Kiel Hassee an einem Mittwochnachmittag: Das Secondhandkaufhaus Echt.Gut. hat, wie jeden Werktag, seit zehn Uhr geöffnet und zieht Menschen jeden Alters aus allen Kieler Stadtteilen an. Es ist in einer großen Halle mit hoher Decke untergebracht, die viel Ruhe ausstrahlt. Die tragenden Balken sind farbig gestaltet und durchziehen den ganzen Raum. 

Immer für eine Überraschung gut  

Verkauft wird im Kaufhaus alles von Geschirr über DVDs, Spiele, Kleidung und Elektrogeräte bis hin zu Schränken, Betten und Sofas. Alle Artikel, die angeboten werden, sind Spenden und damit Einzelstücke. Es kann auch vorkommen, dass etwas Lustiges bis Irritierendes dabei ist. So berichtet Teamleiterin Ina Müller: „Es soll einmal versucht worden sein, ein Aquarium mit noch lebenden Fischen darin zu spenden, das natürlich nicht angenommen wurde.“ Die Stücke, die angenommen werden, können aber genauso spannend sein. In der Geschirrabteilung springt ein 30 cm breiter LU-Keks aus Porzellan ins Auge. Ein paar Schritte weiter steht ein Korbgeflecht in Form eines kleinen schwarzen Elefanten, das als Blumenhocker ausgeschildert ist und im Bereich mit den Schreibtischen und Bürostühlen wartet eine gelbe Schreibmaschine auf ihre nächsten Besitzer:innen. Auch Einräder oder ein Kickertisch standen schon zum Verkauf. 

Neben diesen Kuriositäten für Stöberwillige geht es dem Team aber vor allem darum, bereitzustellen, was gebraucht wird. Gut versorgt sei das Kaufhaus aktuell mit Büchern und Kleidung. Viele Menschen hätten die Zeit genutzt, um ihre Kleiderschränke auszusortieren. Freuen würde sich das Team im Moment insbesondere über Spenden von hochwertigen Sofas oder Kleiderschränken. Dies seien die Dinge, die die Kund:innen häufig suchten, so Kim Hase von der Stadtmission Kiel, dem Träger des Kaufhauses.  

Was passiert mit den Spenden?

Wer spenden möchte, kann zum Beispiel eine E-Mail mit einem Foto an das Team schicken und erhält von der Spendenannahme eine Rückmeldung darüber, ob das Angebotene angenommen werden kann. Große Möbelstücke können auch von ihrem „Noch-Zuhause“ abgeholt werden. Die Spenden werden anschließend im Geschoss unter der Verkaufsfläche sortiert. Dinge, die verkauft werden können, werden gereinigt, gegebenenfalls repariert und im Laden angeboten. Dinge, die nicht zum Verkauf geeignet sind, dienen als Material für Upcyclingprodukte. So fertigt das Team aktuell etwa Beetstecker mit maritimem Design oder Topfuntersetzer aus Restholz oder kaputten Schrankteilen. Die Produkte werden dann teilweise im Kaufhaus selbst oder bei Kosmos in der Holstenstraße verkauft, wo Start-ups, jungen Unternehmen und Kreativen aus Kiel und der Region eine Plattform geboten werden soll, um ihre Produkte und Projekte zu präsentieren. Um Ressourcen zu schonen, gibt das Team des Secondhandkaufhauses auch Waren, die nicht verkauft werden können, an andere Institutionen oder Vereine weiter, zum Beispiel an die Galerie Seepferdchen, die ebenfalls Upcyclingprodukte herstellt.

Ina und Kim berichten, dass durch die Arbeit in der Werkstatt größtenteils ehemaligen Langzeitarbeitslosen eine Perspektive gegeben werden kann. Auch Menschen mit Wohnungslosenhilfe, Suchterkrankungen oder straffällig Gewordene finden im Kaufhaus einen Arbeitsplatz, an dem sie wachsen können. In Zeiten ohne Pandemie können bis zu 50 Klient:innen gleichzeitig ins Kaufhaus kommen, arbeiten und betreut werden. Aktuell sind es abhängig vom Hygienekonzept weniger.  

Ebenfalls durch die Pandemie zurückgegangen sind die Kund:innenzahlen. So suchte das Team neue Wege der Vermittlung ihrer Artikel und fand sie unter anderem auf Facebook und Instagram. In Storys und Beiträgen wird regelmäßig über aktuelle Angebote informiert. „Früher wurde in den sozialen Medien ein grober Überblick über die Produkte gegeben, um neue Kund:innen zu erreichen. Jetzt wurden Instagram und Co. zu unserem Schaufenster für die Kunden. Während der Schließungen war es dabei besonders wichtig, dass auch Maße und Preise angegeben wurden”, beschreibt Kim. 

Einkaufen für kleines Geld   

Die Preise für die Gebrauchtwaren sind klein, denn jede:r soll im Kaufhaus einkaufen können. Eine weitere Ermäßigung von 20 Prozent auf Möbel gibt es mit der Kundenkarte. Bekommen können sie unter anderem Menschen, die Grundsicherung erhalten oder die ein kleines Einkommen von unter 1.496 Euro brutto monatlich haben. Auch für BAFöG-Empfänger:innen gilt der Rabatt. Zusätzlich gibt es weitere Aktionen, wie zum Semesterbeginn Rabatte auf Möbel für Auszubildende und Studierende.  

Wer sich also entschließt, im Secondhandkaufhaus einzukaufen, tut in vielerlei Hinsicht echt Gutes: Es ist möglich, durch den Kauf von Ware aus zweiter Hand nachhaltig zu konsumieren und damit die Umwelt zu schonen, Menschen zu ermöglichen, wieder in einen geregelten Alltag einzusteigen und gleichzeitig ein echtes Schnäppchen zu machen. 

Wer sich selber ein Bild machen und das Kaufhaus gerade auch in Pandemiezeiten unterstützen möchte, findet den Laden in der Hasseer Straße 49. Es ist von der Uni aus über die Veloroute in 15 Minuten zu erreichen. Aktuell können auf über 1000 Quadratmetern 21 Menschen gleichzeitig im Laden einkaufen. 

Autor*in
Share.
Leave A Reply