Ein Beitrag von Linda Kiowski und Silke Feyerabend

Es fängt alles ganz ruhig an im Hamburger Uebel und Gefährlich an diesem Abend. Der amerikanische Singer-Songwriter Damien Jurado spielt hier am 21. April ein Konzert seiner nur fünf deutsche Städte umfassenden Europa-Tour. Mitgereist ist die kanadische Vorband The Weather Station, die den Abend im kleinen Bunker-Club in der Feldstraße mit ihren durchdachten und reduzierten Songs beginnen. Die zahlreichen Pärchen im Publikum nehmen dies dankend zum Anlass, eng stehend hin- und herzuschunkeln. Kleine alltägliche Begebenheiten werden zu großen Melodien. Sängerin Tamara Lindeman macht aus einer gewöhnlichen Verabredung zum Kaffee eine besondere harmonische Begebenheit.

Das darauffolgende Set von Hauptact Damien Jurado und seiner vierköpfigen Tourband hingegen strotzt vor Soundeffekten und Synthesizerverzerrungen. In den Räumlichkeiten des Uebel und Gefährlich kann sich der Sound des Albums Visions of Us on the Land voll entfalten. Auch die Letzten stehen nun von den umliegenden Sofas und Barhockern auf. Der 43-jährige Jurado ist mit Unterbrechungen bereits seit Mitte der 90er-Jahre musikalisch aktiv, der breiten Masse dennoch weitestgehend unbekannt. Dies mag daran liegen, dass seine Musik nicht leicht zugänglich ist. Ruhige Melodien ohne erkennbare Höhepunkte und teilweise sperrige Texte fordern den Hörer. Seine Alben unterscheiden sich stilistisch teilweise stark voneinander, was Damien Jurado zu einem außerordentlich interessanten Künstler macht.

Seine Bühnenshow ist minimalistisch: Jurado sitzt die meiste Zeit singend und Gitarre-spielend auf einem Stuhl. Überraschung macht sich im Publikum breit, als er sich schließlich erhebt und sich ins Publikum begibt. Dies tut er seinem Stil getreu, ohne Eile oder Crowdsurfing. So dreht er bei dieser unerwarteten Einlage dem Publikum auch den Rücken zu und bewegt nur, seinem eigenen Rhythmus folgend, die nach oben gereckte linke Hand. Das Publikum hält hierbei respektvoll Abstand. Zwischen Hörern und der Musik herrscht jedoch keine derartige Distanz. Sie bildet einen mäandernden, konstanten Fluss, ohne jemals langweilig zu werden.

Durchbrochen wird er von einem kurzen Akustikset, bei dem Jurado alleine auf der Bühne ist. Eine andächtige Stille breitet sich im Raum aus. Museum of Flight, ein Song vom 2012er Album Maraqopa, ist das Highlight dieser Episode. Doch eigentlich ist nicht alles so ernst, wie es sich anhört. Jurado selbst, bei einer seiner wenigen Ansprachen ans Publikum, zeigt sich verwundert ob der sakralen Behandlung seiner Performance. „Why is it so quiet?“

Denn die Musik des Amerikaners kann auch schnell, eingängig und wirklich witzig sein. Dies beweist er beim letzten Song Working Titles, der das Konzert gelungen abrundet. Der aufmerksame Hörer muss bei Zeilen wie diesen schmunzeln: „You wrote about me on every new record / I’ll show up in the title of your song / I only hope somebody requests it.“ Das lyrische Ich verliert seine große Liebe an eine große Stadt. Die geschickte Akzentuierung der Liedzeilen macht Jurados feinen Humor mehr als deutlich. „What’s it like for you in Washington? / I’ve only seen photos. / Of Washington / I’ll never know what’s it like.“

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