Wer über das Kinojahr 1998 spricht, kommt an einem Film nicht vorbei: Titanic von James Cameron. In Deutschland startete das Jahr mit einem der erfolgreichsten Filme der Kinogeschichte. Während in den USA Camerons Titanic bereits im Vorjahr zur Weihnachtszeit anlief, musste das deutsche Publikum noch bis zum Januar warten. Danach platzierte sich der Film 34 Wochen in den deutschen Top 10. International spielte Titanic 2.187 Milliarden Dollar ein und ist damit nach Avatar der zweiterfolgreichste Kinofilm. Während Cameron mittels spektakulärer Tauchfahrten zum Wrack der originalen Titanic und neuen Theorien über deren Untergang versucht von dem schlechten Plot abzulenken, läuft Die Legende vom Ozeanpianisten an, der zu einer ähnlichen Zeit und ebenso auf einem Schiff spielt. Darüber hinaus erzählt er von einer schöneren Liebesgeschichte und hat dank Ennio Morricone einen wundervollen Soundtrack.

Außerdem bringen die Walt-Disney-Studios in diesem Jahr Mulan in die Kinos. Der 36. abendfüllende Zeichentrickfilm von Disney verzichtet auf eine rahmende Liebesgeschichte und inszeniert mit Mulan eine emanzipierte, volkstümliche chinesische Legende, die ebenso für Erwachsene funktioniert. Darüber hinaus gab es nicht nur bei den Realverfilmungen erzählerische Überschneidungen, die Animationsstudios DreamWorks und Pixar haben sich im Jahr 1998 den ganz kleinen Tieren gewidmet. DreamWorks Animation hat mit Antz eine Geschichte um die aufständische, individualistische und leicht neurotische Ameise Z verfasst. Wohingegen Pixar ebenso Ameisen zu seinen Protagonisten macht, hierbei aber die Gemeinschaft im Fokus liegt.

Von den kleinen animierten Protagonisten in Antz und A Bug’s Life geht es zu einem der größten Protagonisten der Filmgeschichte, Godzilla. Oder auch Gojira, wie er im Japanischen genannt wird, wechselt vom Antagonisten zum Protagonisten und beschützt ab Teil zwei Godzilla kehrt zurück die Menschheit vor diversen Gefahren. Über die Wahl eines favorisierten Filmmonsters lässt sich bekanntlich streiten, für mich zählt Godzilla zu den Top 3 der Filmgeschichte. Roland Emmerich enttäuscht jedoch mit seiner Neuinterpretation von Godzilla, einer Filmfigur, die eng mit der japanischen Kultur verbunden ist, nicht nur Fans. Vom kaum existenten Plot und den Schauwerten abgesehen – die CGI-Effekte sind für die damalige Zeit beeindruckend – verändert Emmerich die prägnantesten Merkmale von Gojira. Zum einen beschützt Godzilla im etablierten Gojira-Universum die Menschheit vor Monstern und Außerirdischen, die metaphorisch beispielsweise für den Kalten Krieg oder die Umweltverschmutzung stehen, zum anderen kann der Mensch es nicht töten. Vom neuen Echsen-Design ganz zu schweigen. Das spiegelt sich an den Kinokassen wider: Nach einem sehr guten Bundesstart bricht der Ticketverkauf ein. Die Hälfte seines gesamten Einspielergebnisses erzielte der Film in Deutschland in der ersten Woche.

Mit beinahe doppelt so vielen verkauften Kinokarten (5,3 Millionen) wie Godzilla ist Armageddon finanziell der zweiterfolgreichste Film des Jahres. Michael Bay feiert darin in pathetischen Bildern die Ölbohrspezialisten um Harry Stamper (Bruce Willis), die stellvertretend für Amerika die Welt vor einem herannahenden Asteroiden retten. Parallel verhilft der Film der US-Rock-Band Aerosmith zu ihrer erfolgreichsten Single, der Titelsong I Don’t Want to Miss a Thing ist 24 Wochen in den Charts. Mimi Leders Katastrophenfilm Deep Impact war trotz Morgan Freeman in der Rolle des US-Präsidenten Tom Beck und einem kleinen philosophischen Nebenstrang weniger erfolgreich. In der Top 10 der erfolgreichsten Filme des Jahres liegen Steven Spielbergs Saving Private Ryan, Enemy of the State (Tony Scott) und die Komödie There‘s Something About Mary (Bobby und Peter Farrelly). Des Weiteren versuchen Regisseur Rob Bowman und Drehbuchautor Chris Carter den Erfolg der TV-Serie The X Files auf die Kinoleinwand zu übertragen. Rückblickend ist Akte X: Der Film um ein Vielfaches besser, als seine zehn Jahre später folgende Fortsetzung The X Files: I Want to Believe. Dieser Umstand macht den ersten Teil leider nicht besser.

Von den ungewollt schaurigen TV-Adaptionen ist der Weg zu den wirklichen Horrorfilmen nur einen Kinosaal entfernt. Nach dem Erfolg von Wes Cravens Scream zwei Jahre zuvor, feierte der Horrorfilm im Mainstream sein Comeback. Allein 1998 erscheinen mit Titeln wie The Faculty, Urban Legend, Halloween H20, I Still Know What You Did Last Summer und Bride of Chucky so viele Teen-Horror-Filme wie lange Zeit nicht.

Obwohl im Vergleich zu den Jahren vor 1998 und auch danach die Anzahl der bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) eingereichten Filme auf einen Tiefpunkt sank, wurden 2 331 Filme geprüft. Da bei dieser Masse an Produktionen der eine oder andere Film ausgelassen wird oder in Vergessenheit gerät, zum Schluss noch einige Filme aus dem Jahr 1998, die es lohnt gesehen zu haben: Mit The Thin Red Line kehrt der poetische Regisseur Terrence Malick nach einer zwanzigjährigen Pause endlich wieder zurück auf die Kinoleinwände. Jacky Brown, einer von Quentin Tarantinos besten und gleichzeitig wohl meist unterschätzten Filmen. Rushmore von Wes Anderson, in Deutschland hat Rushmore erst 2001, kurz vor dem Kinostart von The Royal Tenenbaums, seine Veröffentlichung. Aktuelle Filme von Anderson eröffnen die größten Filmfestivals. Steven Soderberghs Adaption eines Kriminalromanes von Elmore Leonard bildet die Vorlage für Out of Sight. Ein Film, der durch seinen Stil aber im Besonderen aufgrund des Zusammenspiels von George Clooney und Jennifer Lopez brilliert. Ein anderes aber ebenso herrliches und liebevolles Filmpaar bilden Jack Nicholson und Helen Hunt in As Good as It Gets von James L. Brooks. Ein absoluter Geheimtipp ist The Postman von und mit Kevin Costner. Ausgezeichnet mit dem Golden Raspberry Award für den schlechtesten Film, sollte dieses patriotische post-apokalyptische Epos jedoch nur mit einem Augenzwinkern geschaut werden.

 


Titelbild: Scott Smith/flickr.com

Autor*in

Marc studierte Politik, Soziologie und Medienwissenschaft in Kiel. Für den ALBRECHT schreibt er seit 2015 insbesondere für das Kulturressort und dessen Filmsparte KinoKatze.

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