Ein sonniger Oktobernachmittag: Auf Fritz Brause und Mio Mate treffe ich das Kombynat Robotron zum entspannten Pläuschchen vor dem Sechseckbau auf dem Unigelände. Die vierköpfige Truppe besteht aus den beiden CAU-Studenten Claas und Jannes, dem CAU-Alumni Richie sowie dem angehenden Heilpädagogen Tommy. Im April dieses Jahres hat sich die Kieler Krautrock-Band das erste Mal in dieser Konstellation getroffen und zusammen gejamt. „Damals wussten wir noch nicht, wo es hinführen soll. Das Zusammenspiel hat erstaunlich schnell sehr gut funktioniert und so haben wir es beibehalten“, erzählt Bassist Claas.

Die vier machen schon seit längerem Musik und haben parallel noch Aktien in anderen Bands – AUX, Tot, dune. und Donkey Demon – und bringen von dort Einflüsse mit, die in die Jamsessions eingebunden werden. „Wir haben alle Sachen, die wir in den eigenen Bands nicht richtig umsetzen konnten und diese können wir in dieser Konstellation nun verwirklichen und dabei rausgekommen ist quasi diese Art Krautrock“, so Richi, einer der Gitarristen.

Krautrock stammt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals wurden die Deutschen von den Besatzungsmächten als „Krauts“ bezeichnet. Der Begriff wurde im musikalischen Kontext adaptiert, um Musik aus dem deutschsprachigen Raum zu kennzeichnen. „Der Ansatz war an die 1960er-Jahre Rockmusik angelehnt und wurde in den 70ern durch neue technische Errungenschaften wie zum Beispiel Synthesizer weiterentwickelt. Das war ein komplett neuer Ansatz, Musik zu machen, es wurde viel improvisiert und experimentiert“, erklärt Jannes, Gitarrist und Synthesizer der Band, „Heute erlebt Krautrock durch Neo-Krautrockbands ein kleines Revival. Das Spektrum reicht inzwischen von elektronischer Musik bis zu härterem Zeug. Die Musik ist relativ monoton und baut sich langsam auf. Sie folgt dabei keiner klaren Struktur und darum geht es im Prinzip.“

Der Name ist ebenfalls von dieser Zeit geprägt und spielt auf die Computerfirma Kombynat Robotron aus der damaligen DDR an. „Die Firma hat nur mit eigenen Bauteilen gearbeitet, die im Vergleich zu der Konkurrenz nicht sehr gut waren. Im Prinzip machen wir dasselbe. Wir nehmen nur das, was wir haben und das läuft auch nicht rund. Außerdem ist der Name super sperrig und deutsch. Das Krautige wird damit noch einmal betont“, führt Jannes fort.
Die Band versucht sich einmal in der Woche zum Proben zu treffen, meistens abends nach der Arbeit, und dann kommt es nicht selten vor, dass eine Probe auch mal sechs Stunden dauern kann. „Die Prioritäten werden schon in Richtung Musik machen gesetzt, da muss man manchmal aufpassen, dass andere Sachen nicht aus dem Blick verloren werden. Aber umso mehr macht es auch Spaß. Dann kommen noch die anderen Bandprojekte hinzu, Tapes produzieren und sich um Auftritte kümmern. Vor allem muss organisiert werden, wie wir dort hinkommen. Für die ersten Auftritte sind wir tatsächlich mit unseren Fahrrädern durch Kiel gefahren, weil wir noch kein Auto hatten und haben uns die Instrumente teilweise ausgeborgt. Es war schon ziemlich krautig im wahrsten Sinne des Wortes“, so Richi. Als Musiker würden sich die vier aber dennoch nicht betiteln. „Es stellt sich für mich die Frage, ab wann man sich Musiker nennen darf. Ich würde nie auf die Idee kommen, mich in irgendwelchen Gesprächen als Musiker zu bezeichnen, ich finde das klingt immer ein bisschen prätentiös“, erklärt Claas.

Auch bei Live-Auftritten behält die Band den Jamcharakter bei, statt Songs zu schreiben, und gibt sich ganz und gar der Musik hin. „Das Besondere an Krautrock ist gerade dieses Freie. Es geht ums Kommunizieren. Wir fangen an zu spielen, haben vielleicht eine Idee und wenn es funktioniert, entsteht ein Jam daraus. Man lässt sich in dem Moment fließen und schaltet den Kopf beim Musizieren aus. Das ist eigentlich, was mir am meisten Spaß macht“, berichtet der Schlagzeuger Tommy. Auch darf ein bisschen Selbstironie nicht fehlen: „Bei Auftritten ziehen wir uns immer Kittel an. Wir wollen damit eine Rolle annehmen hinter der man sich wie eine Art Maske verstecken kann. Dann kann man auch viel freier an die Sache herangehen. Es als Kunstprojekt zu bezeichnen, ist vielleicht übertrieben, aber es muss auch nicht immer biederernst genommen werden. Wir gehen es gelassen an.“

Im Juni brachte die Band dann ihre ersten zwei Alben heraus, Mitschnitte ihrer Jamsessions, die als Modul 12 und Modul 13 betitelt auf Kassette und via Bandcamp veröffentlicht wurden. „Es gibt viele gute Bands, von denen man nur leider nichts hört, weil sie nur in ihrem Proberaum sitzen und nichts von sich hören lassen. Die Bands sind meisten unzufrieden mit sich und denken, sie können es noch besser machen. Wir haben von Anfang an gesagt, dass jetzt der Punkt ist, an dem wir stehen und wir das so herausbringen wollen. Das ist das Kombynat und die Leute sollen es hören“, berichtet Richi. Und der Erfolg spricht für die vier. Nur kurze Zeit später wurde der Plattenvertrag bei TonZone-Records unterzeichnet.

Die Band hat sich als Ziel gesetzt, einen Teil zur Musikkultur beizutragen und dabei nicht auf der großen Mainstream-Welle mitzureiten. „Wir bringen Musik für die Szenen heraus, wir wollen die Leute bedienen, die sonst etwas kürzer kommen, weil das Angebot gering ist“, erzählt Richi, „Mein Traum wäre es, wenn sich das Projekt von selbst trägt, da Musik ein unbeschreiblich kostspieliges Hobby ist. Als Studentenband ist das nur schwer zu finanzieren. Es wäre also schön, wenn ein Plus-Minus-Null-Geschäft daraus würde, man mit Konzerten oder einer Platte ein bisschen Geld einnimmt, mit dem man die nächste Studiomiete oder wichtige Utensilien bezahlen kann. Dass wir eine gute Balance haben zwischen dem, was wir gerne machen wollen und dem, was wir wirklich machen können. Das sind im Moment: Auftritte zu haben, Platten zu verkaufen und ein bisschen Gage nach Hause zu bringen.“ Da bleibt zu hoffen, dass die vier Jungs ihren Träumen folgen können und auch in Zukunft genügend Zeit für ihre Musik haben werden.


Titelbildquelle: Kombynat Robotron

Autor*in

Johanna studiert seit dem Wintersemester 2016/17 Deutsch und Soziologie an der CAU. Sie ist seit Oktober 2016 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Von Juli 2017 bis Januar 2019 war sie als Ressortleiterin für die Kultur verantwortlich. Sie war von Februar 2019 bis Januar 2022 Chefredakteurin des ALBRECHT.

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