DER ALBRECHT traf sich mit Heiner (ehemals Dozent der Physiologie), Martin (Oberarzt am UKSH), Alfred und Lara (Mitarbeiter*innen an der CAU) von der Hochschulgruppe Pax Optima Rerum. Die Gruppe existiert seit Herbst 2016. Derzeit engagieren sich dort etwa 30 Personen – Studierende, Professor*innen, wissenschaftliche und technische Mitarbeitende der CAU – gegen die zunehmende Militarisierung der Politik und für die Förderung des Friedens.

DER ALBRECHT: Mit ihrem Motto „Pax Optima Rerum” steckt sich die CAU hohe Ziele. Wie schätzt ihr den Stellenwert ein, den das Thema Frieden an der Universität einnimmt?

Heiner: Wenn man unter der Uni die Studierenden, Mitarbeiter*innen und Professor*innen versteht, sind wir überzeugt, dass das Thema Frieden einen hohen Stellenwert einnimmt. Betrachten wir dagegen die Institution Universität, stellen wir das Gegenteil fest: Das Friedensforschungsinstitut SCHIFF wurde 2011 abgewickelt, dagegen erhielt das Institut für Sicherheitspolitik (ISPK) 1983 den Status eines Instituts an der CAU. Und obwohl sich die Studierenden 2013 per Abstimmung für eine Zivilklausel – also ein Verbot militärischer Forschung und die Beschränkung auf den zivilen Bereich – ausgesprochen haben, weigern sich Präsidium und Senat, diese zu übernehmen.

Das ISPK beschäftigt sich nach eigener Aussage mit „der Analyse sicherheitspolitischer Herausforderungen“ und veranstaltet jährlich eine Konferenz dazu. Was kritisiert ihr daran?

Heiner: Das ISPK beschäftigt sich primär mit der Optimierung der Kriegsführung und einer Beeinflussung des öffentlichen Diskurses in Richtung einer konfrontativen Politik und dem Einsatz von Waffengewalt. Es geht ihm nicht darum, friedliche Konfliktlösungsmöglichkeiten zu diskutieren, sondern um einseitige Stellungnahmen zu Gunsten der militärischen Machtpolitik der NATO.

Sollte es einem Institut der Uni nicht frei stehen, in jede Richtung zu forschen?

Heiner: Die Freiheit der Wissenschaft ist ein hohes Gut, das ständig verteidigt werden muss. Dies bedeutet aber nicht, dass jede*r Wissenschaftler*in an der CAU machen kann, was er oder sie will. Zum Beispiel müssen Mediziner*innen, die mit Menschen oder Tieren Versuche durchführen wollen, Anträge an eine Ethikkommission stellen. Diese werden abgelehnt, wenn sie den ethischen Standards nicht genügen. Ethische Grundsätze müssen auch in den Sozialwissenschaften gelten. Und Kriegspropaganda genügt diesen Grundsätzen nicht.

Lara: Zudem gerät die Freiheit der Wissenschaft durch die Abhängigkeit von Drittmitteln in Gefahr. Fatal ist das besonders dann, wenn die Geldgeber Bundeswehr, NATO oder Rüstungsindustrie sind.

Warum ist das Thema Frieden aktuell besonders relevant?

Alfred: Wir erleben, dass heute die Ausgaben für Rüstung immer weiter gesteigert werden und gleichzeitig Russland als Feindbild aufgebaut wird. Gegen Russland wird aufgrund bloßer Anschuldigungen und ohne Beweise eine aktive Konfrontation betrieben – beispielsweise in den Fällen Skripal und MH17-Abschuss. In beiden Fällen wurden völkerrechtswidrig Sanktionen gegen Russland verhängt und russische Diplomaten des Landes verwiesen.

Welche Rolle kann die CAU für die Friedensförderung spielen?

Lara: Die CAU kann sich für eine Verstärkung der Zusammenarbeit einsetzen mit chinesischen, arabischen und russischen Universitäten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen – zum Beispiel Austauschprogramme von Studierenden und Mitarbeiter*innen zur Förderung von interkultureller Begegnung und Friedensarbeit.

Alfred: Die CAU muss ihr Gewicht als Uni nutzen, Stellungnahmen zu friedenspolitischen Fragen abgeben und die Politik ermahnen, internationale Konflikte nicht weiter zuzulassen und stattdessen für mehr gleichberechtigte Zusammenarbeit eintreten.

Martin: Wir setzen uns für eine organisatorische und politische Trennung der CAU vom ISPK ein. Das wäre ein Signal, dass der CAU der Erhalt des Friedens ein wirkliches Anliegen ist.

Was kann jede*r von uns konkret für den Frieden tun?

Heiner: Jede*r kann sich aktiv für den Frieden einsetzen – zum Beispiel auf der Demo gegen die Militärschau während der Kieler Woche. Aber darüber gibt es in jedem Fachbereich Beziehungen zum Frieden – ob nun das Gemälde Guernica in der Kunstgeschichte, die Kettenreaktion in der Atomphysik oder die Cholera in der Medizin. Diese Beziehungen können in jedem Seminar diskutiert werden.

Alfred: Einzelkämpfer*innen haben es immer schwer. Deshalb rufen wir alle Mitglieder der Universität und insbesondere die Studierenden auf, mit uns in Kontakt zu treten – etwa über unsere Website www.pax-optima-rerum.de. Jede*r ist willkommen, unserer Gruppe beizutreten, um gemeinsam einen Beitrag zu zum Erhalt des Friedens in Europa und gegen die weltweiten Kriege zu leisten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde geführt von Mark Philipp Hadyniak
Autor*in

Mark studiert Prähistorische und Historische Archäologie sowie Soziologie an der CAU. Seit dem Sommersemester 2017 gehört er zur ALBRECHT-Redaktion.

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