Ein Tag bei der Wasserschutzpolizei Kiel

Es regnet und der Wind weht stark in der morgendlichen Dunkelheit. Willkommen an der Ostsee. Das Element Wasser wird mich heute jedoch nicht nur von oben besuchen, sondern auch von unten. Denn ich verbringe einen Tag auf der Wache der Wasserschutzpolizei in Düsternbrook.

Direkt am Wasser, neben dem Landtag gelegen, befindet sich das Revier der Wasserschutzpolizei Kiel. Ich werde dort mit einem Lächeln begrüßt, ehe die Männer sich ins Chaos stürzen, um ihre Ausrüstung zu holen. Pure Hektik und plötzlich sitze ich auch schon mit meinen heutigen Begleitern Marius und Timo im Streifenwagen. Die humorvollen Wasserschutzpolizisten genießen es, sich ihre Aufgaben des Tages relativ frei einteilen zu können, im Gegensatz zu ihren Kollegen bei der Schutzpolizei. Es geht zunächst zur Schleuse in Holtenau. Die dortige Außenstelle dient vor allem zur Kontrolle von Frachtschiffen, eine der Hauptaufgaben der Polizeibeamten. Was die Autobahnpolizei auf den Straßen kontrolliert, kontrolliert der Wasserschutz auf dem Meer, allerdings liegt der Fokus hier besonders auf dem Umweltschutz. Wird der Müll dem Gesetz nach entsorgt? Gibt es Gefahrengut auf dem Schiff, das nicht richtig angemeldet ist? Die Kapitäne der Schiffe werden nicht gerne aufgehalten, also beeilen wir uns an Deck der AKACIA zu kommen. Auf der Brücke begrüßt uns der etwas mürrische, litauische Kapitän. Auffällig ist, dass auch hier Outsourcing betrieben wird. Für Schifffahrtsunternehmen ist es profitabler das deutsche Schiff auszuflaggen und es mit einer zumeist osteuropäischen Crew zu bemannen. Auf der AKACIA ist alles in Ordnung, wir verlassen sie und damit auch die wundervolle Aussicht auf die Schleusenanlage, die man von der Brücke aus hat.

Um der komplexen rechtlichen Lage im Schiffverkehr, dem Meereshandel und dem Umweltschutz auf See gerecht zu werden, bekommen die Wasserschutzpolizisten während ihrer Ausbildung zusätzliche Schulungen. Neben nautischen Kenntnissen und einem Bootsführerschein gehört zu den Voraussetzungen auch die Lehre des Schifffahrtsrechts. Dieses Recht variiert allerdings von Staat zu Staat, hinzu kommen noch internationale Vorschriften. In der Praxis führt dieses komplexe System gekoppelt mit den unterschiedlichsten Zuständigkeiten der verschiedenen Institutionen zu zeitraubenden Absprachen und Missverständnissen. Heute beispielsweise hat sich ein Surfer zu weit hinausgewagt und treibt hilflos auf dem Meer. Der Notruf geht bei der Wasserschutzpolizei ein. Diese informiert die Feuerwehr sowie die Koordinationsstelle der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger in Bremen. Anrufe gehen hin und her und es wird über die Zuständigkeit diskutiert. Letzten Endes gelangt der Surfer aus eigener Kraft heil ans Ufer.

Neben den eher seltenen Notrufen wird der Arbeitsalltag fortgeführt: Am Hafengelände Kiels wird polizeiliche Präsenz gezeigt. Es umfasst ein großes Gebiet von der Holtenauer Schleuse im Westen, bis hin zum Ostufer in Wellingdorf. Während sich hier vor allem der Umschlagplatz für Holz und Metalle in Richtung Russland befindet, gibt es auf dem Westufer den Marinestützpunkt und die alte Marinestadt.

Nach der langandauernden Hafenkontrolle kehren wir zur Wache nach Düsternbrook zurück. Dort geht es mit dem Boot hinaus auf die Förde zum Thyssen-Krupp Marine System. Hier werden seit Jahren israelische U-Boote gebaut. Aus Angst vor Terroranschlägen hat die israelische Regierung um polizeiliche Präsenz gebeten. Auch wenn die Wasserschutzpolizei eigentlich dem Bundesland Schleswig-Holstein und nicht der Bundesregierung unterstellt ist, fahren die Beamten, der politischen Freundlichkeit wegen, einmal stündlich hinaus – auch nachts. Diese Verpflichtung bestimmt bis Auftragsende primär den Alltag der Wasserschutzpolizisten.

Es ist später Nachmittag und auf der Wache kehrt Ruhe ein. Anders als Schutzpolizisten müssen die Beamten zu Wasser Zwölf-Stunden- Schichten in Kauf nehmen, was dem großen Einsatzgebiet geschuldet ist. Für mich ist der Arbeitstag nach neun Stunden beendet und ich trete meinen Heimweg um eine Erfahrung reicher im Nieselregen an.

Foto: sh

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