Schnuppertag bei der Ökumenischen Krankenhaus-Hilfe im Städtischen Krankenhaus

„Es ist schön, dass es Sie gibt, gerade für Menschen die alleine sind.“ Diesen Satz höre ich nicht nur einmal am Tag. Als Reporterin begleite ich einen Vormittag lang die Grünen Damen und Herren des Städtischen Krankenhauses bei ihrer Arbeit. Als ich im Büro ankomme, herrscht schon um neun Uhr morgens gute Laune. Die grünen Kittel werden angezogen, die Stationen verteilt und dann geht es pünktlich los zu den wartenden Patienten.

Unwissend was mich wirklich erwartet, springe ich ins kalte Wasser, als es in das erste Patientenzimmer auf der Geriatrie hinein geht. Natürlich weiß ich, dass die Patienten krank sind. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass man der Konfrontation mit Krankheit, Krankenhaus und Ärzten lieber aus dem Weg geht. Doch mein mulmiges Gefühl verschwindet schnell. Natürlich sind die Patienten geschwächt, vielen ist auch nicht nach einem Plausch zumute. Doch der Service der Grünen Damen und Herren, Besorgungen zu machen, wird gerne in Anspruch genommen. Gerade Patienten, die ans Bett gebunden sind, freuen sich darüber, wenn sie so am Morgen die Zeitung zum Lesen erhalten.

So geht die Runde von Zimmer zu Zimmer. In einigen verbringt man nur wenige Minuten. Die Grünen Damen und Herren sind bekannt, und so beginnt die Begrüßung auch schon mal mit: „Heute brauche ich nichts, danke.“ Doch es gibt auch Patienten, die sich über den Besuch der Ökumenischen Krankenhaus-Hilfe freuen und besonders die geschenkte Zeit schätzen, um ein wenig zu plaudern. So erfahre auch ich in kurzer Zeit viel von dem Leben der Patienten. Umso schwerer fällt es mir dann beim Verlassen des Zimmers das Schicksal dieser Einzelperson mental abzuhaken und ins nächste Zimmer zu gehen. Auf dem Weg zum nächsten Patienten spreche ich mit Frau Pauls, einer der Einsatzleiterinnen, über die emotional zu bewahrende Distanz gegenüber den Patienten: „Jeder entwickelt seine eigene Strategie mit den Einzelschicksalen umzugehen. Mir persönlich hilft es, vor dem nächsten Zimmer kurz in mich zu gehen. Aber natürlich bleibt es nicht aus, dass man auch mal eine Geschichte mit nach Hause nimmt.“ Wenn man nicht in der Lage ist, sich von den Patientenschicksalen emotional zu distanzieren, dann ist es nicht ratsam bei der ÖKH zu arbeiten. Letztlich wird der Abstand jedoch oft schon dadurch gegeben, dass man sich höchstens 15 Minuten in einem Zimmer aufhält. Man hat zudem auf einer Runde circa drei bis vier Stationen zu besuchen, sodass man nicht jedem gerecht werden könnte, würde man sich tiefsinnigere Gedanken über die einzelnen Patienten erlauben.

Und so geht es auch für mich nach einem tiefen Durchatmen ins nächste Zimmer. Hier erwartet mich ein Mann, der sich extra schick gemacht hat: Haare gekämmt und ein schönes Hemd angezogen, begrüßt er uns freundlich und mit einem strahlendem Lächeln. Gerade die Besuche bei Menschen, die kurz vor der Entlassung stehen, geben einem das Gefühl, nicht nur die negative Seite des Krankenhauses zu sehen, sondern auch die Ergebnisse der Heilung betrachten zu können.

Hat die Grüne Dame oder der Grüne Herr jedes Zimmer auf der Station besucht, geht es zum Kiosk, um die Besorgungen für die Patienten zu machen. Nach der Verteilung der Zeitungen, der Süßigkeiten oder auch mal einer Haarbürste geht es dann auf die nächste Station.

Für mich ist um halb zwölf etwas früher Schluss als für die regulären Ehrenamtler. Ich habe tausende Eindrücke im Kopf und muss mich sammeln, doch ein Fazit kann ich trotzdem ziehen: Die ehrenamtliche Arbeit bringt von Seiten des Patienten so viel Dank und Respekt herüber, dass der negativ vorbelastete Ort des Krankenhauses für mich in den Hintergrund gerät.

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