Eine Hommage an starke Frauen im Hiphop

Frauen im Rap sind kein Novum, aber immer noch eine Seltenheit. Es gibt Ikonen wie Lauryn Hill von den Fugees, die ihren festen Platz innehaben. Daneben Größen wie Missy Elliott oder Niki Minaj, die sich einen Namen gemacht haben, aber gleichzeitig so gut an die maskuline Rap-Welt adaptiert sind, dass es sich eher um eine Reproduktion althergebrachter Klischees aus weiblicher Sicht handelt, als um eine neue Perspektive. Im Endeffekt bildet Female Rap trotz Ikonen ein Sub-Genre in einer von Männern dominierten Welt des Hip-Hops, ohne eine eigene etablierte Präsenz zu besitzen. Und an diesem Stellenwert wird sich kaum etwas ändern, solange Female Rap keine eigene Identität für sich einfordert.

Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass Female Rap feministisch sein muss? Und was heißt das im Hip-Hop-Kontext überhaupt? Vielleicht sorgt der Kontrast zu einem sonst eher frauenfeindlichen Milieu dafür, dass bereits das Auftauchen einer sexpositiven, starken weiblichen Hauptfigur als feministisch gesehen wird. Aber reicht es, eine rappende Frau zu sein, um die Strukturen grundlegend zu verändern? Diese Art des femininen Raps ist richtig und gut, aber um grundsätzlich einen Platz für mehr Diversität im Hip-Hop zu schaffen und nicht nur einen mürrisch frei geräumten Platz in dieser Männerdomäne einzunehmen, braucht es vielleicht doch mehr. Künstlerinnen mit einem stärkeren, feministischeren Ansatz. Und glücklicherweise gibt es bereits einige, die sich von der musikalischen Salamiparty unbeeindruckt einen Namen gemacht haben. Dazu gehört Princess Nokia, aka Destiny Nicole Frasqueri, eine US-amerikanische Rapperin, die Feminismus lebt und die Grenzen von Geschlecht ausweitet. Sie lässt sich nicht festlegen, was sich auch in ihren Musikvideos widerspiegelt. Ob als Tomboy oder als Bruxa (spanisch für Hexe), Princess Nokia demonstriert eindrucksvoll ein Spiel mit verschiedensten Identitäten, ohne das Gefühl zu erwecken, sich verstecken zu wollen. Vielmehr präsentiert sie stolz verschiedene Aspekte ihrer Identität. Vielfältig wie sie selbst ist auch ihre Musik. Mühelos bewegt sie sich zwischen Trap, Funk und afroamerikanischen Einflüssen, ohne dabei an Substanz zu verlieren. Wie das personifizierte Selbstbewusstsein rappt sie in ihrem Track Tomboy „With my fat belly und my low titties“ und bietet damit Kritiker*innen und einschnürenden Erwartungen an den weiblichen Körper die Stirn. Teil ihres Schaffens ist außerdem das Kollektiv Smart Girl Club, mit dem sie Vorträge und Workshops organisiert und ihren urbanen Feminismus in die Welt trägt.

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Der amerikanische Kontinent hat noch mehr feministischen Hip-Hop zu bieten: Sara Hebe aus Argentinien ist neben Ana Tijoux und Rebecca Lane, musikalische Stimme einer erstarkenden feministischen Bewegung in ganz Lateinamerika. Ihre Musik ist geprägt von lateinamerikanischen Einflüssen und Fans bezeichnen sie als die neue Frida Kahlo. In einem Interview mit der Juice stellt sie klar, dass „künstlerischer Ausdruck immer auch politisch“ ist, und weiter: „Alle Formen des Ausdrucks sind in einen historischen Kontext eingebettet.“ Eine Aussage, die nicht besser ausdrücken könnte, dass auf gesellschaftlichen Strukturen oftmals der Muff der Jahrhunderte haftet. Den weiß Sara Hebe ihrerseits sehr gut zu vertreiben und übt mit intelligenten und politisierten Versen Gesellschaftskritik.

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Auch das Rap-Kollektiv Reykjavíkurdætur aus Island setzt mit seiner Musik ein Zeichen für Frauen im Hip-Hop. Der Name bedeutet ungefähr so viel wie „Islands Töchter“ und allein die Tatsache, dass Reykjavíkurdætur aus bis zu 19 Personen besteht, macht aus den Auftritten der Band eine Form von politischem Aktivismus. Neben typischem Hip-Hop-Gehabe geht es in den Songs des Kollektivs auch um Themen wie Körperbehaarung, ‚Slutshaming‘, und die ‚Free the nipple‘-Bewegung. Reykjavíkurdætur übersetzten die im Hip-Hop übliche Lobpreisung von Geschlechtsteilen auf die weibliche Anatomie. So rappen sie „Suck my Clit, Bitch“, aber werden für Ausdrücke dieser Art deutlich mehr angefeindet als ihre männlichen Kollegen. Island ist zwar Vorreiter bei Frauenrechten aber das Kollektiv erhält trotzdem Anfeindungen über soziale Netzwerke wie Snapchat.

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Trotz allem wäre es unfair, Künstlerinnen wie Reykjavíkurdætur, Sara Hebe und Princess Nokia auf den feministischen Aspekt ihres Schaffens zu reduzieren, gleichzeitig ist diese Komponente von großer Relevanz für die Entwicklung von mehr Diversität im Genre. Was nicht bedeutet, dass nur Frauen feministischen Rap produzieren können. Es ist allgemein notwendig, die musikalischen Strukturen aufzubrechen, um den Weg für einen selbstbestimmten, starken weiblichen Hip-Hop zu ebnen. Dafür braucht es feministische Perspektiven, die sich nicht brav in die vorhandenen Strukturen einfügen, sondern einen eigenen Platz einfordern.


Titelbild: Ein Beispiel für feministischen Hip-Hop: Das isländische Rapkollektiv Reykjavíkurdætur. Mit  freundlicher Genehmigung von Reykjavíkurdætur.

 

Autor*in

Janina ist seit April 2017 Teil der Redaktion und studiert Psychologie an der CAU.

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