Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte die NPD zwar „nur“ 1,5 Prozent der Stimmen. Dafür sitzen insgesamt 13 NPD-Abgeordnete in den Landtagen Sachsens und Mecklenburg-Vorpommerns. In den kommunalen Parlamenten von insgesamt 15 Bundesländern finden sich Abgeordnete der Partei vom rechten Rand. NPD-Mitglieder als demokratisch-legitimierte Vertreter des Volkes – auch in Kiel ist dies ein Teil der bundesdeutschen Realität. Mit Herrn Hermann Gutsche sitzt ein Abgeordneter der NPD in der Kieler Ratsversammlung. Dieser Umstand ist nicht nur Teil der Realität, sondern auch eine Herausforderung. Eine Herausforderung, die sich im politischen Tagesgeschäft insbesondere den Fraktionen stellt; Wie geht man mit einer Partei um, die offensichtlich die Grundpfeiler der deutschen Demokratie in Frage stellt? DER ALBRECHT hat sich an die Fraktionen der Kieler Ratsfraktionen gewandt und sie nach ihrer Strategie gefragt. Doch zunächst gilt es eine andere Antwort zu finden: Wer ist dieser Hermann Gutsche?

Die Fraktionen der Kieler Ratsversammlung stehen gemeinsam gegen den NPD-Abgeordneten Herrn Guschke. (Foto: Stadt Kiel)

Wirft man online einen Blick auf die Sitzordnung der Kieler Ratsversammlung, sieht man die Gesichter und Namen von 57 Ratsfrauen und –herren. Nur ein Gesicht bleibt verborgen – jenes von Hermann Gutsche. Die weitere Recherche führt schnell zur Website des Arbeitskreises Kommunalpolitik Kiel. Hier findet sich nicht nur ein Interview mit Herrn Gutsche, sondern auch ein Foto. Mit seinem fülligem Gesicht, seinem fast grauen Vollbart sieht er gar nicht so unsympathisch aus – nur sein Blick ist etwas grimmig. Das Interview wurde 2008 in der Schleswig-Holstein-Stimme veröffentlicht, der parteieigenen Zeitschrift. Und auch der Arbeitskreis Kommunalpolitik Kiel entpuppt sich beim zweiten Blick als ein Sammelbecken „national gesinnter Kameraden“, dass von Herrn Gutsche persönlich geleitet wird. Im Interview beschwert er sich darüber, dass es den Nationaldemokraten von Seiten des Systems äußerst schwer gemacht“ werde, politische Inhalte zu vermitteln. Weiterhin beschreibt Gutsche das Verhältnis zu den „Kommunisten“, gemeint ist hiermit die Partei „Die Linke“, als „eher frostig und unterkühlt“. Doch wie gestaltet sich der Umgang mit dem NPD-Abgeordnete aus Sicht der Kieler Fraktionen?

Die Frage nach dem richtigen Umgang stellte erstmalig im Jahr 2008, als die aktuelle Kieler Ratsversammlung zusammentrat. Die sechs Fraktionen SPD (19 Sitze), CDU (17), Grüne (10), Die Linke (4), FDP (4), Direkte Demokratie (2) schafften es hierbei nach der Wahl ein hoch sensibles Abkommen zu schließen – trotz aller parteipolitischen Differenzen. Hier sei vor allem an die Überwachung der Linken durch den Verfassungsschutz erinnert. Ein Umstand, der von weiten Teilen der Bundes-CDU unterstützt wird. Trotz dieses Dissenses kam es zu der fraktionsübergreifenden Einigung jede Kooperation mit dem NPD-Abgeordneten auszuschließen. Stellt Herr Gutsche innerhalb der Ratsversammlung einen Antrag, wird dieser – unabhängig von der inhaltlichen Ausgestaltung und möglichen Überschneidungen – von allen Fraktionen abgelehnt. Dieser Strategie liegt die Haltung zugrunde, die die NPD eindeutig als Feind der Verfassung erkennt. So war es Gutsche bisher nicht möglich auch nur Antrag in die Ratsversammlung einzubringen. In der neuerlichen Resolution gegen Rechtsextremismus vom 16. Februar hieß es hierzu in der interfraktionellen Stellungnahme, dass die Verfassung immer nur so stark sei, „wie die, die für sie einstehen“.

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