Marta (22) studiert an der CAU Politikwissenschaften und Europäische Ethnologie. Ihr Pflichtpraktikum sollte etwas besonderes werden und so entschloss sie sich mithilfe der Praktikumsvermittlungsorganisation AIESEC sechs Wochen in der chinesischen Stadt Shantou zu verbringen. In dieser Zeit fand sie nicht nur neue Freunde, sondern lernte vor allem eine Kultur kennen, die so ganz anders ist als unsere.

Einmal um die halbe Welt. So hat es sich zumindest für Studentin Marta angefühlt, als sie nach 27-stündigem Flug in China gelandet ist. In der Stadt Shantou soll sie in den folgenden sechs Wochen nicht nur Schüler unterrichten, sondern auch die chinesische Kultur mit allem was dazugehört kennenlernen.

Eine bunte Reise in den Osten der Welt beginnt für sie fern der gewohnten Umgebung, wo sie herzlichst von ihrer chinesischen Gastfamilie Willkommen geheißen wird. Gespannt auf Land und Leute beginnt das Abenteuer Praktikum für Marta schon bei Ankunft im Haus der Familie: Es erwartet sie der erste kulturelle Gegensatz. Die Toilette ist ein Loch im Boden. Dies ist kein Zeichen der Armut, wie man als Westeuropäer schnell annehmen könnte, sondern einfach eine kulturelle Gegebenheit, die noch nicht durch den uns bekannten Standard – der Kloschüssel – ersetzt wurde. Marta lernt die Chinesen als gastfreundliche Menschen kennen, allerdings sind besonders die Mädchen sehr still und in sich gekehrt. Zur Herausforderung wird die Zurückhaltung der Jugendlichen vor allem in der Schule, in der Marta die Kinder in Englisch unterrichtet. Die chinesischen Kinder arbeiten diszipliniert, ein Tag ohne Hausaufgaben ist für sie nicht vorstellbar, ein gemeinsamer Austausch des Gelernten findet weniger statt.

Eindrucksvoll - Die typische chinesische Baukunst. Foto: Marta Melnik
Eindrucksvoll – Die typische chinesische Baukunst. Foto: Marta Melnik

In einem Workshop lernt sie zusammen mit anderen Praktikanten aus aller Welt die chinesische Teekultur kennen. Das Teetrinken ist eine andauernde Zeremonie, bei der Reinlichkeit eine sehr große Rolle spielt. Die Tassen, die die Größe von Puppengeschirr haben, werden zur Desinfektion zunächst in heißes Wasser getaucht. Der erste Aufguss des Tees wird verschüttet, um die Schadstoffe herauszuspülen, erst beim zweiten Aufguss wird der leicht bittere Kung Fu-Tee getrunken. Nach drei bis vier Schlucken wird der Teerest ebenfalls verschüttet und ein neuer Aufguss beginnt.

Reinlichkeit und Gesundheit sind zentrale Themen in der chinesischen Kultur. So trinkt man dort keine kalten Getränke, weil es nicht gut für den Körper sei. Als Marta auf ihrer Reise in einen Taifun gerät und innerhalb von wenigen Sekunden vollkommen durchnässt ist, wird sie krank. Ihre Gastmutter gibt ihr zur Heilung nicht die typische Aspirin, sondern die traditionelle Heilkunst kommt zum Einsatz. Nach einem Besuch in einer Apotheke, die bei ihren angepriesenen Mitteln gänzlich auf Chemie verzichtet, muss Marta einen Sud aus verschiedenen Kräutern trinken. Schneller denn je erholt sie sich von der Erkältung. Warum Chinesen so alt werden? Für Marta hat sich das Geheimnis gelüftet. Läuft man am Morgen durch die Stadt, sind Menschen jeden Alters in ihren Vorgärten zu sehen. Sie meditieren, machen Thai-Chi oder Kong-Fu. Einfach auf der Couch liegen und nichts tun: Für die Chinesen unvorstellbar und auch nicht gewollt.

Wenn Marta in Shantou unterwegs ist, wird sie zur Attraktion. Ein grünäugiges Mädchen fällt auf. So wird sogar das regionale Fernsehen auf sie aufmerksam und verfolgt sie mit Kameras. Was sich für uns witzig anhört, ist für Marta befremdlich und eher anstrengend als amüsant. Zum Abenteuer werden auch die schieren Menschenmassen, mit denen sie nicht gerechnet hat. Ihre Kontaktperson hatte sie über Shantou informiert: Eine Kleinstadt. Klein heißt im chinesischen circa fünf Millionen Einwohner. Über die Größe Berlins wird in China nur müde gelächelt.

Marta schmeckt der Hühnerfuß. Foto: Marta Melnik
Marta schmeckt der Hühnerfuß. Foto: Marta Melnik

Auch kulinarische Spezialitäten hat sie sich nicht entgehen lassen. Man könnte grob sagen, dass die Chinesen nichts essen, was bei uns aufgedeckt wird. Es gibt dort keinen Joghurt, die sogenannte Milch ähnelt eher Wasser, Schokolade ist den Chinesen viel zu süß. Stattdessen gibt es neben Reis kandierte Früchte und vor allem Fleisch in jeglicher Variation. Während Marta beim Probieren von Maden, Kakerlaken oder anderem Getier lieber verzichtet, siegt beim Hühnerfuß dann doch die Neugier und sie probiert. Fazit: Der Fuß schmeckt besser, als er aussieht. Ihr absoluter kulinarischer Favorit auf dieser Reise wurde Lotus. Egal ob als Wurzel, oder Blatt, dieses Gemüse fehlt in Deutschland eindeutig auf dem Speiseplan.

Nach sechs Wochen ging es dann nicht nur mit viel Tee im Gepäck, sondern vor allem mit vielen tollen Eindrücken einer gänzlich anderen Kultur zurück nach Deutschland.

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