Sänger, Songschreiber und Soulbrother Carsten Friedrichs im Interview

Mit seiner Band Superpunk induzierte Carsten Friedrichs dem deutschsprachigen Indie-Rock der auslaufenden Neunziger Jahre eine unerhörte Portion Soul und kredenzte musikalische wie sprachliche Perlen a la „Neue Zähne für meinen Bruder und mich“, „Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen“ oder „Carsten ist mein Name – noch ein Schnäpschen für die Dame?“. Nach dem Ende von Superpunk knüpft er seit 2012 mit neuen Mitstreitern unter dem Namen „Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen“ nahtlos an diese Leistungen an – Grund genug anlässlich des zweiten Albums „Alle Ampeln auf Gelb!“ und des bevorstehenden Tourauftakts in der Kieler Schaubude mal ein paar Fragen loszuwerden.

Der Albrecht: Fragen zum Bandnamen sind ja kategorisch eher unbeliebt, trotzdem würde mich interessieren, was für die Wahl ausschlaggebend gewesen ist – der Film mit Sean Connery (The League of Extraordinary Gentlemen, 2003) oder die zugrunde liegende Comic-Reihe von Alan Moore?

Carsten Friedrichs: Der Auslöser war ursprünglich eine ausgeblichene VHS-Kassette von dem Film, die jahrelang beim Höker bei mir um die Ecke im Schaufenster stand. Der Name hat mich irgendwie fasziniert, war aber etwas zu großspurig, weshalb wir „außergewöhnlich“ zu „gewöhnlich“ geändert haben. Die Comics hat dann erst später jemand aus der Band mit zur Probe gebracht, davon wussten wir damals noch gar nichts.

Im Jahr in dem ihr eure Band gegründet habt, erschien ja auch eine Folge mit dem Titel „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen: 1968“.

Ja, dass der Comic genau in dem Jahr spielt, aus dem wir unsere musikalischen Referenzen beziehen ist schon ein erstaunlicher Zufall. Uns ist im Übrigen natürlich auch bewusst, dass der Name eigentlich viel zu lang ist – ein großes Festival werden wir damit wohl nicht mehr headlinen. Dazu müssten wir den wohl abkürzen.

Was aber auch schwierig ist, da der Künstlername Gentlemen ja schon anderweitig vergeben ist.

Stimmt, aber ich glaub eher nicht, dass wir auf denselben Veranstaltungen spielen.

Zunächst steht da euer Tourauftakt am 8. Mai in Kiel an, wobei das Album komischerweise erst einen Tag später erscheint.

Das ist tatsächlich ein bisschen blöd gelaufen, da das Publikum dann den Großteil der neuen Stücke noch nicht kennen kann. Aber wir gehen die zwei Tage vorher noch mal in den Proberaum und werden die Gitarren nicht eher aus der Hand legen, bis alles sitzt und wir die Leute auch so überzeugen können. Die Tour geht dann noch den ganzen Monat durch, wobei wir uns ganz schlau dafür entschieden haben, an Mon- und Dienstagen zu pausieren, weil an den Tagen erfahrungsgemäß eh keiner auf Konzerte geht.

Sprechen wir über das neue Album, dass mit einer Spielzeit von 31 Minuten ja sehr knapp geraten ist. Woher kommt der Hang zur Kürze?

Ich sag mir immer, es muss mindestens eine halbe Stunde dauern, dann ist es okay. Kommt vielleicht daher, dass ich Fan alter Ramones-Platten bin – eigentlich würde ich auch lieber nur Singles rausbringen und gar keine Alben, aber das macht keine Plattenfirma mit.

Auf „Alle Ampeln auf Gelb!“ sticht der dritte Song „Begrabt mich bei Planten und Bloomen“ durch Tempo und Inhalt besonders hervor. Gehören Lieder über das eigene Begräbnis nicht traditionell an das Ende der Platte?

Das finde ich nicht. Außerdem hab ich mal gelesen, dass man an dritter Stelle immer ein langsames Stück platzieren soll…

Ich kenne nur die ungeschriebene Regel, dass spätestens der dritte Titel auf der Setlist ein Hit sein muss.

Da haben wir ja kein Problem mit. Du kannst alle unsere Stücke in eine Lostrommel stecken und zwölf ziehen und hättest immer eine perfekte Setlist. Nach Verkaufszahlen haben wir zwar kein einzigen, meiner bescheidenen Meinung nach aber nur Hits.

Das Album „Alle Ampeln auf Gelb!“ erscheint am 9. Mai auf Tapete Records. Im Rahmen der Tour spielt die Band am 8. Mai in der Kieler Schaubude und am 31. Mai im Hamburger Hafenklang.

Foto: Martin Morris für Tapete Records

Autor*in

Janwillem promoviert am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft. Er schreibt seit 2010 regelmäßig für den Albrecht über Comics und Musik, letzteres mit dem Schwerpunkt Festivalkultur.

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