Menschen mit Gebärmutter (im Folgenden Frauen genannt) bluten regelmäßig. Das war schon immer so, und es wird auch immer so sein, vorausgesetzt, in den nächsten 200 Jahren wird die Frau nicht als Gebärmaschine durch echte Maschinen ersetzt, sodass die Evolution einen Schluss daraus zieht. Wer menstruiert, weiß, dass diese Zeit des Monats mit einigen Komplikationen verbunden sein kann: Krämpfe, Stimmungsschwankungen, Heißhungerattacken. Doch gab es eine Zeit (eine erschreckend lange Zeit sogar), in der den Menstruierenden und ihrem monatlich austretendem Blut Toxizität nachgesagt wurde. Klingt wie ein schlechter Scherz? Nun, ist es heute irgendwie auch. Doch schon seit der Antike haben die Menschen der Periode verschiedene (negative) Bedeutungen zugeschrieben.

Das Menstruationsgift Menotoxin

Ganz oben auf der Liste der Mythen über die Menstruation steht die eben schon erwähnte Giftigkeit. Bis ins 20. Jahrhundert hielt sich das hartnäckige Gerücht, dass Periodenblut giftig sei. Der Begriff Menotoxin wurde 1920 von Béla Schick in einem Artikel veröffentlicht. Spoiler alert: Dieses Gift existiert nicht! Menotoxin beschrieb das Menstruationsgift, das er angeblich im Schweiß menstruierender Frauen nachgewiesen hatte. Ihm ist aufgefallen, dass Blumen in der Nähe seiner Haushälterin, die zu der Zeit ihre Periode hatte, schneller verwelkten. Dies bewegte ihn dazu, Forschungen zu betreiben. Dass diese falsch ausgewertet wurden, kam erst später heraus. Das Menotoxin hatte jedoch angeblich nicht nur Auswirkungen auf Pflanzen, sondern auch auf Ratten, welche nach Kontakt mit  dem Gift an Orientierungslosigkeit gelitten und später daran gestorben seien.

Das Menstruationsblut sei nicht für die Frau giftig, denn sie habe sich im Laufe der Jahre daran gewöhnt. Einem Mann jedoch wurde davon abgeraten, mit einer menstruierenden Frau Geschlechtsverkehr zu haben, da es schädlich für ihn sein könne. Außerdem solle das über die Haut ausgestoßene Menotoxin dafür sorgen, dass Lebensmittel schneller verdarben, Bier umkippe und Milch geronn.

Doch was wäre der Mensch, wenn er nicht auch aus dem schlimmsten Übel etwas Positives ziehen würde: Menstruierende Frauen wurden als Schädlingsbekämpferinnen in Gärten und auf Felder geschickt, um etwaiges Ungeziefer zu vertreiben oder zu töten.

Pythagoras und Aristoteles wissen Bescheid

Schon in der Antike haben sich die großen Denker der Zeit den Kopf über die monatliche Blutung der Frauen zerbrochen. Pythagoras verstand die Periode als Reinigungsprozess, durch den überschüssiges Blut und Nährstoffe aus dem weiblichen Körper geschwemmt werden sollten. Aristoteles war der Ansicht, dass auch Männer einen Überschuss an Fluiden aus ihrem Körper verbannen mussten – allerdings sah er hier das Sperma als umgewandeltes Blut. Diese Annahmen hielten sich bis in die Renaissance.

Die Kirche und das Blut

Natürlich haben auch die verschiedensten Glaubensrichtungen eine Meinung zum Menstruationsblut. In vielen Kirchen wurden Frauen als unrein angesehen, sobald ihre Monatsblutung begann. Dies führte dazu, dass diese Frauen nicht an rituellen Handlungen teilnehmen durften und auch niemand, der diese Frauen oder eines ihrer Besitztümer in dieser Zeit berührte. Bei Nichteinhalten dieser Vorgaben wurden zum Beispiel im Judentum Paare ausgestoßen und zum Tode verurteilt. Manche Religionen sehen auch heute noch Frauen und ihre Menstruation als etwas Unreines und Negatives an und beschränken sie während der Periode in der Ausübung ihres Glaubens.

Zudem herrschte besonders im Mittelalter die Ansicht vor, dass die Menstruation eine Folge des Sündenfalls sei. Alle Frauen würden dafür bestraft, dass Eva ihre Finger im Paradies nicht bei sich behalten konnte und den Apfel vom Baum nahm. Hier wird die Menstruation also nicht nur als negativer Umstand für Umwelt und Gesellschaft gesehen, sondern auch als Bestrafung.

Zeichen für Minderwertigkeit von Frauen

Die Periode wurde zur Zeit der Aufklärung dafür genutzt, um Frauen weiter aus der Gesellschaft auszugrenzen und als minderwertig zu bezeichnen. Die Frau, im Gegensatz zum Mann, der ganz oben an der Spitze der Nahrungskette steht, stünde unter anderem für die Natur und Körperlichkeit. Die Natur wurde in der Aufklärung als chaotisch und zu bezwingen erachtet, sodass sich in Bezug auf Frauen der vermeintliche Schluss zog, dass diese ebenfalls analysiert und beherrscht werden müssten.

Im 19. Jahrhundert wurde die Menstruation als ein Manko gesehen, welches dafür sorgte, dass die Frau als „anderes Wesen“ betrachtet wurde. Die Abgrenzung zum Mann war somit nicht mehr abzuwenden.

Und heute?

Heute, im 21. Jahrhundert, wissen wir (im Idealfall) zum Glück, dass Menstruationsblut nicht giftig ist. Und auch, wenn Zauberkräfte wirklich nett wären (im Mittelalter wurden dem Blut magische Kräfte nachgesagt, sodass es für Zaubertränke, besonders Liebestränke, verwendet wurde), ist es nichts weiter als das Ergebnis eines biologischen Prozesses im Körper einer Frau. Ein Abbauprodukt quasi. Das unbefruchtete Ei in der Gebärmutter wird mitsamt der Schleimhautschicht und etwas Blut durch Muskelkontraktionen ausgeschwemmt. Wie viel Blut nun wirklich im Periodenblut steckt, sei in diesem Moment dahingestellt. Wichtig ist: Es ist völlig harmlos, während der Periode mit der Partnerin zu schlafen, keiner wird davon tot umfallen (zumindest liegt es dann nicht an den Inhaltsstoffen des Blutes).

Leider ist die Periode und die dazugehörige Blutung auch heute noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Bloß nicht darüber reden, Tampons am besten in der Drogerie zwei Orte weiter kaufen und sich nicht anmerken lassen, wie belastend nicht nur die Periode an sich, sondern auch die dadurch entstehende Ausgrenzung und das Unverständnis einiger Mitmenschen sind. Eines sollten wir uns alle mal vor Augen führen: Es ist bloß Blut.

Autor*in

Ann-Kathrin studiert Deutsch und Anglistik im Master an der CAU. Da sie nicht auf Lehramt studiert, hielt sie es für klug, im Oktober 2017 Teil der ALBRECHT Redaktion zu werden. Von Februar 2018 bis Februar 2019 war sie Leiterin des Ressorts Gesellschaft und übernahm dann bis Januar 2020 den Posten der stellvertretenden Chefredakteurin.

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