Seien wir mal ehrlich, jeder und jede weiß Bescheid über Kinderarbeit, unfaire Löhne und katastrophale Arbeitsbedingungen. Viele haben von der explodierten Textilfabrik in Bangladesch gehört und wissen, dass weltweit Menschen am Existenzlimit leben oder sogar sterben, um unsere Modetrends zu produzieren, die wir für mäßig bis viel Geld in den hiesigen Modeketten erwerben. Trotzdem verschlägt es uns immer wieder in die Läden mit den großen Lettern, oft auch deswegen, weil wir kaum Alternativen kennen. Während das Internet fair gehandelte Kleidung schon seit einigen Jahren verstärkt anbietet, gibt es jetzt auch eine ganz lokale Möglichkeit mitten in der Landeshauptstadt: ShiLou oder Shirt Lounge, ein Lifestyle-Geschäft in der Holtenauer Straße 136. Der Kieler Serdal Sulluncak kommt eigentlich aus dem Mobilfunkbereich, doch erkannte: „In dieser Stadt fehlt noch etwas ganz anderes.“ Auch er weiß um die Produktionsbedingungen in Bangladesch. Sulluncak sagt, er selbst wolle auch nicht unter solchen Bedingungen arbeiten müssen, drum sei für ihn klar, dass Billig-Produktion keine Option sein könne. 90 Prozent der Textilien in der Shirt Lounge sind deshalb sowohl aus Biobaumwolle als auch fairtrade.

Mit der Vision eines Lifestyle-Ladens für Kiel machte sich Sulluncak auf die Reise in die USA, wo Geschäfte dieser Art besonders in den Küstenregionen gang und gäbe seien. Zwei Jahre waren nötig, doch am 20. Juni 2015 eröffnete Kiels neue Lifestyle-Oase endlich seine Pforten. Sulluncak und sein Team bedrucken Shirts, Pullover, Tops, Taschen, Mützen und Tassen mithilfe des Digitaldrucks direkt im Laden. „Wir können alles auf ein T-Shirt drucken“ erzählt der Ladenbesitzer und präsentiert stolz die Bleistiftzeichnung, die auf einem seiner Shirts prangt. Seine Motive entwirft der ambitionierte Kieler teilweise selber, arbeitet aber auch häufig mit Kunststudierenden sowie einem Grafikbüro zusammen. Sein persönliches Lieblingsmotiv sei der Anker, der Teil des eigens entwickelten Labels Feel Kiel ist. Unter diesem Namen verkauft Sulluncak maritime Motive für alle Nordlichter. Doch auch wer selbst eine Idee oder schon ein ganzes Motiv habe, seiherzlich willkommen.

Shirt Lounge
Die gesamte Einrichtung der Shirt Lounge wurde recycelt und selbst zusammengezimmert! (Bild: mt)

 

Wer die Shirt Lounge betritt, hat viel zu entdecken. Dunkles Holz, das an Treibholz erinnert, ist überall im Laden wieder zu entdecken, an der Wand hängt ein altes Steuerrad. Die Waren werden auf verschiedenste Weise dargeboten: Prall mit Kleiderbügeln behangene dünne, dunkelgrüne Rohre, ragen aus der Wand, ein großes Netz hängt im Schaufenster und präsentiert die bedruckten Shirts und Pullis, daneben ein hellblauer Scooter und Türme aus veganen Schuhen. In der Mitte des Raumes steht eine große, alte, hölzerne Kabeltrommel, vor dem Tresen ein Regal aus alten Weinkisten. Das gesamte Mobiliar der Shirt Lounge wurde zusammengesucht und -gezimmert, bis auf die Druckgeräte ist hier kaum etwas fertig gekauft worden. Sogar eine kleine Bar gibt es, mit Kaffeemaschine und – für die Kunden kurz vor Ladenschluss – auch gerne mit Schuss. Das Highlight des ShiLou Inventars ist allerdings sicherlich die bunt leuchtende Jukebox. Auf Wunsch schaltet Sulluncak die Akustik-Musik, die sonst im Laden zu hören ist, ab und wirft ein paar DM-Stücke ein, um die alte Musikbox wieder zum Leben zu erwecken.

Noch bis Ende des laufenden Wintersemesters gibt Serdal Sulluncak für alle Studierenden 35 Prozent Rabatt auf lilane Shirts. Wer also zu Ehren des CAU-Jubiläums noch einmal aufwarten will, sollte seine Schritte in die Shirt Lounge lenken. Doch auch für alle anderen ist Kiels neuer fairer Klamottenladen in der Holtenauer Straße einen oder mehrere Besuche wert.

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

Share.
Leave A Reply