Es sind die klassischen Themen, die junge Menschen seit jeher beschäftigen: Die erste Liebe, Selbstzweifel, Trennung und das Gefühl, irgendwie verloren zu sein. Dass diese Themen auch ihren Niederschlag in der Musik finden, ist nichts Neues. Jedes Jahr erscheinen unzählige Songs, die doch immer auf die mehr oder weniger gleiche Weise die selben Geschichten erzählen.

Aber dann kam Billie Eilish: Sie besingt all diese Themen auf ihre ganz eigene Art. Und das mit ganz schön viel Erfolg: Mit gerade einmal 17 Jahren hat sie schon zahlreiche Auszeichnungen abgeräumt, ihr beliebtestes Musikvideo hat bei YouTube über 250 Millionen Aufrufe. Billie Eilish besticht mit ihrer Ehrlichkeit und ihrer Andersartigkeit. Wo vielleicht eine zarte junge Frau, gekleidet in rosa und nebenbei auf Instagram Werbung machend für den neuesten Detox-Tee, erwartet würde, steht eine selbstwusste junge Frau mit Augenringen, niemals lächelnd, mit immer wieder anders gefärbten Haaren und viel zu weiten, grellen Hoodies. Ihr Markenzeichen. Ebenso wie ihre Stimme, welche so leise und sanft ist, aber dennoch eine unglaubliche Tiefe und Stärke ausstrahlt. Ihr Sound ist Pop, aber lässt sich irgendwie doch nicht so richtig in ein Genre stecken.

Eilish, die mit bürgerlichem Namen eigentlich Billie Eilish Pirate Baird O’Connell heißt, entdeckte schon sehr früh ihre Liebe und ihr Talent für die Musik. Bereits mit acht Jahren schrieb sie ihre eigenen Songs, der große Durchbruch kam 2015 mit der Single Ocean Eyes. Eigentlich nur für ihren Tanzkurs gedacht, wurde dem Song auf Soundcloud solche Aufmerksamkeit zuteil, dass Interscope Records sie unter Vertrag nahm. Bis heute produziert sie zusammen mit ihrem Bruder Finneas die meisten ihrer Songs, so auch Ocean Eyes oder den neuen Song bury a friend. Der Titel lässt schon erahnen, dass sie mehr kann als nur Lieder über Liebe und Herzschmerz. Der Song erzählt aus der Perspektive eines „Monsters unter dem Bett“ von der schwierigen Beziehung zu Eilish, wobei das Monster sie selbst ist. Zeilen wie Bury a friend, I wanna end me oder Why aren’t you scared of me? / Why do you care for me? / When we all fall asleep, where do we go? zeigen die andere Seite von Eilish, die dunkle, die unergründliche. Diese Zeilen sollten außerdem prägend sein für ihr neues Album, welches ebenfalls WHEN WE ALL FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO? heißt. Die Sängerin erklärt, sie habe sich von ihren Träumen inspirieren lassen, vor allem von Albträumen, was sich auch in den Musikvideos zu bury a friend, welches eher wie ein Horrorfilm anmutet, oder when the party’s over erkennen lässt, in welchem ihr schwarze Tränen über das Gesicht laufen. Diese Thematik zieht sich durch ihr komplettes Album, welches am 29. März erschien.

Es scheint ihr zu liegen, Songs zu schreiben, bei denen erst beim zweiten Anhören auffällt, was dort eigentlich besungen wird. So handelt bellyache von einem Mord an zwei Freunden. Billie sagt, es mache Spaß, sich Geschichten auszudenken und sich in andere Köpfe reinzudenken.

Es wird sich zurecht gefragt, was dieser ganze Ruhm, der der jungen Billie Eilish schon jetzt zuteil wird, mit ihr anstellt, ihren Plattenvertrag hat sie schließlich mit gerade einmal fünfzehn Jahren unterschrieben. Jemand, der solche müden Augen hat und nie lacht, kann doch keinen Spaß an seinem Leben haben, oder? In zwei Interviews mit Vanity Fair, welche als Zusammenschnitt auf YouTube zu sehen sind, wird der Wandel sichtbar, den sie wohl gerade durchmacht. Eines der Interviews wurde mit ihr geführt, als sie fünfzehn war, eines genau ein Jahr später. Und geändert hat sich viel. Nicht gerade ungewöhnlich für einen Teenager, bei Eilish waren es jedoch nicht der erste Freund, der Schulabschluss oder der Führerschein, sondern zehn Millionen neue Follower auf Instagram, Auftritte in TV-Shows und viele Konzerte. Das hat Spuren hinterlassen. Billie lacht, als sie sieht, was ihre Träume und größten Errungenschaften vor einem Jahr waren und bezeichnet ihr früheres Ich als „cute“. Als sie gefragt wird, ob all der Stress das wert ist, lacht sie und meint, dass die Shows es wieder wett machen. Das Lachen wirkt wie ein Lachen von jemandem, der jeden Moment anfängt zu weinen. Ein trauriges Lachen, aus den Augen sprüht nur so die Traurigkeit. Sie sagt: „It’s been pretty dark lately, so I wanna be dark with it“. Wartet drei Sekunden und da ist es wieder, dieses Lachen. Und über die Musikindustrie: „Everybody is sad as hell“.

Dennoch bleibt sie sich treu. Teilt Memes auf Instagram und postet lustige Alltagssituationen. Sie ist erfrischend anders in einer Welt, die meistens darauf beschränkt ist, einem Trend hinterher zu jagen und die ‚Happiness‘ nach außen hin zu wahren. So ehrlich wie sie ist, ist es doch schwer vorstellbar, dass all das nur eine PR-Aktion ist.

Autor*in

Nadine ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Medienwissenschaft im Master an der CAU. Seit Oktober 2018 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion und hat vom Sommersemester 2019 bis Sommersemester 2020 das Kulturressort geleitet. Nun kümmert sie sich um die Social Media-Präsenz, schreibt aber auch noch fleißig Artikel.

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