Perfekte Choreografien, perfektes Styling und perfektes Privatleben. Spätestens nach BTS‘ kometenhaftem Aufstieg in der westlichen Welt und BlackPinks Auftritt auf dem Coachella-Festival ist klar: K-Pop hat uns erreicht.

Dieses kunterbunte Genre aus dem fernen Südkorea begeistert immer mehr Leute in Europa und Amerika. Neben den riesigen Fanhorden, die ihre Idole vergöttern, werden auch zunehmend Stimmen lauter, die behaupten, dass K-Pop-Stars meist unter sogenannten ‚Slave Contracts‘ hart arbeiten müssen und am Ende wenig von ihrem Erfolg haben. Es wurden Videos verbreitet, in denen Sänger auf der Bühne vor Erschöpfung zusammenbrechen, Prostitutionsskandale wurden aufgedeckt und Fans äußern ihre Besorgnis über Social-Media-Plattformen. Was steckt hinter dem schönen Schein?

K-Pop Gruppen werden nach einem Casting-System gegründet und der Welt vorgestellt, nachdem sie Perfektion erreicht haben. Diese Perfektion bedeutet meistens jeden Tag Tanz- und Gesangsproben. Verschiedenen Medien zufolge kann ein durchschnittlicher Arbeitstag bis zu zwanzig Stunden gehen. Wer es dann in eine der Gruppen geschafft hat, darf mit einem sehr streng regulierten Leben rechnen. Mit der Unterzeichnung des Vertrages geben die Stars sämtliche Rechte an ihr Management ab. Diese Verträge binden die Performer*innen sieben bis zehn Jahre an das Label. Sie müssen alles machen, was das Label von ihnen erwartet, und haben kaum Anteile am Profit, da sie die Investitionen des Labels zurückzahlen, indem sie regelmäßig auftreten. Nur extrem erfolgreiche Gruppen wie BTS schaffen es, von ihrem Profit leben zu können. Frauen haben es besonders schwer. Viele werden körperlich ausgenutzt und müssen als Escorts für CEOs arbeiten und das, obwohl Prostitution in Südkorea strafbar ist. Dies zeigt der jüngste Fall eines CEOs einer sehr bekannten Musikfirma. Der Chef des Labels musste für zwanzig Monate in Haft, weil er seine unter Vertrag stehenden Sängerinnen zur Prostitution gedrängt hatte.


Der berüchtigte ‚Dating-Ban‘ ist jedem Fan ein Begriff.

Vertraglich geregelt ist auch das äußere Erscheinungsbild der sogenannten ‚Idols‘, denn Südkorea ist bekannt für sein strenges Schönheitsideal. Es werden regelmäßig operative Eingriffe vom Label verordnet, die soweit gehen, dass manchmal der Kiefer gebrochen wird um eine V-Linie zu erhalten. Fettleibigkeit ist ein absolutes No-Go, weswegen die Stars hungern, um eine perfekte Linie zu behalten. So hat BTS-Mitglied Jimin sich nach eigener Aussage eine Woche lang von einer Mahlzeit ernährt. Auch massive Eingriffe in das Privatleben sind lange kein Geheimnis mehr. Der berüchtigte ‚Dating-Ban‘ ist jedem Fan ein Begriff. K-Pop-Stars dürfen, solange sie vertraglich gebunden sind, keine öffentliche Beziehung führen, da das ihrem Image schaden könnte.

Ein verändertes Aussehen, unmögliche Arbeitszeiten und keine Möglichkeit ein normales Liebesleben zu führen: Das alles geben die jungen Sänger*innen für den Ruhm und den erhofften Reichtum auf. Längst sind die Fans auf die Umstände aufmerksam geworden und fordern längere Pausen und weniger Termine. Es bleibt jedoch eine Frage der Zeit, ob sich etwas in der koreanischen Musikindustrie ändert und es den jungen Sänger*innen möglich ist, eine Karriere zu führen, ohne ihre Menschenrechte abzulegen.

Autor*in

Ayse studiert Anglistik und Philosophie an der CAU. Sie ist seit dem Oktober 2018 beim Albrecht, war 2019 Distributionsleitung und schreibt vorwiegend für das Kulturressort.

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