichgewicht erhalten bleiben, hat Weber auch eine gute Chance auf das Amt. Es gibt noch weitere Gemeinsamkeiten: Genau wie Juncker positioniert sich Weber deutlich gegen die Extrem-Rechten, die in vielen Ländern Europas erstarken. Konkurrenz bekommt Weber durch den niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans (SPE). Im Gegensatz zu Weber besitzt er mehr politische Erfahrung – gerade im Bereich der Europapolitik war Timmermans schon mehrfach tätig. Für Weber ist dies jedoch noch politisches Neuland. Der dritte Anwärter auf das Amt ist der tschechische Rechte Jan Zahardil (EKR), der sich gegen ein stärkeres Zusammenwachsen Europas ausspricht.

Angesichts der erstarkenden rechten Parteien und dementsprechend auch der wachsenden EU-Skepsis, wird die Wahl definitiv richtungsweisend für Europa sein: Am 8. April wurde eine neue Fraktion angekündigt, die Europäische Allianz der Menschen und Nationen (EAPN), zu der sich europäische rechtsnationalistische Parteien zusammenschließen. Der Name wird voraussichtlich noch geändert, da es zu Verwechslungen mit dem Europäischen Armutsnetzwerks (auch EAPN) kommen könnte. Zu der neuen Fraktion gehören die italienische Partei Lega Nord, die deutsche AfD, die Dänische Volkspartei und die finnische Partei Perussuomalaiset (PS). Einen Tag später ist die österreichische rechtspopulistische FPÖ eingetreten und das französische Ressemblement National (RN, ehemalige Front National) unter der Führung von Marie Le Pen hat Interesse bekundet, sich ebenfalls dem Bündnis anzuschließen. Dabei gehe es den Parteien allerdings nicht um die Zerstörung der EU, sondern um deren Reformierung. Sie fordern, laut AfD-Chef Jörg Meuthen, einen „machtvollen Schutz der Außengrenzen“ und alle Parteien seien sich darin einig, die „drohende Islamisierung“ bekämpfen zu wollen. In den Sonntagsumfragen bleibt die CDU/CSU mit rund 32 Prozent noch immer stärkste Partei, aber die AfD ist mit etwa zehn Prozent nur acht bis neun Prozent hinter der SPD und den Grünen. Wie groß der Einfluss der Rechten auf das EU-Parlament wird, hängt unter anderem auch von der Wahlbeteiligung ab. Bei der letzten Europawahl 2014 gab es laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in der gesamten EU nur eine Beteiligung von 43,09 Prozent, in Deutschland waren es 47,9 Prozent und in Frankreich nur 43,5 Prozent. Doch dieses Jahr schreibt das EU-Parlament auf seiner Internetseite: „Diesmal genügt es nicht, nur auf eine bessere Zukunft zu hoffen: Diesmal müssen wir alle Verantwortung übernehmen“. Um für mehr Wahlbeteiligung zu sorgen, wurde die Kampagne Dieses Mal wähle ich (diesesmalwaehleich.eu) ins Leben gerufen. Dort kann sich jede*r registrieren und wird zur Wahl online oder vor Ort informiert. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, an Freund*innen und Bekannte einen Link zu schicken, um sie zur Wahl zu motivieren und sich miteinander zu vernetzen.

Gerade in der jüngeren Generation gehen viele Bürger*innen nicht wählen und aktuelle Beschlüsse des Parlaments und des Europäischen Rats haben Kritik am EU-Parlament losgetreten. Deswegen ist es wichtig zu wählen, da ansonsten die Interessen Einzelner noch weniger wahrgenommen werden. Je weniger Menschen wählen gehen, desto mehr sorgt die geringe Wahlbeteiligung dafür, dass Parteien größeren Zuwachs bekommen, die nicht im eigenen Interesse (oder dem der Allgemeinheit) handeln. Denn dadurch, dass nicht gewählt wird, wird derjenigen Partei geschadet, die bei abgegebener Stimme gewählt worden wäre und alle anderen Parteien profitieren davon.

So hat jede einzelne Stimme seine Bedeutung, auch wenn das bei mehr als 500 Millionen Einwohnern in der EU nicht so scheinen mag. Daher sollte sich jede*r darüber im Klaren sein, wie wichtig jede Stimme und die Wahl als Ganzes für ein Europa, wie wir es kennen, ist.

Autor*in

Hier schreiben mehrere Autor:innen der ALBRECHT-Redaktion oder Personen, die ihren Text anonym veröffentlichen wollen.

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