Wie ich im Sommer 2018 feststellen durfte, können Klischees ausnahmsweise auch mal ganz hilfreich sein. Raus aus der unmenschlichen Hitze, die uns im vergangenen Sommer plagte, verschlug es mich im August nach Schottland. Und was kommt einem sofort in den Sinn, wenn man an Schottland denkt? Richtig: Whisky, zottelige braune Rinder auf grünen hügeligen Wiesen und vor allem Regen. Hätte mein von der Hitze schon ganz ausgetrocknetes Gehirn das mal bedacht, dann wäre auch der lokale Kauf von Pullis und einer dicken Jacke nicht nötig gewesen. Denn wie ich feststellen musste, hat es geregnet. Und zwar eine ganze Menge.

Für die Dauer meines Aufenthalts wohnte ich in Coatbridge, einer verschlafenen Kleinstadt genau zwischen Edinburgh und Glasgow, den beiden größten und bekanntesten Städten Schottlands, gelegen im Süden des Landes. Da es in dem kleinen Städtchen jedoch nicht so viel zu bestaunen gab, wurde es erst in Glasgow richtig spannend.

Die 600 000-Einwohner große Hafenstadt hat für jeden etwas zu bieten. Bei einem Spaziergang gibt es wunderschöne, verzierte, alte Häuser im viktorianischen oder Jugendstil, aber auch viele angesagte Läden und vegane Restaurants zu sehen. Glasgow ist außerdem Heimat von vielen, oft kostenlosen Museen. Meine Mitreisenden und ich entschieden uns unter anderem für den Besuch des Museum of Transport, wo wir Fortbewegungsmittel aller Art und allen Alters bestaunen konnten, und anschließend für die Kelvingrove Art Gallery. Dass Glasgow eine Stadt der Kunst und Kultur ist, merkten wir aber nicht nur in dieser Kunstgalerie: mit Wandmalereien verzierte Wände begegnen einem an vielen Ecken.
Anders sah es dagegen in Edinburgh aus: Wer sich durch die Royal Mile hin zum Edinburgh Castle schlängelt, braucht starke Nerven. Unzählige Touristengrüppchen aus aller Herren Länder, angeführt von einem fähnchenschwenkenden Guide blockieren die Straße, und Souvenirshops, die mit Whisky und Kaschmirschals locken, reihen sich aneinander.

Glasgow//BQ: Beniamin Lapinski

Trotzdem hat Edinburgh eine besondere Atmosphäre. Wer sich ein bisschen von der Touristenmasse entfernt, kann sich wunderbar in den mittelalterlich anmutenden Gassen verlieren und mit etwas Glück (oder guter Planung) spontan einem Klassikkonzert im Princess Street Gardens Park lauschen. Aus fast allen Blickwinkeln lässt sich das Castle betrachten, welches auf einem Hügel über der Stadt thront.
Auch die Natur ist es wert, erkundet zu werden. Eine Stunde von Glasgow entfernt liegt Loch Lomond, umgeben von dem Trossachs National Park. Ein Seeungeheuer à la Nessie habe ich hier zwar nicht entdeckt, aber dafür eine entspannende Atmosphäre. Vom Ufer des Sees wird Besuchern ein wunderschöner Ausblick geboten, vor allem bei Sonnenschein (ja, auch die Sonne hat zur Abwechslung mal geschienen!). Der See wird von einer hügeligen grünen Landschaft umrandet, auf dem Wasser treiben Segelboote umher und am Ufer sitzen Familien beim Picknick. Nach dem Trubel in den Städten eine wirklich willkommene Abwechslung.

 

Loch Lomond und der umliegende Nationalpark sind eine willkommene Abwechslung zu den Städten. //BQ: Nadine Simon

Auch ein Ausflug zu den sogenannten Kelpies lohnt sich. Die zwei jeweils 30 Meter hohen Skulpturen in der Gestalt von Pferdeköpfen befinden sich im Helix Park, nahe des Forth and Clyde Canal. Sie wurden erst 2013 von dem Bildhauer Andy Scott erbaut und sollen Kelpien darstellen, im schottischen Glauben verankerte Wassergeister. Ebenfalls an besagtem Kanal liegt das Falkirk Wheel, ein weltweit einzigartiges Schiffshebewerk, das wie ein Riesenrad Schiffe von dem 24 Meter tiefer gelegenen Forth and Clyde Canal zu dem höher gelegenen Union Canal befördert und andersherum, wobei der ganze Vorgang nur etwa zehn Minuten dauert.

 

Das Falkirk Wheel befördert Schiffe von oben nach unten – und andersherum.// BQ: Beniamin Lapinski  

Für Fans des Films Braveheart dürfte das Wallace Monument bei Stirling interessant sein. Der 67 Meter hohe Turm wurde zum Gedenken an den schottischen Nationalhelden und Freiheitskämpfer William Wallace errichtet und beherbergt ein Museum mit Informationen zu dessen Leben und seinen gefochtenen Schlachten, aber auch andere schottische Berühmtheiten werden gewürdigt, unter anderem Adam Smith und James Watt.
Ich habe mich in Schottland verliebt. In seine vielseitige Natur, in seine wunderschönen Städte und in seine herzlichen Menschen. Und auch ein bisschen in den ziemlich guten Whisky.

Aber um ein Klischee zu verneinen: Männer mit Kilt sah ich nur einen. Und der verdiente sich sein Geld damit, vor dem Edinburgh Castle für die Touristen Dudelsack zu spielen.

 

 

Autor*in

Nadine ist 22 Jahre alt und studiert Germanistik und Medienwissenschaft im Master an der CAU. Seit Oktober 2018 ist sie Teil der Albrecht-Redaktion und hat vom Sommersemester 2019 bis Sommersemester 2020 das Kulturressort geleitet. Nun kümmert sie sich um die Social Media-Präsenz, schreibt aber auch noch fleißig Artikel.

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