„Kochen macht sexy“ – so lautet der Leitfaden von rudirockt , einer Organisation, die im ganzen Land sogenannte Running Dinner ins Leben ruft. Was zuerst klingen mag wie eine Singlebörse für Gourmets, ist in Wirklichkeit ein Versprechen für einen stimmungsvollen, vergnüglichen Abend voller neuer Eindrücke. Ziel von rudirockt ist es, drei Gänge in vollkommen zufällig zusammengewürfelten Gruppen in drei verschiedenen Küchen zu erleben und dabei nicht nur neue Gerichte sondern vor allem neue Gesichter kennenzulernen. Das Prinzip ist einfach: Interessierte bilden Zweierteams und melden sich mit einem Teamnamen und der Adresse ihrer Wohnung auf der Website an. Nach Ende der Anmeldephase können die Teilnehmer dann ihre Route einsehen, welche sie für die verschiedenen Speisen am Tag des Events antreten.

Bereits zum zehnten Mal fand rudirockt diesen Oktober in Kiel statt und bei über 800 Teilnehmern konnte man hierbei einige interessante Phänomene beobachten: Pünktlich zum Ortswechsel zwischen den Gängen (18:30 Uhr, 20:15 Uhr, 22:00) sah man vornehmlich junge Erwachsene in Zweiergrüppchen durch die Kieler Innenstadt marschieren, die einen glauben ließen, dass die halbe Stadt an diesem Abend für andere Teams kochte. Außerdem waren die Schlangen im Supermarkt länger als sonst und die Regale in bestimmten Abteilungen auffallend leer gefegt. „Vor allem Bier und Lebensmittel wie Hack und Salat sind an solchen Tagen restlos ausverkauft“, erzählte Mitbegründer und Geschäftsführer Florian Schwanse lachend. Erst im November fand das Jubiläumsevent zum zehnten Jahrestag von rudirockt in der Gründungsstadt Aachen statt. Dass an diesem Abend knapp dreitausend Aachener begeistert die Töpfe haben klappern lassen, konnten sich im Jahre 2005 die vier Studenten nicht vorstellen, als sie das erste Event für knapp dreihundertsechzig Teilnehmer organisiert hatten.

Etwas Mut und eine große Portion Gastfreundlichkeit sind die wichtigsten Zutaten für einen kulinarisch-geselligen Abend wie diesen. Stellt euch vor, ihr öffnet die Tür für Leute, von denen ihr höchstens annehmen könnt, dass sie kontaktfreudig sind und sich für Essen interessieren. Worüber redet man am besten? Was kochen die anderen so? Was, wenn unser Essen nicht schmeckt? Doch diese Fragen rücken in den Hintergrund, wenn die Teilnehmer nach und nach in den Wohnungen der Gastgeber eintreffen. „Das Kochen stellt bei rudirockt eher den Rahmen für eine lockere, entspannte Atmosphäre dar“, beschreibt Florian Schwanse treffend die Situation. Die Gäste inspizieren Altbauwohnungen, süße einbeinige Katzen und coole Küchenutensilien, das eigentliche Essen wird fast zur Nebensache. Neben Gesprächsthemen wie Beruf, Studium und Essgewohnheiten wird vor allem gefragt: „Was gab es denn bis jetzt bei euch so?“ Auch die Gerüchteküche findet reichlich Futter: In jeder Gruppe gibt es mindestens einen, der jemanden kennt, der bei jemandem war, der nur Nudeln mit Ketchup serviert hatte. „Diese Gerüchte“, so Florian Schwanse, „habe ich auch schon häufig aus dritter Hand gehört. Doch noch nie habe ich so etwas erlebt, und das bei zweiundzwanzig Abenden, an denen ich selbst gekocht habe.“

Dass über lauter Fragen, Gerüchte, Wein und Thaicurry die Zeit in Vergessenheit gerät, kommt häufiger vor. Doch weder die nette Mitbewohnerin des Gastgebers, welcher selbst noch irgendwo bei der Hauptspeise sitzt, noch die Gäste, die vielleicht früher aufgebrochen sind, fühlen sich von einem verschobenen Zeitplan gestört. Im Gegenteil: Oftmals ergeben sich gerade hier die besten Gespräche und lustigsten Situationen. Und wer sich vielleicht schweren Herzens von seiner überaus charmanten Vorspeise trennen muss, um in die eigene Küche zurückzukehren, hat die Möglichkeit, bei der anschließenden After-Dinner-Party die komplette Gruppe wiederzutreffen.

Da es vornehmlich von Studenten organisiert wird, ist es nicht verwunderlich, dass Rudi mittlerweile weit über die Landesgrenzen hinaus rockt. Auch in der Schweiz, Österreich, Schweden und sogar Kapstadt fanden bereits kulinarische Kennlernrunden statt. Diese Veranstaltungen, so der Geschäftsführer, wurden von begeisterten Erasmusstudenten geplant. Diese haben die Möglichkeit, sich mit einer Anfrage an das vierköpfige Team von rudirockt zu wenden, welches daraufhin seine Plattform und das Konzept zur Verfügung stellt.

Doch um eine individuellere, kleinere Kochrunde abseits der riesigen Städte-Events zu planen, müssen rudirockt Fans nicht erst ein Auslandssemester einlegen. „Wir bieten auch Veranstaltungen in Bereichen wie Personalrecruiting und Firmenparties an“, erklärte Schwanse. Aber auch beispielsweise Gruppen von gleichgesinnten Veganern finden hier die Möglichkeit, Treffen zu planen.

Wenn ihr also Lust habt, Euren kulinarischen Horizont zu erweitern und offene, begeisterte Leute aus Eurer Umgebung zu treffen, legt doch einen Account auf der Seite www.rudirockt.de an, um immer über bevorstehende Veranstaltungen der Rocker informiert zu werden. Denn eines ist wohl sicher: Zusammen isst man weniger allein und bis zum nächsten Kieler Event, das im Frühling stattfinden wird, bleibt auch noch genug Zeit, um das Lieblingsrezept à la Mama herauszusuchen!

Autor*in

Johanna schreibt seit Anfang 2015 vornehmlich für das Ressort Gesellschaft. Seit Februar 2017 ist sie Chefredakteurin des ALBRECHT. Sie studiert seit dem Wintersemester 2014 Deutsch und Soziologie an der CAU.

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