Wer wohnt in ‘ner Ananas ganz tief im Meer?“ – diese neun Wörter sind alles, was es braucht, um einen ohne Umschweife zu einem der buntesten und strahlendsten Orte der eigenen Kindheit zurück zu katapultieren. Der Gesuchte lebt in der Unterseestadt Bikini Bottom und treibt seine Mitmenschen (bzw. Mitkrustentiere) mit seiner aufgedreht-liebenswürdigen Art ein ums andere Mal in den Wahnsinn: Natürlich ist die Rede von Spongebob Schwammkopf, dem saugstarken, gelben und porösen Schwamm, der gemeinsam mit seiner mauzenden Seeschnecke Gary sein Ananashaus am Grund des Meeres bewohnt.

Ein ganz normaler Tag in Bikini Bottom

Spongebobs Leben bietet viel Raum für Abenteuer, die sich gerade in den alltäglichsten Situationen entdecken lassen: Immer läutet der dröhnende Nebelhorn-Wecker den Tag ein und weckt in der Regel noch den mürrischen Tintenfischnachbarn und Migränekandidaten Thaddäus mit auf. Lebensfroh und mit einem Spruch auf den Lippen wird der Weg zum Arbeitsplatz angetreten. Das klingt dann etwa so: „Ich bin bereit, ich bin in Form, ich bin bereit, ja, ganz enorm“ (aus der Folge Aushilfe gesucht).
In der Krossen Krabbe, dem berühmten Restaurant des notorischen Geizhalses Mr. Krabs, verdingt sich Spongebob als Burgerbrater und kämpft dort munter mit Thaddäus um den Titel „Mitarbeiter des Monats“. Nebenbei muss sich gegen die Konkurrenz von der anderen Straßenseite verteidigt werden, den gescheiterten Intellektuellen Plankton („Ich war schließlich an der Uni!“), dem es doch nie ganz gelingen mag, die sagenumwobene Krabbenburger-Geheimformel in die Hände zu bekommen.

Und wenn die Arbeit einmal nicht ruft, geht Spongebob in seiner Freizeit Quallenfischen mit seinem besten Freund Patrick, einem Seestern, der artgerecht unter einem Stein lebt, denkt sich allerhand fantasievolle Spiele aus (Ein kleines Stück Papier) oder misst sich im Karate mit seiner Eichhörnchenfreundin Sandy, die als Säugetier eine sommerliche Luftkuppel bewohnt und ganz nebenbei als frühe feministische Ikone gelten kann.

„Ist da die Krosse Krabbe?“
„Nein, hier ist Patrick!“

Aus dieser unscheinbaren Grundkonstellation schlägt (der mittlerweile leider verstorbene) Serienschöpfer Stephen Hillenburg unendlich viel Kapital. Jede Folge strotzt nur so vor einzigartigen Prämissen: Da wäre etwa das eine Mal, wo Spongebob aus Versehen an den Rand der Welt fährt und es ihm doch partout nicht gelingen mag, den rettenden Bus zurück zu erreichen (Bus verpasst). Oder die berühmte Nachtschicht von Spongebob und Thaddäus, in der sie gegen den ‚Hackfleisch hassenden Zerhacker‘ ausharren müssen. Oder die Folge, in der Thaddäus aus Versehen in die
verchromte Zukunftsversion von Bikini Bottom transportiert wird (Die Zeitmaschine). Oder das große Schneckenrennen, bei welchem der hinterwäldlerische Patrick doch tatsächlich mit einem Stein antritt – und damit sogar gewinnt. Oder, oder, oder. Es sind zu viele, um sie alle aufzuzählen.

Spongebob mutet wie eine perfekte Karikatur seiner kindlichen Zielgruppe an – naiv, quirlig, mitunter nervtötend und geradezu herzzerreißend vertrauensvoll gegenüber seinen Freunden. Wenige haben den Titel des Kindheitshelden so sehr verdient wie er. Er predigt von Freundschaft und Fleiß und Fürsorge. Bemerkenswert an seiner Serie ist, dass sie auch in der Retrospektive für das mitgewachsene Publikum eine Tiefe bereithält, die als Kind nie geahnt worden wäre. Plötzlich treten die subversiven, gesellschaftskritischen Elemente zutage, wie sie etwa in der Figur des Mr. Krabs angelegt sind. Und der alte Griesgram Thaddäus wird plötzlich zur Sympathiefigur. Schnell wird klar, dass der missverstandene Tintenfisch eigentlich nur eines will – Anschluss finden, verstanden werden.

Am Ende, das ist die Botschaft unseres kleinen gelben Schwamms, sind es die Freunde, die zählen. Um es mit den Worten von Spongebob zu sagen:

„F steht für Freunde, die was unternehmen, / U steht für uns, dich und mich, / N steht für endlich, haben wir mal Spaß. / Ganz friedlich und freundschaftlich.“

Autor*in

Frederik ist 25 Jahre alt und studiert an der CAU Gegenwartsliteratur und Medienwissenschaft im Master. Er ist seit April 2019 Teil der Redaktion des Albrechts.

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