König, Dame, Bube, Ass. Wir alle kennen die Spielkarten mit den immer gleichen Gesichtern. Durch die Gewohnheit hat sich aber eingeschlichen, dass wir die Karten nie hinterfragen. Wieso gibt es keine Königin? Oder warum sieht der Bube immer gleich aus? 

Genau das haben drei Studentinnen aus Kiel im Rahmen eines Uniprojekts geprüft und nun ist es ihre Passion. Wir haben mit Jana, einer der Gründerinnen des Unternehmens, gesprochen. Dafür wurden wir zu einem Kieler Co-Working-Space eingeladen. Von dort aus organisiert sich das Start-up hauptsächlich. Die Spielköpfe haben sich dabei drei Prinzipien auf die Fahne geschrieben, nach denen sie arbeiten: gendergerecht, vielfältig und nachhaltig. Ihnen ist dabei wichtig, die Gesellschaft spielerisch in eine gerechtere Welt zu führen, indem sie das Kartendeck umgestaltet haben. Eine Dame mit kurzen Haaren, Menschen mit verschiedenen Hautfarben oder auch ein geschminkter Bube. Außerdem wollen sie die Aufmerksamkeit auf Themen wie Sexismus, Rassismus und Stereotype legen. Hierzu leisten sie Aufklärungsarbeit über Social-Media-Plattformen und haben unter anderem Workshop-Angebote zu Themen wie „Weiblicher Zyklus im Arbeitsalltag“ oder „Hass im Netz“ in petto.  

Die Idee

Die Idee zu den Spielköpfen kam einer der Mitgründerinnen selbst bei einem Kartenspiel mit Freund:innen. Dann startete das Projekt vor drei Jahren über die Uni. Jana und Sam studierten gemeinsam im Master Nachhaltigkeit, Gesellschaft und Umwelt an der CAU Kiel, wo sie sich kennenlernten. Im Rahmen eines Projektmanagement-Kurses hatten die Gründerinnen nun die Möglichkeit, an dem Projekt erstmalig zu arbeiten und das Konzept zu erstellen. Hierzu suchten sie sich innerhalb eines dreiviertel Jahres ebenfalls vielfältige Künstler:innen und Grafiker:innen, die das Kartendeck der Spielköpfe neu mitgestalteten. Schon jetzt ging die Arbeit weit über den Uni-Kurs hinaus. 2019 folgte dann die offizielle Gründung des Start-up-Unternehmens durch Jana, Sam und Caro. 

Das diverse Deck

Die Karten werden hauptsächlich über die eigene Website verkauft. Aber auch in lokalen Offline-Läden gibt es das Kartendeck für zehn bis zwölf Euro zu erwerben. Damit sind die Karten zwar deutlich teurer als ein herkömmliches Kartendeck, doch der Grund dafür ergibt Sinn: Das Deck ist nachhaltig produziert, plastik- und schadstofffrei. Auch ein klimapositiver Druck ist dem Start-up wichtig. Die Karten sind vollkommen recycelbar und Silver-Cradle-To-Cradle-zertifiziert. Dies ist ein hoher, nachhaltiger Standard. Das Angebot des Unternehmens umfasst inzwischen Doppelkopf, ein Rommé-Deck, das komplette Deck und seit Neuestem auch eine Kinderversion mit extra gemalten Kinderbildern. 

Was zu dritt begann, hat sich inzwischen vergrößert. Jana und Sam arbeiten mit der Unterstützung durch eine Werkstudentin und zwei weiteren Praktikant:innen. Gearbeitet wird inzwischen hauptberuflich online von Kiel und Berlin aus, wo Sam jetzt lebt. Dabei hat Jana auch die ein oder andere lustige Anekdote auf Lager. Bevor Jana und Sam vor eineinhalb Jahren ihr Büro bezogen, lief die Logistik ausschließlich aus ihrer damaligen gemeinsamen Wg heraus. Sie platzte aus allen Nähten. Die Studentinnen schliefen teilweise auf zu verschickenden Paketen, wenn der Andrang sehr groß war und der Versand auf dem Boden organsiert wurde. Eigenhändig mit dem Rad ging es dann zur Post. Dies hat sich mittlerweile geändert, dafür ist jetzt ein eigenes kleines Lager am Co-Working-Space geschaffen worden. 

Mit selbst organisiertem Versand auf dem Wg-Boden zu Beginn des Start-ups.

Der Weg zu einem neuen Bewusstsein 

Auch auf Spielemessen ist das Start-up aktiv. Die Spieleszene ist noch sehr traditionell und stereotypisch behaftet, wie uns Jana erklärt. Darauf wollen sie ebenfalls aufmerksam machen und die Spielewelt dahingehend verändern. Arbeitsbedingungen, Umweltbelastungen und ein Umdenken sind ihnen wichtig. 

Die Gründerinnen bekommen dabei, gerade als ein rein weibliches Team, nicht nur positives Feedback. Ihr Konzept wird immer wieder infrage gestellt. Online sind die Nachrichten äußerst sexistisch. Eine nicht zu unterschätzende Last für die Jungunternehmerinnen. Auch das ist ein Thema, womit das Start-up sich nicht selten beschäftigen muss. Der Weg gegen den Sexismus ist hier noch merklich lang. Aber genau deshalb möchte das Start-up auch weiterhin auf Missstände unserer Gesellschaft aufmerksam machen und aufklären, Menschen empowern. Sie möchten ihre Idee von einer gerechten, vielfältigen und nachhaltigen Spielewelt weiterverbreiten. 

Das junge Unternehmen arbeitet beispielweise an einer internationalen Version, weitere Ideen sind in Planung. Auch die Aufklärungsarbeit zu Rassismus und Sexismus ist ihnen weiterhin ein Anliegen. Dabei wahren sie selbst die eigenen Werte, die sie vermitteln. Die Künstler:innen und Grafiker:innen brechen mit ihrem selbst gestalteten Kartendeck Stereotype auf. Eine Dame im Deck trägt eine Prothesenhand und wurde von einer Künstlerin mit dem Mund gezeichnet, die selbst keine Hände hat. Aber auch alle anderen Karten wurden akribisch bedacht. Um die Binarität aufzubrechen, ist auf einer Karte beispielsweise das Gender nicht klassisch ersichtlich. 

Es wird dort mit vollem Herzen und sehr viel Liebe zum Detail gearbeitet. Die Mitarbeitenden der Spielköpfe hinterfragen ihre eigenen Strukturen, entwickeln sich weiter und kämpfen für Veränderungen in der Spieleszene, denn sie möchten die Welt durch Spiel und Spaß sensibilisieren. 

Autor*in

ist seit November 2020 Teil der ALBRECHT-Redaktion und hatte von 2021 bis 2022 den Ressortleitungsposten der Kultur inne. Seit WiSe 2020/21 studiert sie Deutsch und Soziologie.

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