„Nein danke, ich will deinen Detox-Tee nicht.“ Diesen Gedanken habe ich ständig beim Anblick einer Paradebeispiel-Influencerin: 90-60-90 Maße, sonnengebräunt, blonde Haare, jede Woche an einem anderen Strand der Welt und zwischendurch immer mal wieder im Fitnessstudio in Berlin. 

Dennoch habe ich mich irgendwie an sie gewöhnt, denn sie überfluten Instagram, YouTube und Co.

Neuerdings lässt sich allerdings ein Phänomen beobachten, was vor allem im Zeichen der Europawahl besonders zugenommen hat. Immer mehr Influencer*innen scheinen sich mit Politik beschäftigen zu wollen, oder tun zumindest so. Da wurde morgens noch schnell eine Insta-Story gemacht zwischen Matchatee-Konsum und Bummel auf dem Flohmarkt, wo stolz der Wahlschein in die Kamera gehalten wird. „Geht wählen!“ oder „Jede Stimme zählt“ lauteten die Captions häufig. Ja, das tut sie, und ja, geht wählen! Dennoch werde ich dieses komische Gefühl nicht los, wenn diese Leute auf einmal ein unbändiges Interesse an Politik vorgaukeln scheinen. Liegt vielleicht einfach daran, dass sich ehrliche Meinung nicht mehr von bezahlter Werbung unterscheiden lässt. Vor allem, da das Europäische Parlament nun erstmals Influencer*innen für eine Zusammenarbeit bezahlte, unter anderem AlexiBexi und Kupferfuchs

Auch bezüglich des Klimawandels und Umweltschutzes schleichen sich immer wieder Posts in den rosaroten Feed, die zum Umdenken anregen sollen. Fällt jedoch schwer, das von einer Person anzunehmen, die Konsum so derartig zelebriert.

Dennoch bin ich diesen Leuten auch irgendwie dankbar. Dankbar, dass sie der häufig sehr jungen Followerschaft die wichtigen Themen zumindest irgendwie nahebringen, und so zwischen dm-Hauls und Travel-Vlogs auch mal ein kurzer Moment der Reflektion entstehen kann. 

Trotzdem sollte diese Doppelmoral nicht zur Norm werden. Und so kann ich an den/die Durchschnittsinfluencer*in nur folgende Worte richten: Mein doch bitte, was du sagst, und zeige auch, dass du danach lebst. Ansonsten bleib lieber still. 

Autor*in

Nadine ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Medienwissenschaft im Master an der CAU. Seit Oktober 2018 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion und hat vom Sommersemester 2019 bis Sommersemester 2020 das Kulturressort geleitet. Nun kümmert sie sich um die Social Media-Präsenz, schreibt aber auch noch fleißig Artikel.

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