Plädoyer gegen die Abschaffung der Rechtspsychologie

Als wir uns im Sommer 2013 damit befassten, wohin es uns nun verschlagen würde, gab es mehrere Kriterien: das Studienfach, die Stadt und das fachliche Angebot. Kriterien, die für die gesamte Studienzeit wichtig sein würden. Wir, die jetzigen Diplomstudierenden der CAU Kiel, ließen also die Vorzüge verschiedener Städte auf uns wirken. Kiel warb um uns, mit der Sicherheit des Diploms. Kein Kampf um die Masterplätze, traumhafte Aussichten in einem Fach, das hauptsächlich mit Leuten besetzt ist, die bereits bei ihrem NC Konkurrenzfähigkeit bewiesen haben. Außerdem sehr groß auf der Website: die Abteilung der Rechtspsychologie. Außer Kiel können mit diesem Schwerpunktfach kaum deutsche Universitäten werben, ein großer Pluspunkt also!

Nun sind wir im 4. Semester. Jene von uns, die in Regelstudienzeit studieren, werden im Sommer ihr Vordiplom erhalten, und ihr Hauptstudium beginnen. Doch ab dem Wintersemester 2015 wird die Studienordnung der Psychologie vom Abschluss Diplom zum Abschluss Bachelor/Master umgestellt. Deshalb befinden wir uns, die beiden letzen Jahrgänge des Diplomstudiums, die sich aktuell noch ihr Vordiplom erarbeiten, in einer Grauzone der Prüfungsordnungen.

Der dumme Esel dachte, dass er bekommt was man ihm zeigte Karikatur: Julia Knoblauch
Der dumme Esel dachte, dass er bekommt was man ihm zeigte
Karikatur: Julia Knoblauch

Das stellt uns insofern vor ein Problem, als dass ab April der Weggang eines Professors zu größeren Personaländerungen führt. Prof. Dr. Thomas Bliesener ist noch Leiter der Abteilung der Entwicklungs- und pädagogischen Psychologie, und Vertreter für den pensionierten Prof. em Dr. Günther Köhnken in der Rechtspsychologie. Durch seinen Weggang kam es zu Diskussionen über die Neubesetzung. Nun überlegt die Leitungskonferenz  auf Nachdruck des Dekanats den Posten der Rechtspsychologie nicht neu zu besetzen, und damit ab Sommer diesen Schwerpunkt für die dann kommenden Hauptstudierenden nicht mehr anzubieten. Doch jener Schwerpunkt war es, der viele von uns erst nach Kiel gelockt hat!

Da die Rechtspsychologie bereits an vielen anderen Universitäten der Umstellung zum Bachelor-Master-System zum Opfer gefallen ist, war Kiel eine von einer Handvoll Unis, die das Fach als Schwerpunkt anbietet. Ein Wechsel zu anderen Universitäten ist deshalb also kaum eine Option, da diese nicht genug Kapazität für uns hätten. Obendrein würden unsere Diplommodule größtenteils nicht anerkannt werden, sodass wir unsere Studienzeit durch einen Wechsel deutlich verlängern würden.

Doch wir beklagen uns nicht nur, weil wir fürchten, um das angepriesene Fach gebracht zu werden. Auch für weitere Jahrgänge gilt, dass Rechtspsychologie nicht nur praktiziert, sondern auch gelehrt werden sollte!
In der Forschung und vor allem in der Rechts- und sozialen Arbeit ist die Rechtspsychologie ein wichtiges Feld. Rechtspsychologen werden im Bereich der Kriminal- und forensischen Psychologie dringend gesucht um Gutachten zu erstellen, in den Bereichen Familiengericht, Zeugen- und Täteraussagen, Sozial- und Verwaltungsrecht, und vielen weiteren Gebieten. Eine rechtspsycholgische Ausbildung qualifiziert einen Gutachter außerordentlich, ohne sie kann es zu unbegründeten oder Fehlurteilen kommen. Es herrscht also großer Bedarf an (zertifizierten) rechtspsychologischen Gutachten.

Intern haben wir bereits eine beträchtliche Unterschriftensammlung durchgeführt. Außer dieser unbeachteten Eigeninitiative wurde uns allerdings noch keine Möglichkeit gegeben, an der Entscheidung mitzuwirken. Offizielle Stellungnahmen oder Entscheidungen gibt es noch nicht, beides wird aber in Kürze erwartet -beziehungsweise befürchtet. Bis jetzt scheint es kaum Möglichkeiten zu geben, den Wegfall abzuwenden. Doch wir, die Psychologiestudierenden, werden nicht aufhören für das zu kämpfen, was uns selbstverständlich zustehen sollte.

Autor*in

Studiert seit 2013 Psychologie in Kiel, und frönt dem ALBRECHT seit dem Wintersemester 2014/15, von 2015 bis 2017 als Bildredakteurin und von Januar 2017 bis Januar 2018 als stellvertretende Chefredakteurin.

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