Die Planung einer Überraschungsparty

Mein Schatten befand sich riesengroß an der angestrahlten Hauswand. Ich bewegte meine Arme und Finger, sodass es gruselig aussah und legte meinen Kopf schief. Perfekt. Noch schnell lugte ich um die Ecke. Die Tür ging auf, also machte ich die Musik an, das Zeichen für die anderen. Wie verabredet sollte mein Freund Gil, der vor kurzem Geburtstag hatte, zum Kürbisschnitzen zu meiner WG ins Nachbarhaus kommen und somit zuerst auf die Wand zulaufen und dann geradewegs in den Innenhof. Aber nein. Er nahm den Umweg zum Auto. 

Kurz vor Halloween musste ich feststellen, dass eine Überraschungsparty zu planen im Nachhinein mit mehr Aufregung, Nervenkitzel, blöden Ausreden und viel Lachen verbunden ist, als erwartet. “Ich hätte auch gerne mal eine Überraschungsparty”, ließ mein Freund vor einiger Zeit verlauten. Sein Geburtstag war zwar schon im vergangenen Urlaub gewesen, aber es sollte ihn kurz vor Halloween nachträglich eine mystische Geburtstagsüberraschung ereilen, entschied ich.  

Ich diskutierte mit den wichtigsten Freunden einen passenden Termin. Wir verabredeten uns am ausgewählten Abend mit Gil, um Kürbisse für Halloween zu schnitzen, damit er sich Zeit nahm. Die WhatsApp-Gruppe, in der alle außer Gil eingeladen wurden, nannte ich “Shadows on the wall”. Wichtig beim Outfit sollte somit die Silhouette sein, um Schatten an die Wand zu werfen.  

Gil redete immer mal wieder nichtsahnend von Partys. Alles war entspannt. Doch das änderte sich ein paar Tage vor der Feier. Er verkündete, er müsse bei mir wohnen. Sein Bruder käme zu Besuch und würde Gils Zimmer als Unterkunft brauchen. Gil würde also dauernd anwesend sein.  

So musste ich ihm ein geliefertes Paket mit Feuerwerk für den Kuchen aus der Hand nehmen. Einmal kam Gil unerwartet heim. Wir verstummten abrupt. Hatte er etwas von unserem Planungsgespräch gehört? Einige Tage später entdeckte er unsere WhatsApp-Gruppe.“ Eine geheime Gruppe mit Freundinnen.”

War ich jetzt aufgeflogen? Gil sagte nichts. Genauso wenig hilfreich, wie dass Gil täglich in meinem Zimmer anwesend war, war, dass wir uns einen Spotify-Account teilten. Mir war es langsam egal, sollte er sehen, dass ich seine Lieblingslieder alle nacheinander anmachte und drei verschiedene Happy Birthday Versionen hörte. Vielleicht hatte ich ja Bock auf fröhliche Songs.  

Den Nachmittag vor der Party sollte er mit seinem Bruder bei sich verbringen. Doch der klischeehafte Fahrradplatten brachte Gil noch einmal zu mir, um sich meins auszuleihen. Dabei erwischte er mich und eine Freundin in halben Kostümen. Die Aussage: “Wir probieren neue Outfits aus”, ließ ihn stirnrunzelnd die Klappe halten. Noch spaßiger wurde es durch unsere verabredete Aktivität am Abend. Kürbisschnitzen bedeutete für ihn auch Kürbis kochen.

Wir versicherten, schon gegessen zu haben, damit er vorher etwas aß. Kurz darauf rannte ich mit einem großen Pizzateller vor meiner Haustür in seine Arme. Unbeholfen lenkte ich mit Küssen ab und verschwand dann schnell. Das ist das Blöde an Überraschungspartys. Ausreden und Absagen. Aber es waren ja nur noch eineinhalb Stunden, in denen ich Gils Anrufe ignorierte. Als seine Freunde im Partyraum versammelt waren, hieß es also Beeilung. 

Alle hörten sich kurz an, was ich für die Überraschung inszenieren wollte. Wir teilten uns Aufgaben zu. Dann schlichen wir in den Innenhof. Zwei hielten ein großes Laken, zwei probten dahinter, mit einem Scheinwerfer bestrahlt, ihren Schattentanz. Der Rest versteckte sich verteilt im Hof, verschmolz im Dunkeln mit den Bäumen oder mit den Gräsern um den Teich.  

Alles bereit. Doch meinen riesigen Schatten auf der Hauswand sah Gil nie, denn er holte seinen Kürbis aus dem Auto und kam aus einer anderen Richtung. Von unserer mystischen Musik angelockt, entdeckte er im Innenhof den Schattentanz auf dem Laken. Es passte gut zu den Hürden der letzten Tage, dass eine Freundin statt dem widerspenstigen Handy das nächste Kommando, ein böses Lachen, nachahmen musste. Erleichtert sah ich, dass die Versteckten es verstanden und ihre Handylichter aufleuchten ließen. Sie schritten langsam auf Gil zu. Bald feuerte auch der Kuchen seinen Beitrag ab und zu Celebration trafen alle mit Lichtern bei uns ein. Wir riefen “Überraschung” und ich tippte auf Happy Birthday von Stevie Wonder. Wir ließen ihm einige Zeit, um zu realisieren, was gerade um ihn herum passierte, gratulierten ihm und freuten uns, dass doch ungefähr das inszeniert war, was wir uns vorgestellt hatten. 

Geschafft! Jetzt zurücklehnen und feiern. Der Nervenkitzel hat sich für die Anekdoten gelohnt und der Aufwand für das Strahlen des Überraschten.  

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