Rassismus und Fußball sind zwei Begriffe, die sich leider nicht immer gegenseitig ausschließen. Jede*r, der*die schon ein Spiel im Stadion miterlebt hat, weiß, dass dort den Emotionen freien Lauf gelassen werden kann und die Stimmung hochkocht. Obwohl es in erster Linie um die Unterstützung der eigenen Mannschaft geht, kann diese Stimmung manchmal eine gefährliche Wendung nehmen, etwa bei gewaltbereiten Fans oder Hooligans. Im Stadion kann der Frust des Alltags rausgelassen werden – das heißt aber nicht, dass dort auch Platz für populistische Äußerungen ist. Es ist erschreckend und auch ungemein frustrierend, dass heute noch immer Spieler den Platz verlassen, weil sie aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft mit Bananen abgeworfen oder mit rassistischen Gesängen beleidigt werden.

Ende März verbreitete sich ein Video vom DAZN-Kommentator und Sportjournalist André Voigt durch das Internet, in dem er von rassistischen Bemerkungen in den Zuschauerrängen während des Länderspiels Deutschland gegen Serbien in Wolfsburg erzählt. Voigt schaute sich das Spiel mit seiner Familie an und hinter ihm beleidigten drei junge Männer den deutschen Spieler Leroy Sané mit rassistischen Begriffen. Den ebenfalls deutschen Fußballer Ilkay Gündogan sollen sie nur abfällig „den Türken“ genannt und jeden seiner Spielzüge mit schlechtem und klischeehaften türkischem Akzent kommentiert haben. Das ging so weit, dass sich Voigt umdrehte und – als einziger im Rang – die Männer fragte, ob sie alle Rassisten seien. Als Antwort bekam er, dass das Wort mit N gar kein Schimpfwort sei. Bei so einer Aussage bleibt einem der Mund offen stehen und es ist vollkommen nachvollziehbar, dass Voigt in seinem Video sehr emotional wird.

Bestürzend daran ist allerdings nicht nur der Rassismus und der restliche Wortabfall, den die Männer während des Spiels von sich gaben, sondern auch die fehlende Zivilcourage der anderen Zuschauer*innen. Niemand stellte sich auf Voigts Seite, es gab eher Zustimmung für die Männer. Klar, niemand begibt sich gerne ins Kreuzfeuer, vor allem nicht, wenn es mit betrunkenen Rechten zu tun hat. Außerdem würde ja niemand verletzt, immerhin hören die Spieler doch gar nichts, also warum was dagegen sagen und nichts zu tun ist sowieso viel einfacher. Doch wenn eine*r den Mut hat aufzustehen, dann sollte er*sie nicht allein gelassen werden. Meistens befinden sich auch Sicherheitskräfte in der Nähe, die gerufen werden können. Tipp: Für solche Fälle hat die Anti-Diskriminierungs-Kampagne Kick It Out eine App entwickelt, mit der Zuschauer*innen anonym gemeldet werden können.

Der DFB verurteilt den Vorfall in Wolfsburg und die Polizei ermittelte direkt gegen diese drei Täter. Doch damit ist es nicht getan, denn es hört nach dem Spiel nicht auf: Voigt hat das Video aufgrund von Hasskommentaren und Drohungen gegen seine Familie – bei denen auch das Wort Vergewaltigung in Bezug auf seine zweijährige Tochter fiel – von Facebook gelöscht.

Und kurz darauf, beim Spiel Dijon gegen Amiens in der französischen Liga, wurde der Amiens-Gäste-Kapitän Prince Gouano mit Affengeschrei beleidigt. Gouano forderte einen Spielabbruch, doch das Spiel wurde nach langer Unterbrechung fortgesetzt. Der Mann, der das Geschrei von sich gegeben hat, wurde festgenommen.

Der FIFA-Präsident Gianni Infantino schlägt vor, notfalls Spiele bei solchen Vorkommnissen abzubrechen und Liverpool-Trainer Jürgen Klopp fordert, dass die Täter lebenslang aus den Stadien verbannt werden. Bei solch einer Regelung würden es sich viele bestimmt zweimal überlegen, ob sie ihre idiotische Meinung herausposaunen oder ob sie lieber den Mund halten. Denn Rassismus gehört nicht zum Sport – und damit auch nicht ins Stadion.

Autor*in

Eileen studiert Soziologie/Philosophie und war von Januar 2022 bis Anfang 2024 Chefredakteurin. Sie leitete von Februar 2019 bis Anfang 2020 das Ressort für Gesellschaft. Danach war sie stellvertretende Chefredakteurin. Außerdem werden viele der Illustrationen im Albrecht von ihr gezeichnet.

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