Dienstagmorgen, halb zehn auf der B76. Ich bin auf dem Weg zur Uni und feile in Gedanken noch an meinem Referat. Jeden Morgen fahre ich 36 Kilometer von meinem Wohnort zur Uni und jeden Abend dieselbe Strecke wieder zurück. Normalerweise brauche ich nur 40 Minuten für die Strecke, doch heute sieht es anders aus: Baustellen und kilometerlanger Stau. Na toll!

Das Auto ist eine tolle Erfindung: Es bringt dich warm und trocken an dein Ziel – im besten Fall direkt vor die Haustür. Du kannst dort deine Sachen lagern und bist immer flexibel. Sogar mitten in der Nacht kannst du losfahren. Ein Pluspunkt, den ich als Dorfkind besonders hervorheben möchte. Doch Autos sind teuer. Regelmäßige Werkstattbesuche und TÜV-Kontrollen kosten ziemlich viel Geld. Vom derzeitigen Spritpreis ganz zu schweigen.

Es gibt Menschen, die lieben Autofahren. Ich gehöre nicht dazu. Spätestens nach einer Fahrt durch Kiel liegen die Nerven blank. Baustellen, Ampeln, Einbahnstraßen und dichter Verkehr – so macht Autofahren keinen Spaß. Und noch weniger Freude bereitet mir die tägliche Parkplatzsuche an der Uni. Besonders im Winter, wenn gefühlt jede*r mit dem Auto unterwegs ist, zeigen sich Parkplatznot und eine kreative Auslegung des Halteverbot-Schildes.

Neben diesen Unannehmlichkeiten schwingt auch das Thema Umweltschutz bei jeder Autofahrt mit, die ich allein im Auto sitze. Kann meine Bequemlichkeit diese Folgen rechtfertigen?

Doch ist das auf der anderen Seite Grund genug, mein Auto aufzugeben und nur noch mit Bus und Bahn zu fahren? Sowohl die Deutsche Bahn als auch der Busverkehr sind nicht gerade für ihre Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit bekannt – von Flexibilität mal ganz zu schweigen. Dazu kommt das Unvermeidliche im öffentlichen Nahverkehr: andere Menschen. Egal, ob es kreischende Kinder, zu laute Musik aus tragbaren Bluetooth-Boxen oder die unüberhörbaren Gespräche des*der Nachbar*in sind – es nervt. Und da helfen auch die schalldichtesten Kopfhörer nicht immer weiter.

Aber wenn ich dann doch unerwartet von diesen Lärmquellen verschont werde, ist die Bus- und Zugfahrt sehr schön. Zurücklehnen, Augen schließen und entspannen. In der Zeit schaffe ich ein paar Seiten eines guten Buches, Vorträge und Referate kann ich bequem noch einmal im Kopf durchgehen. Oder ich kann den Schlaf nachholen, den ich Dank verschiedener Serien verpasst habe. Eine kleine Erholung im stressigen Alltag.

Und natürlich spielt der Umweltschutz meinem Gewissen in die Karten. Jede Person, die der Bus oder die Bahn befördert, muss selbst nicht in ein Auto steigen. Das bedeutet auch weniger Verkehr auf den Straßen, weniger Luftverschmutzung, weniger Lärmbelästigung in der Stadt und mehr Platz und Sicherheit für jede*r Fahrradfahrer*in und Fußgänger*in. Ich kann mich also bequem chauffieren lassen, tue der Umwelt dabei noch etwas Gutes und spare Geld: Eine Monatskarte kostet mich so viel wie eine Tankfüllung. Und seit das landesweite Semesterticket da ist, bezahle ich noch weniger.

Dienstagmorgen, halb zwölf an der Uni: Nach anderthalb Stunden Stau, einer halben Stunde Parkplatzsuche und einem Kilometer Fußmarsch habe ich die Nase voll. Mein Seminar, in dem ich das Referat halten sollte, habe ich verpasst und zu meinem zweiten Seminar komme ich auch schon zu spät. Bequemlichkeit und Flexibilität gut und schön, doch das nächste Mal nehme ich lieber den Bus!

Autor*in

Merle ist seit Oktober 2017 beim ALBRECHT. Sie studiert Deutsch und Philosophie auf Fachergänzung.

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