Einen Mann ernstzunehmen, dessen Ego größer als Hochhäuser ist, auf denen sein Name prangt und dessen Dünnhäutigkeit einer herkömmlichen Zellwand prekär erscheint, ist schwierig. Ist dieser Mann zudem reich und vertritt ein aus der Welt gefallenes Rollenbild, heiratet vornehmlich Fotomodelle und bewertet Frauen gerne auf einer zehnstufigen Skala, so liegt die Idee nah, ihn auf sein Äußerliches zu reduzieren. Er trägt schlecht sitzende Anzüge und zu lange Krawatten; sein Chefstratege sieht oft aus, als habe er Nachtschlaf und Hautpflege als Hippietum abgetan und seine Frau wirkt so herzlich wie eine Wachspuppe. Des Pudels Kern ist aber eine Politik, die Tabus bricht, Minderheiten diskriminiert und einen Exzeptionalismus propagiert, der nicht zu rechtfertigen ist. Diese Politik beruft sich auf ein verqueres, im Kern undemokratisches Wahlsystem, in dem Mehrheiten keinen Wahlsieg bedeuten. Artikuliert wird sie auf Wahlkampfmassenveranstaltungen, in ausweichenden Antworten auf direkte Fragen und während der Morgentoilette auf globalen Plattformen in Form von 140-Zeichen Tiraden. All das bedarf einer Stilkritik, inhaltlicher Debatten und Widerstands. Da können Anzüge noch so ballonartig und Krawatten scharlachrot unter der Gürtellinie sitzen, eine wirkliche Auseinandersetzung sieht anders aus.

Hierzulande gibt es ähnliche Bewegungen, die von Stammtischparolen getragen versuchen, das Land zu verändern und die Stimme des Volkes darzustellen. Oftmals wird ihnen Dummheit angedichtet. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung, hätte man sie je so stark auf ihr Äußeres reduziert, wie es mit ihren Brüdern und Schwestern im Geiste einige tausend Kilometer westwärts geschieht. Doch so ist es nur ein weiterer Schritt, vereinfachte Kritik an komplexen Themen zu üben. Die Reduzierung eines Themas oder einer Person auf eine Aussage oder eine Eigenschaft ist gefährlich. Rechte Politik ist nicht zwangsläufig dumm, sie ist nur nicht allgemein akzeptiert und folgt bestimmten Werten, die wir als Gesellschaft haben, nicht. Die Vereinfachung der Gemengelage zwecks Findung kurzer Antworten scheint in der modernen Medienlandschaft logisch. Solange wir genau das aber tun, werden wir immer gegen stumpfe Parolen verlieren. Sie sind prägnanter, schlüssiger, radikaler als die komplexen Antworten, die vielschichtige Probleme brauchen. Ein Dummerjan mit oranger Haut steht da vor einem und macht Politik. Nur das letzte sollten wir kritisieren, wenn wir ihn und seine Geistesgenossen je loswerden wollen.


Titelbild: Graffiti auf der East Side Gallery, Berlin, September 2016;
Quelle: Leona Sedlaczek

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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