Ein wahrgewordener Traum BOY starten ihre Tour– und sind vom Auftakt in Kiel selbst ganz begeistert Mit ihren Songs erzählen BOY Geschichten. Stellenweise wirken ihre Texte wie Drehbücher, die vor dem inneren Auge eine Situation entstehen lassen, welche sich mit dem nächsten Lied schon wieder ändert. So erscheint vor allem ihr erstes Album Mutual Friendswie ein kleines Buch, bestehend aus „Alltagsgeschichten, die es sich lohnt zu erzählen“, mein Sonja im Interview mit dem ALBRECHT. Die Geschichtenerzählerin der Gruppe ist Valeska. Für Texte und Gesang zuständig, wirbelt sie beim Tourauftakt in Kiel über die Bühne, ist Meisterin der ausschweifenden Gesten und sieht aus, als hätte sie größten Spaß an ihrer eigenen Musik. Sonja dagegen spielt schüchtern ihre Gitarre, dreht sich oft der Band und nicht dem Publikum zu. Aber nach kurzer Zeit wird klar, dass die beiden Frauen sich bedingen und dass trotz – oder eher wegen – ihrer unterschiedlichen Charaktere ihr Sound so viel Sinn ergibt. Ihre Musik besteht aus denselben Komponenten: Ausgelassenheit und Optimismus, aber niemals ohne Bodenhaftung. Dieser Funke springt direkt auf das Publikum über. Die doch eher zurückhaltenden Kieler, obschon nicht immer ganz textsicher, singen sofort lauthals mit. Mit Sicherheit sind auch einige überrascht, denn BOY klingen live noch einmal ganz anders und viel präsenter. Sonja und Valeska machen den Abend zu einem berührenden, unvergesslichen Erlebnis und bescheren sich selbst einen grandiosen Tourstart. Zwei Jahre hatte sich das Duo komplett aus dem Musikgeschäft zurückgezogen, um sich auf die Entstehung seines zweiten Albums zu konzentrieren. BOY brauchten den Rückzug ins Private, um arbeiten zu können. „Es ist ja das Schöne, dass man sich die Zeit nehmen, in die Musik eintauchen und sich intensiv sich mit dem Schreiben beschäftigen kann“, berichtet Sonja. Bei BOY ist die Arbeit ganz klar aufgeteilt: Sonja ist für die Musik zuständig, welche die Basis für Valeskas Texte bildet. „Wir schreiben also getrennt und auch nicht immer am selben Song zur selben Zeit. Aber wir stehen in einem ganz engen Austausch miteinander“, erläutert Sonja die Entstehungsweise. Der enge Entstehungsprozess spiegelt sich in den Songs wieder, welcher jeder für sich stimmig erscheint, mit auf den Punkt gesetzten Beats und Melodien, die noch lange nach dem Ausschalten mitschwingen. In BOYs Sound spielen dunklere Töne von Synthesizer und Schlagzeug zusammen mit leichten, schwungvollen Klängen von Klavier, Percussions und Triangel. Gemeinsam mit der samtigen, eher hohen Stimme von Leadsängerin Valeska gehen Sonjas Komposition eine perfekte Symbiose ein. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem Kurs der Hamburger Hochschule, der als Kontaktbörse für junge Musiker fungiert. Die zwei Frauen harmonierten sofort miteinander und beschlossen, zusammen zu arbeiten. So entstand dann BOY. Auf Grund dessen zog Valeska aus ihrer Heimatstadt Zürich zu Sonja nach Hamburg, für die die Hafenstadt ihre Heimat ist. Obwohl keine gebürtige Hanseatin, fühlt sie sich dort zuhause. „Aber für mich macht Heimat vor allem auch Freundschaften aus; persönliche Beziehungen zu Menschen, die mir wichtig sind. Dann ist es eigentlich auch egal, wo man ist.“ Dass BOY sich mit diesem Aspekt ausführlich beschäftigt haben, ist besonders auf dem ersten Album zu bemerken. Lieder wie Drive Darling und This is the Beginninghandeln von Themen wie Abschied nehmen und Ankommen, während zum Beispiel Silver Streets eine Hommage an Hamburg darstellt. Auf We Were Here haben BOY zu sich selbst gefunden und wagen sich an komplexere Fragen, wie beispielsweise die Suche nach Wahrhaftigkeit in unserer schnelllebigen, oberflächlichenZeit (Hit my Heart, Hotel). Die Texte sind nicht mehr so leicht greifbar, dadurch aber tiefgründiger als auf Mutual Friends – sie erscheinen streckenweise kryptischer. Sonja selbst sagt dazu: „Bei
dem ersten Album waren wir noch auf der Suche, was wir überhaupt zusammen machen wollen. Jetzt sind wir einen direkteren Weg gegangen.“Mittlerweile führen diese Wege sogar nach Nordamerika und Japan. Nach ihrem ersten Album gingen die beiden nicht nur in Deutschland auf Tour, sondern bereisten auch andere Kontinente, die sie zuvor noch nie gesehen hatten. Diese Eindrücke gingen an Sonja und Valeska nicht spurenlos vorbei, wie Sonja resümiert. „Ich glaube, das beeinflusst einen wahnsinnig, weil man einfach so viel sieht. Man wird dadurch noch demütiger und kann noch mehr schätzen, was man hat und was es einem bedeutet.“Auch in Zukunft wollen BOY viel durch die Welt touren. Hoffentlich verschlägt es sie dabei noch einige Male in den hohen Norden.

Autor*in

Maline ist 25 und studiert Deutsch und Politikwissenschaft im Master an der CAU. Sie ist seit Mai 2015 Mitglied beim Albrecht.

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