Die Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt

Geschrieben von Sheela, Nina, Jessi und Vincent aus der Abschiebehaft-AG der Refugee Law Clinic Kiel

Am 16. August 2021 hat in Glückstadt eine gemeinsame Abschiebehafteinrichtung der Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg eröffnet. Seit Januar dieses Jahres ist es möglich, 27 Menschen zeitgleich in Glückstadt zu inhaftieren. Seit Eröffnung der Einrichtung waren es 38 (Stand 30. Dezember 2021) und bisher gab es nur männliche Insassen. Eine Frauenabteilung ist in Planung, aber noch nicht eröffnet. Theoretisch können auch Kinder und ganze Familien dort inhaftiert werden. Das zynische Motto der Abschiebehafteinrichtung lautet: „Wohnen minus Freiheit“. 

Was ist Abschiebehaft? 

Wenn die zuständigen Behörden, wie die jeweilige Ausländerbehörde, davon ausgehen, dass sich eine vollziehbar ausreisepflichtige Person der Ausreise verweigern oder entziehen wird, können die Behörden einen Haftantrag beim Amtsgericht stellen. Dieses kann dann nach Prüfung des Falls einen Haftbeschluss erlassen und die Inhaftierung anordnen. Menschen in Abschiebehaft sollen von dort aus direkt abgeschoben werden. Dies kann je nach Fall in ihr Herkunftsland geschehen oder in ein anderes Land, in welchem sie beispielsweise bereits Asyl beantragt haben. Die Haftzeit kann bis zu 18 Monate betragen, im Schnitt sind es drei bis vier Wochen. 

Der Rechtsanwalt Peter Fahlbusch vertritt seit Jahrzehnten vor Gericht Menschen in Abschiebehaft. Er zeigt anhand einer Statistik, die er seit Jahren zu seinen Fällen führt, dass knapp 50 Prozent der Inhaftierungen in Abschiebehaft rechtswidrig sind. Dies sollte in einem Rechtsstaat nicht vorkommen. 

Anders als bei Formen des Freiheitsentzugs nach dem Strafrecht steht den Menschen in Abschiebehaft kein Pflichtrechtsbeistand zu, der für die Wahrung ihrer Rechte in Haft sorgt. Das heißt, die Betroffenen sind meist rechtlich auf sich allein gestellt. Wir von der Refugee Law Clinic Kiel halten es in einem funktionierenden Rechtsstaat jedoch für unumgänglich, dass Menschen in Abschiebehafteinrichtungen rechtliche Beratung und einen Beistand in Anspruch nehmen können. Dies ist aktuell in Glückstadt nicht der Fall und seitens der Einrichtung und des Landes nicht vorgesehen. Die Menschen werden systematisch schlechter gestellt. 

Eine AG kämpft gegen Rechtswidrigkeit 

Die Refugee Law Clinic bietet als studentischer Verein bereits seit mehreren Jahren für geflüchtete Menschen und Migrant:innen kostenlose Rechtsberatung mit der Unterstützung von Kieler Rechtsanwält:innen im Asyl- und Aufenthaltsrecht an. 

Mit der neu gegründeten Abschiebehaft-AG möchten wir nun auch Menschen, die in Glückstadt inhaftiert wurden, eine Möglichkeit bieten, sich über rechtliche Aspekte ihrer Situation zu informieren. Dabei wollen wir ihnen dort die Chance geben, Rechtsinformationen und Beratung zu ihrer Situation in Anspruch zu nehmen und ihre Haft mit unserer Unterstützung gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen. Wir erhoffen uns davon nicht nur, den Betroffenen zu helfen, sondern auch, Aufmerksamkeit für eine Schieflage in unserem System zu schaffen. Diese sollte eigentlich vom Rechtsstaat verhindert werden, denn die Abschiebehaft unterscheidet sich stark von anderen Arten des Freiheitsentzugs. 

Wege zur Gerechtigkeit 

Um Geflüchtete zu unterstützen, nutzen wir die Funktion der sogenannten „Person des Vertrauens”. Durch diese können wir von den Inhaftierten als Verfahrensbeteiligte benannt werden und uns juristischer Mittel bedienen, wie zum Beispiel bei Gericht eine Haftbeschwerde einlegen oder einen Haftaufhebungsantrag stellen. Außerdem können wir einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Inhaftierung stellen. Unsere Arbeit ermöglicht den inhaftierten Menschen somit ein Stück weit, ihre Rechte zu erhalten. 

Bei Misserfolgen unsererseits vor Gericht besteht die Möglichkeit, dass wir als Verfahrensbeteiligte die Kosten des Verfahrens auferlegt bekommen. Hierfür haben wir im letzten Dezember eine erste Spendenkampagne gestartet und konnten innerhalb von knapp 24 Stunden über 5 800 Euro Spenden sammeln. Von dieser Unterstützungsbereitschaft sind wir überwältigt und bedanken uns von Herzen.  

Hast du Lust, Teil unserer Abschiebehaft-AG zu sein und unsere Arbeit zu unterstützen? Dann melde dich gern per E-Mail an info@law-clinic-kiel.de. Wir freuen uns! 

Autor*in

Hier veröffentlicht DER ALBRECHT seine Gastartikel – eingesandt von Studierenden, Professor*innen und Leser*innen der Zeitung.

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