Immer stärker wächst der Faible für alte oder alt erscheinende Mode, Möbel, Namen, aber vor allem Bilder. Stilistisch „auf alt“ bearbeitete Fotos – ich sag nur Instagram – scheinen zur Zeit besonders ansprechend zu wirken. Jeder weiß, dass das kein altes Foto ist, aber irgendwie hatten diese unscharfen, verblichenen Papierfetzen mit bekannten Gesichtern drauf ja was. Warum das keine Kunst ist? Weil Fotos mit Instagram zu bearbeiten einfach nicht authentisch ist, weil kein Gedanke, keine Idee und keine Botschaft zu entdecken ist, außer „Like mich!“.

In der Kunsthalle Kiel sind zur Zeit Bilder und Werke zu sehen, dessen Herstellung wirklich durch ältere Handwerkskünste erfolgt ist. Fast vergessene Methoden, Materialien oder Motive werden hier mit moderner Kunst verbunden. Die Werke von zwölf unterschiedlichen Künstlern schaffen auf facettenreiche Art eine Brücke zwischen dem Hier und Jetzt und dem, was oft als nicht mehr zeitgemäß erscheint. Duftende Heubilder, die mit traditionell gesponnenen Heu- Tauen gewebt wurden, Fotografien des alten Frankreichs, die durch ihre Vergrößerung und Verpixelung schon beinahe abstrakt wirken und Kunstwerke, die Situationen des Spiels World of Warcraft darstellen und erleben lassen, finden hier eine gemeinsame Basis. Die Ideen, die hinter den Bildern stecken, werfen Fragen wie „Hat Tradition und Kunst überhaupt noch Platz in der heutigen Welt?“ auf oder streifen historisch gewachsene kollektive Erinnerungen.

Betritt man das Terrain ‚Old School‘ gilt es auf jeden Fall, offen zu sein und gewillt, viele unterschiedliche Perspektiven anzunehmen. Jeder Raum birgt eine neue Idee, Vergangenes mit Aktuellem zu verbinden, so scheint es fast unmöglich jeden Künstler perfekt nachvollziehen zu können. Allerdings mag die ein oder andere Ansicht, die Kritik oder die Botschaft, die man in diesem oder jenem Werk entdecken kann vielleicht schon der Schlüssel zur Begeisterung für diese Ausstellung als Gesamtwerk bergen und das Verständnis für die Thematik des Anachronismus erweitern.

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