Welche Rolle spielt globale Gesundheit an medizinischen Fakultäten?

Es ist nur ein kleiner Stich. Sekunden vergehen, während die weibliche Tigermücke ihren Stechrüssel in die Haut ihres Opfers versenkt. Was für sie nur eine weitere Mahlzeit zur Paarungszeit bedeutet, kann für den Menschen ernsthafte Konsequenzen haben: Das Dengue-Fieber, eine Viruserkrankung, ist auf dem Vormarsch. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Infizierten vervielfacht und die Überträger haben sich über Afrika hinaus auch in Teilen Europas ausgebreitet.

Rund 400 Millionen Fälle soll es laut der WHO jährlich weltweit geben. Dennoch fließen nur vergleichsweise wenig Gelder in die Forschung, weshalb sie auf der Liste der „vernachlässigten tropischen Erkrankungen“ geführt wird. Auf diese Liste schaffen es Krankheiten, die meist in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen verbreitet sind und deren Betroffenen es an Mitteln fehlt, um für Unternehmen einen kommerziellen Anreiz zu schaffen, Gelder in die Erforschung innovativer Maßnahmen zu investieren.

Ist die Verantwortung dafür bisher großen Pharmakonzernen zugeschoben worden, werden nun neue Finger erhoben, die nach Deutschland, auf unsere medizinischen Fakultäten zeigen. Die Mitglieder der Organisation Universities Allied for Essential Medicine sowie die Bundesvertretung der Medizinstudierenden Deutschlands erheben den Vorwurf, dass die medizinischen Fakultäten ihrer globalen Verantwortung nicht gerecht würden: Globale Gesundheit und vernachlässigte Erkrankungen spielten eine zu geringe Rolle in Forschung und Lehre.

Zu diesem Ergebnis kommt das im April veröffentlichte Hochschulranking Globale Gesundheit, in dem alle 36 deutschen medizinischen Fakultäten in den Kategorien Forschung, Lehre und Zugang zu Forschungsergebnissen für die Jahre 2010 bis 2014 beurteilt wurden. Auch die CAU bekommt ein schlechtes Zeugnis ausgestellt, wehrt sich aber gegen die Vorwürfe.

Die Fülle aller Lehrinhalte des regulären Medizinstudiums beschäftige sich, auch wenn kein eigenes Modul Tropenmedizin oder Globale Gesundheit existiere, durchaus mit den Grundlagen der Infektionskrankheiten und deren Behandlung, sagt Prof. Dr. Helmut Fickenscher, Leiter des Instituts für Infektionsmedizin. Darüber hinaus spielten Themen wie die Hygiene in verschieden Lebensbereichen ebenfalls eine große Rolle.

Der Dekan der medizinischen Fakultät Prof. Dr. Ulrich Stephani verweist darauf, dass die Forschung am Universitätsklinikum sich zunächst nach den relevanten, naheliegenden Krankheiten der eigenen Patienten richte: Auch für Parkinson, Epilepsie und Krebs gebe es oft noch keine Heilung. Darüber hinaus seien in Entwicklungs- und Schwellenländern zunehmend nicht-infektiöse Erkrankungen wie Diabetes oder Fettleibigkeit ein immer größeres Problem, sodass die Forschung auf diesen Gebieten nicht nur westlichen Bevölkerungen zugutekomme.

Die Frage nach der globalen Verantwortung der Universitäten bleibt bei beschränkten Ressourcen ein moralisches Dilemma. So liegt es am Ende beim interessierten Studierenden, angeregt durch seine Grundausbildung, sich in Zentren mit entsprechender Ausrichtung zu engagieren, um den Mücken nicht das Feld zu überlassen.

Autor*in

Hauke studiert Humanmedizin an der CAU und ist seit Juni 2016 Teil der Redaktion.

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