Nach einem endlos langen Tag in der UB schleppe ich mich langsam zur Bushaltestelle am Sportforum. Von Weitem sehe ich schon, wie der Bus angerauscht kommt. Lauf‘ ich hinterher? Nö! Schon seit dem zweiten Semester nicht mehr, ich bin schließlich nicht in Elmschenhagen, um kurz nach 23 Uhr, an einem Dienstag!

An der Bushaltestelle angekommen, schaue ich auf die digitale Anzeige. Noch sieben Minuten bis zum nächsten Bus. Um die Wartezeit nun ‚sinnvoll‘ zu nutzen, schaue ich mal bei dieser einen großen Fotosharing-Plattform vorbei. Bei den nervigen, nicht so richtig nachvollziehbaren Hashtags oder den bis zur Unkenntlichkeit überarbeiteten Bildern frage ich mich manchmal selbst: What the ****? Meine Gedankengänge reichen dann oft von: ‚Entschuldigung, warum steht unter deinem Bild, auf dem eine überteuerte Markenuhr abgebildet ist, der Hashtag ‚blessed‘ bis hin zu ‚Ja klar, eben ein Selfie auf instagram mit dem Hashtag ‚nomakeup‘ hochgeladen, aber im Seminar vor zwei Stunden sahst du noch aus, wie von der Nacht ausgekotzt‘.

Der gemeine Leser wird sich jetzt fragen, was mich auf Instagram hält. Natürlich poste ich selbst Bilder und bediene mich selbstverständlich auch der Hashtags und Bildbearbeitungsprogramme. Wenn ich dann aber auf Leute treffe, die andere um ihr Leben und deren Lebensstil auf Instagram beneiden, kann ich nur müde lächeln. Das perfekte Strandbild auf Teneriffa, der arrangierte Salatteller mit besonders viel Avocado und Chiasamen oder das retuschierte Bild von der letzten Partytour entspringen einer Scheinwelt, die im alltäglichen Leben selten anzutreffen ist. Alles ist perfekt in Szene gesetzt, ideal ausgeleuchtet und natürlich makellos. Genau das ist der ganz normale Wahnsinn auf Instagram.

Den einzigen Fehler, den man tatsächlich beim Durchscrollen des Newsfeeds machen kann: Die schönen Bilder für bare Münze, für die Realität halten! Es ist eine Welt, die zum Prokrastinieren einlädt, kurz die nervige Hausarbeit vergessen lässt oder einfach einen Zeitvertreib darstellt. Mehr auch nicht! Die Realität findet man auf Instagram nur ganz vereinzelt, hinter einer dicken Schicht von Hundefiltern und Blümchenkronen.

Doch keine Panik, es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer, denn nicht alle sind dem Instagram-Ideal verfallen. Es gibt noch eine kleine Zahl an Nutzern, die versuchen, das echte Leben abzubilden. In dieser scheinbaren Parallelwelt sieht man leere Teller aus der Mensa, überbelichtete Momentaufnahmen oder abstruse Grimassen. Das kleine Fünkchen Wahrheit in dieser übertriebenen Welt macht Instagram erst interessant und zu einem gewissen Maße auch authentisch. Es zeigt, dass keiner makellos oder perfekt ist – wir sind menschlich! Während ich gerade versuche zu entschlüsseln, was eine Freundin von mir zum Mittag hatte, rollt mein Bus langsam vor. Die einzig wahre, ungeschönte Realität hat mich wieder.


Titelbild: flickr / Stròlic Furlàn Davide Gabino

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