Reiseführer durch die Latrinenlandschaft der CAU

Ein Gastartikel von Jannis Sorgenfrei

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Studierende, liebe Lehrende,

in diesem Artikel geht es um das wohl wichtigste und meist verschwiegene Thema auf dem Campus – den Zustand der Plätze, die wir für das Erledigen größerer wie auch kleinerer Geschäfte aufsuchen. Es werden nicht nur große, lang gefragte Geheimnisse über die besten, saubersten und komfortabelsten Toiletten auf dem Campus gelüftet, nein, es wird auch um die No-Gos der Sanitäranlagen gehen, die Orte die man besser nicht aufsuchen sollte, wenn man etwas Unausweichliches erledigen muss und das, obwohl es jeder macht, so privat bleiben soll wie nur irgend möglich. Aber dazu später mehr!

Die Tür öffnet sich, man wird von grellem Licht begrüßt, es herrscht hektisches Treiben. Je weiter man vordringt, desto mehr schlägt einem ein penetranter­ Geruch von Schimmel, Putzmitteln und Kloake entgegen. Sich der Kabine nähernd muss man feststellen: Sie ist viel zu eng. Es scheint eine logistische Meisterleistung, den Rucksack vom Rücken zu bekommen und sich irgendwie auf dem Keramikthron zu platzieren. Nachdem alle diese Hürden überwunden sind – ein erleichterndes Gefühl. Nach dem Erledigen der Geschäfte heißt es, möglichst schnell die Sachen zusammenraffen, aus der Kabine bugsieren und zurück in den Waschraum. Der penetrante Schimmel-/Putzmittel-/Kloakengeruch wird erträglicher, jetzt noch schnell die Hände waschen, fertig und raus. Puhhh!

Die Rede ist von der Männertoilette in Mensa II. Die Beschreibung mag vielleicht etwas melodramatisch klingen, aber – und da sind sich die meisten einig, die dieses Etablissement schon einmal besucht haben – es ist kein angenehmes Erlebnis. Dabei geht es doch auch anders!

Jetzt heißt es Lauscher aufgesperrt für euch Heimscheißer, die zwei angenehmsten Keramikpaläste auf dem Campus werden enthüllt, exklusiv nur für euch hier im ALBRECHT! Denn es gibt sie, diese Ruhestätten für wichtige Sitzungen! Erstere liegt zwar am Rande des Campus, aber die Reise lohnt sich für jeden Mann und jede Frau, die dem Unistress entfliehen wollen und einen Rückzugsort brauchen. Hier schon mal vorab: Es gibt sogar WLAN auf dem Örtchen! Gemeintes Paradies der Ruhe und des Friedens befindet sich im Keller des Bioturms. Ein Etablissement, so groß, dass man sogar eine heiße Sohle auf die Fliesen legen könnte, zumindest bei den Männern. Ein immerwährend sauberer Zustand, riesige Kabinen, frische Kernseife, die sich nicht zu verbrauchen scheint, und das Beste: praktisch keine Besucher! Einfach herrlich!

Quelle: Leona Sedlaczek
Mensa II: Stinkende Enge!
Quelle: Leona Sedlaczek
Bioturm: Tanzbare Weite!
Quelle: Leona Sedlaczek
Uni-Bib: Sanfte Ruhe!
Quelle: Leona Sedlaczek
LS4: Hellhöriges Desaster!

Doch ich höre euch schon sagen: „Wenn es drückt, kann ich doch keine halbe Campusreise bis zum Bioturm machen!“ Deshalb jetzt ein Beispiel für das Erledigen des Unabdingbaren an einem Ort, an dem Studierende aller Fachrichtungen zusammenkommen und einem hohen Kaffeekonsum und dessen Folgen unterliegen: die Unibibliothek. Deren bestes Örtchen habe ich, wie so viele, nur durch reinen Zufall entdeckt. Es ist zwar nur ein kleines Plätzchen und es hat auch kein WLAN, aber man ist praktisch immer absolut ungestört. Doch um an diesen Platz der Ruhe zu gelangen, muss man in die Tiefen der Bibliothek absteigen. In Segment 3 der Bibliothek ganz hinten links beginnt der Abstieg durch das merkwürdig große und interessant schallende Treppenhaus. Dann einen langen Gang entlang, der so abgeschieden ist, dass es jedem Heimscheißer das Gefühl von tiefer Entspannung geben wird; da liegt es!

Doch diese Oasen des Friedens sind leider eine Ausnahme auf dem Campus. Viele wissen, meist sieht es ganz anders aus! Eines dieser No-Gos, das ihr auf gar keinen Fall aufsuchen solltet, egal wie doll es drückt, liegt in der Leibnizstraße 4.

Folgender Bericht hat sich wirklich zugetragen und ist keine Story, die aus der Feder eines Horrorschriftstellers entsprungen ist. Da die Geschehnisse so schrecklich sind, möchte die Person, die diese Tragödie durchstehen musste, unerkannt bleiben und wird deswegen Mr. X genannt. Er war noch ganz neu an der Uni und grün hinter den Ohren, hatte keine Ahnung von Tuten und Blasen – da dieser Artikel noch nicht verfasst war, leider auch nicht von den Toiletten-No-Gos. Zum Glück wird dies, nachdem dieser Artikel erschienen ist, niemandem mehr passieren. So viel sei verraten, unser Mr. X hatte etwas mit dem Geschichtsstudium am Hut.

Wie jeder Geschichtsstudent weiß, kann Geschichte sehr trocken sein. Deshalb bedurfte es einer Menge Kaffee für die Vorlesung um 8 Uhr. Unser noch unerfahrener Mr. X genoss das Wundermittel, das zu Konzentration und auf magische Weise auch zu Mitschriften in Vorlesungen führt, leider in zu großem Maße. Über die negativen Auswirkungen hatte er nur Berichte gehört, aber sie noch nie am eigenen Leib erfahren. Dies sollte sich an diesem Tag schlagartig ändern! Im Gesicht von unserem Mr. X zeichnete sich blanke Panik ab. Die verzweifelte Suche nach einem Keramikpalast oder nur einem Plumpsklo hatte ihn schon vom Keller bis in den dritten Stock geführt, doch nichts, nur verschlossene Türen. Die Suche trieb ihn nun in den vierten Stock und er wusste, wenn er auch da keine Entledigungsstätte finden würde, würde es einen Unfall enormen Ausmaßes geben, der die Hütte noch auf Jahre verstrahlen und den sozialen Status unseres Studierenden an der Kieler Uni bis in alle Zeiten unwiderruflich zerstören würde.

Im vierten Stock angekommen, zeigte sich eine Glastür, dahinter ein langer Flur. Die alles entscheidende Frage: Lässt sich die Tür öffnen? Ja! Könnte dies bedeuten, dass es in diesem Haus doch noch eine öffentlich zugängliche Erleichterungsstätte gibt? War die Erleichterung nur noch wenige Meter entfernt? Er ging den viel zu langen Flur entlang, kein Donnerbalken weit und breit, doch am Ende des Ganges war eine Abbiegung, die Suche ging weiter und die Hoffnung stirbt zuletzt! Ernüchterung, ein Wartezimmer, ein kleines Wartezimmer mit circa drei bis vier Personen, aber man glaubt es kaum, einem Örtchen. Der Rest der Geschichte ist zu grausam, um hier in diesem Format berichtet zu werden, allerdings lässt er sich mit wenigen Worten zusammenfassen: viel zu dünne Pappwände, eine Explosion, verstörte Gesichter und die Hoffnung, kein zu markantes Gesicht zu haben, das man leicht wiedererkennt.

Liebe treue Lesende! Nach dieser Horrorgeschichte, die euch die nächsten Nächte nicht mehr einschlafen lassen wird, gibt es einiges zu verdauen. Angesichts des Einblicks in die paradiesischen wie auch dunklen Kammern für das Ersuchen der großen und kleinen Geschäfte steht fest, dass wir nur einen kleinen Bruchteil dessen erfahren haben, was die Latrinen an der CAU noch zu bieten haben oder zu wünschen übrig lassen. Doch unterm Strich bleibt eine traurige Wahrheit: Dass unsere geliebte Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nicht nur in Sachen Vorlesung, Webseite, Dozenten, Organisation und Mensaessen ordentlich Aufholbedarf hat, sondern auch in Sachen Sanitäranlagen. Schließlich sind es die wahrscheinlich meist benutzten Sitzmöglichkeiten in der Uni.

Frohes Schaffen, wünscht Mister X.
Frohes Schaffen, wünscht Mister X.

Bildquellen: Leona Sedlaczek

Autor*in

Hier veröffentlicht DER ALBRECHT seine Gastartikel – eingesandt von Studierenden, Professor*innen und Leser*innen der Zeitung.

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