„Two lovers entwined pass me by and heaven knows I’m miserable now.“
The Smiths
, Heaven Knows I’m Miserable Now (1984)

Auch wenn das Zitat aus einem Lied stammt, das im Mai erschienen ist, so fasst es doch die Gedanken zusammen, die wohl die meisten Menschen am 14. Februar eines jeden Jahres haben. Schon vor der Amerikanisierung unser hiesigen Feiertagskultur, wurde der Single als Spezies zu oft daran erinnert, dass er alleine ist. Was sich in den 30 Jahren seit dem geändert hat, ist nicht viel. Wer sich jetzt angesichts des nahenden Valentinstags bedrückt schluchzend in die Ecke der Küche zurückziehen will, dem empfehle ich eine Schachtel Marlboro, einen guten Chianti Classico auf Zimmertemperatur und „Hatful of Hollow“ von den Smiths – einsam sein war selten kultivierter.

Für die anderen von uns, die es satt sind, dass ein Tag wie der 14.02. aus seiner Unschuld heraus zu einem Machtinstrument der Gesellschaft geworden ist, denen bleibt der Single Appreciation Day (SAD) am 15.02. – ein Sonntag. Dass der SAD nicht am 13.02., dieses Jahr ein Freitag, begangen wird ist eine verpasste Chance für Zyniker bundesweit. Um den SAD richtig zu genießen empfiehlt es sich aber, in der vorangegangenen Woche ordentlich Schokolade gekauft zu haben. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges haben wir Europäer, insbesondere aber wir Deutschen, jeden erdenklichen Schrott aus den USA importiert und zelebriert. Lohnende Importe wie die Jeans oder Jack Daniel’s stehen mediokren bis fehlgeleiteten Importen wie Halloween zulasten des Reformationstags und der Valentinstag zulasten des vierzehnten Tages des zweiten Monats des Kalenderjahres gegenüber. Wer die Geschichte von Sankt Valentin kennt, mag auch ein Bild von Jacopo Bassano kennen, das eine Taufe durch den heiligen Valentin darstellt. Im oberen Teil des Bildes schweben zwei fette Kleinkinder unter einer hell leuchtenden Wolke; es darf als Ironie des Schicksals verstanden werden, dass die amerikanoeuropäische Leitkultur unter Einfluss der Schokoladenlobby hauptsächlich genau diese produziert – fette Kinder. Wir nutzen jeden Anlass aus, um Kürbisse, adipöse Männer mit Rauschebart und Krückstock, Herzen und Karnickel aus Schokoguss zu verkaufen und kiloweise in uns reinzuwemmsen. Wir haben keltische Bräuche importiert, um Schokolade zu verkaufen, wir haben das Fest der Liebe von Coke sponsern lassen, um Schokolade zu verkaufen, wir haben einen katholischen Heiligen zu einem Schokoladenverkäufer degradiert und schämen uns nicht, das höchste Fest der vorherrschenden Religion in diesem Lande zu einem Schokoladenausverkauf abzuwerten, bei dem alle vorher nicht verkaufte Ware neueingeschmolzen an den Käufer gebracht wird.

Doch wir sollten weitergehen. Es gibt weitere Feiertage ohne Schokolade – wo ist der halbe Mantel des Sankt Martin mit Krokant? Wo bleiben Luthers Thesen mit Mandelsplit? Wieso verkauft niemand Jesus auf dem Weg zum Himmel mit Marzipanfüllung? Das Christentum allein bietet genug Feiertage, um den Schokoladenausstoß Deutschlands zu verdoppeln – und das ist nur eine Religion! Wir müssen weiter Schokolade und Schokoladentage erschaffen und importieren, bis wir alle mit 30 an Übergewicht oder Diabetes zu Grunde gehen – wir sollten nicht ruhen, bis es nicht auch einen komplett schwarzen Mars-Riegel mit Erdgeschmack zum Totensonntag gibt.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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