Die Welt schaut auf die USA, wo seit Anfang des Jahres die Vorwahlen um die Präsidentschaft stattfinden. Das aktuelle Staatsoberhaupt, Barack Obama, kann nach doppelter Amtszeit dem Gesetz nach nicht wiedergewählt werden, was die anstehende Präsidentschaftswahl besonders interessant macht. Doch wie funktioniert das komplexe Wahlsystem der Vereinigten Staaten überhaupt? DER ALBRECHT fasst hier für Euch zusammen, was es über die amerikanische Präsidentschaftswahl zu wissen gilt.

Die politische Lage in den USA

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine föderale Republik mit 50 Bundesstaaten sowie dem Bundesdistrikt District of Columbia und einigen gemeindefreien Territorien von denen Amerikanisch Samoa, Guam, die Nördlichen Marianen, Puerto Rico und die Amerikanischen Jungferninseln bewohnt sind. Mit über 322 Millionen Einwohnern sind sie der drittgrößte Staat der Erde und haben großen politischen Einfluss auf die Weltpolitik. Durch das Präsidialsystem ist das Staatsoberhaupt gleichzeitig auch Regierungschef und wird im vierjährlichen Rhythmus gewählt. In den USA herrscht schon seit über 100 Jahren ein Zweiparteiensystem vor: Laut einer Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Gallup im Oktober 2014, vereinten die Demokraten 42 Prozent der registrierten Wähler, die Republikaner 39 Prozent. Im Januar 2016 veröffentlichte Gallup jedoch die Ergebnisse aus 2015, die mit 29 Prozent bei den Demokraten und 26 Prozent bei den Republikanern ein historisches Tief ankündigten. 42 Prozent der amerikanischen Staatsbürger sahen sich in dieser Studie als unabhängig.

Wahlberechtigung

Alle Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, dürfen innerhalb ihres Bundesstaates wählen. Wer nicht in den USA lebt, kann die Briefwahl beantragen und darf somit für den Bundesstaat, in dem zuletzt der Wohnsitz gemeldet war, an der Wahl teilnehmen. Zur Wahl aufstellen lassen kann sich jeder Amerikaner, unabhängig von der politischen Karriere, die bis dato zurückgelegt wurde. Allerdings muss die Person mindestens 35 Jahre alt sein und 14 Jahre am Stück in den USA gelebt haben, um als Kandidat in Frage zu kommen. In der Verfassung von 1787 ist außerdem festgelegt, dass nur ein „natural born citizen“ zur Präsidentschaftswahl antreten kann. Eine Anforderung, die aktuell bleibt, beispielsweise in der um die Wahlen 2008 entwickelten Verschwörungstheorie, dass Barack Obama nicht als amerikanischer Staatsbürger geboren worden sei. Die Vorwürfe der sogenannten „Birther“ gingen sogar bis vor Gericht, Obama konnte seine Geburt in Honolulu jedoch ausreichend belegen und die Anklage von sich weisen. Auch die Eignung des Republikaners Ted Cruz wird aufgrund der vagen Formulierung der Verfassung in Frage gestellt. Anders als Obama wurde er außerhalb der USA geboren; er erblickte im kanadischen Calgary das Licht der Welt.

Vorwahlen: Primary, Caucus und Super Tuesday

In der Regel gibt es parteiintern mehrere Bewerber auf den Präsidentschaftsposten. Bei den aktuellen Wahlen ließen sich ursprünglich sechs demokratische sowie siebzehn republikanische Kandidaten aufstellen. Die Vorwahlen dienen demnach dem Volk dazu, auszuwählen, welcher Kandidat für ihre Partei an den Start gehen soll. Die amerikanische Präsidentschaftswahl funktioniert generell indirekt, das bedeutet, dass das Volk bundesstaatintern Delegierte wählt, die dann für den gewünschten Kandidaten wählen. Je bevölkerungsreicher ein Bundesstaat ist, desto mehr Delegierte werden ihm zugewiesen. Jeder Staat darf entscheiden, ob die Vorwahlen durch Primaries oder Caucuses geschehen. Die Primaries sind geheime Wahlen, die entweder geschlossen und somit ausschließlich für Parteimitglieder, oder offen und somit für (Brief-)Wähler aller Parteien zugänglich sind. Dagegen sind die Caucuses Wählertreffen auf kommunaler Ebene, auf denen Vertreter der Kandidaten debattieren und anschließend per Handzeichen oder Zuordnung gewählt wird. Wer hier teilnehmen will, muss anwesend sein. Traditionell beginnen die Vorwahlen in Iowa und New Hampshire, sodass diesen vergleichsweise kleinen Staaten hohe Bedeutung zukommt, da ihre Wahlergebnisse die Stimmung im Land stark beeinflussen können.

Ein weiteres großes Augenmerk liegt stets auf dem Super Tuesday. An diesem Wahltag wählt der Großteil der amerikanischen Bundesstaaten, weshalb er oft als sehr ausschlaggebend für das Gesamtergebnis gilt. Auf den Parteikongressen im Juli nominieren beide Parteien dann ihre jeweiligen Präsidentschafts- und Vizekandidaten, indem die vom Volk gesandten Delegierten abstimmen. Hier kann es durchaus zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen kommen, so wie 2008 zwischen den Demokraten Hillary Clinton und Barack Obama. Mit der finalen Nominierung beginnt der offizielle Wahlkampf zwischen den auserkorenen Kandidaten der Demokraten und Republikaner.

Election Day

Seit 1845 ist der Dienstag nach dem ersten Montag im November der designierte Wahltag. Dieser war für die damaligen Bauern der einzig in Frage kommende Wochentag für die gegebenenfalls anzutretende Reise zum Wahllokal. Am diesjährigen 8. November können die amerikanischen Staatsbürger das neue Staatsoberhaupt wählen. Auch hier geschieht dies nicht direkt, sondern erneut über insgesamt 538 Delegierte, die das sogenannte ‚Electoral College‘ bilden. Dieses Kollegium wählt dann 41 Tage nach der Wahl wiederum Präsident und Vize, die dann erst am 3. Januar offiziell ausgezählt werden – es gilt die absolute Mehrheit der Stimmen. Meist ist jedoch schon am Election Day klar, wer den Posten bekommen wird.
Manche Staaten gelten als ‚Safe States‘, da dort in der Regel dieselbe Partei gewinnt. Entscheidend und hart umkämpft sind deswegen oft die sogenannten ‚Swing States‘, zu denen beispielsweise Florida und Ohio gehören. Das dortige Wahlergebnis ist häufig ausschlaggebend für das Gesamtergebnis. Außer Maine und Nebraska verfolgen alle Staaten dabei das ‚winner takes all‘ Prinzip, welches dafür sorgt, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen, alle Delegiertenstimmen zugewiesen bekommt. Dies macht es möglich, dass ein Kandidat die Wahl gewinnt, obwohl er insgesamt gesehen nicht die meisten Wählerstimmen erhalten hat. Zuletzt war dies 2000 der Fall, als George W. Bush durch die Mehrheit der Delegiertenstimmen Präsident wurde. Wären die Wählerstimmen proportional verteilt worden, hätte sein Gegner und Demokrat Al Gore gewonnen.

Die Präsidentschaftswahlen sind demnach ein ganzjähriger Prozess und können nicht auf den Election Day reduziert werden. Zwei Demokraten (Hillary Clinton und Bernie Sanders) und drei Republikaner (Donald Trump, John Kasich und Ted Cruz) sind derzeit weiterhin im Rennen, neun Vorwahlen stehen den USA noch bevor. Es bleibt abzuwarten, wer der Fünf bis zur Nominierung im Juli durchhält.

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

Share.
Leave A Reply