Das Nanolabor der Uni wurde erst vor drei Jahren offiziell eröffnet, aber es gehört schon jetzt zur bundesweiten Spitze. Die rund 100 Wissenschaftler betreiben Grundlagenforschung über Schaltmechanismen auf molekularer Ebene. Ihre Ergebnisse finden unter anderem Eingang in schonende medizinische Therapien oder neue Generationen von Speicherchips. Das Kieler Konzept konnte sich gegen 41 weitere Anträge aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen durchsetzen. Die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) hat jetzt wiederum acht Millionen Euro für die Förderung des Sonderforschungsbereiches (SFB) 677 freigegeben. Die Förderung solcher Bereiche ist in der Regel auf zwölf Jahre angelegt, dabei umfasst eine Förderperiode vier Jahre.

Professor Rainer Herges (links) und Marcel Dommaschk bestrahlen eine Lösung des molekularen Magnetschalters mit blaugrünem und blauviolettem Licht. Durch die Lichtwellen können die Forscher den magnetischen Zustand des Moleküls ändern. Copyright: CAU, Foto: Torsten Winkler

Laut Professor Rainer Herges, Sprecher des SFB 677, wird Kiel dank der Entscheidung wissenschaftlich und technologisch zu einem Leuchtturm der Nanowissenschaften in Deutschland. „Wir sind glücklich und stolz, dass unser Verlängerungsantrag die Jury trotz starker Konkurrenz überzeugt hat. Vielversprechende Forschungsprojekte können wir jetzt mit internationalen Partnern und talentierten Nachwuchskräften weiterführen.“ „Wir gratulieren den Kolleginnen und Kollegen des SFB 677 zu ihrem grandiosen Erfolg. Sie haben in den vergangenen Monaten erfolgreich all ihre Kraft in den Verlängerungsantrag gesetzt und wurden jetzt dafür belohnt“, freute sich Professor Thomas Bosch, Vizepräsident der CAU. Kiel sei inzwischen eine anerkannte Größe im Bereich der Nanowissenschaften. Dies wolle man weiter ausbauen, so das Präsidiumsmitglied.

Der SFB 677 war das erste fächerübergreifende Großprojekt auf dem Gebiet der Nanowissenschaften an der CAU und somit die Keimzelle des neuen Forschungsschwerpunktes „Nano- und Oberflächenwissenschaften“. Seit vier Jahren forschen Physiker, Chemiker und Materialwissenschaftler an winzigen molekularen Schaltern und Maschinen. Ausgehend von bekannten Alltagstechniken wie Pumpen, Motoren oder Sensoren hoffen die Forscher durch die Verkleinerung technischer Funktionen ähnliche Effizienzsteigerungen und technologische Neuerungen zu erreichen, wie sie die Miniaturisierung der Computertechnologie mit sich gebracht hat.

„Die molekulare Nanowissenschaft, unter der man diese Forschung zusammenfassen kann, ist ein typisch interdisziplinäres Forschungsfeld und zudem ein sehr aufwendiges“, erläutert Professor Herges. „Einfach gesagt, könnte man unsere Arbeit als molekularen Maschinenbau bezeichnen. Im Gegensatz zu einer üblichen Werkstatt arbeiten Chemiker und Physiker aber mit Atomen und Molekülen. Auch die Werkzeuge, die wir zum Konstruieren verwenden, sind andere. Die Zeit- und Größenskalen, in denen sich die Schaltvorgänge abspielen, liegen weit jenseits unserer Vorstellungskraft. Man braucht deshalb speziell entwickelte Mikroskope mit ultrahoher Auflösung, um einzelne Moleküle sehen und manipulieren zu können.“

Bereits in der ersten Förderperiode konnten so spektakuläre Ergebnisse erzielt werden: ein molekularer Bagger, schaltbare Magnetspeicher mit einem Durchmesser von einem Nanometer, ein molekulares Flimmerepithel und Kunstfasern, deren wasserabstoßende Eigenschaften an- und ausgeschaltet werden können. Ein Molekül, das mit Licht gesteuert wird, könnte als Kontrastmittel in der Kernspintomographie angewendet werden und die Strahlenbelastung bei Operationen unter MRT-Kontrolle erheblich reduzieren. In der jetzt anstehenden Förderperiode beschäftigen sich die Nanowissenschaftler mit Fragen der Energieumwandlung und -übertragung sowie mit molekularen Fahrzeugen und molekularer Elektronik. Als neues Forschungsgebiet kommt die Anbindung der molekularen Maschinen an biologische Systeme hinzu. Daraus ergeben sich neue Anwendungsmöglichkeiten in Biologie und Medizin.

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