Es war der Ruf nach mehr Praxiserfahrung, der schließlich an der CAU zur Einführung des sogenannten Praxissemesters führte. Dieses teilt das Semester für Lehramtsanwärter im Master of Education in eine Präsenzphase bis Weihnachten und eine Praxisphase bis Mitte März, um den Studierenden bereits im Studium mehr Praxiserfahrung zu ermöglichen und so letztlich das verkürzte Referendariat zu kompensieren. Bereits im Studium wird häufig vom sogenannten Praxisschock berichtet, den junge Lehrkräfte erleben, wenn sie nach dem Studium an die Schule kommen. Es ist also nur konsequent und präventiv, wenn man durch die Einführung des Praxissemesters die Praxiszeit von insgesamt zehn Wochen in fünf Jahren Studium auf 14 Wochen erweitert. Trotzdem wurden nach Beginn des Semesters insbesondere aus Reihe der Studierenden Stimmen gegen das vorgestellte Praxissemester laut.

Im ersten Jahrgang, in dem das Praxissemester durchgeführt wird, werden die Studierenden zu Versuchskaninchen, an denen ein unausgereiftes System ausprobiert wird, welches zwar vier Wochen mehr Praxis bietet, diese aber mit einem gewaltigen Theorieteil zunichte macht. Denn bereits vor dem achtwöchigen Praktikum sind drei Portfolios und zwei Klausuren – Entschuldigung – eine Klausur und eine Überprüfung von Wissensfragen fällig. Letztere darf nicht Klausur genannt werden, da sie ansonsten gegen die Prüfungsordnung verstoßen würde. Auch nach dem Praktikum ist das Praxissemester noch nicht vorbei: Bis April kommen drei weitere Portfolios und eine mündliche Prüfung auf die Studierenden zu. Um diese Prüfungsleistungen durchführen und erstellen zu können, müssen sich die Studierenden während ihres Praktikums mit insgesamt vier Leitfragen im Sinne des forschenden Lernens beschäftigen, deren Beantwortung wesentlicher Bestandteil der Prüfungsleistungen sein soll.

So bleibt den Studierenden kaum noch Zeit während ihres Praktikums, um sich auszuprobieren, Unterricht zu entwickeln und durchzuführen oder verschiedene Methoden zu testen, da durch die Leitfragen im Sinne des forschenden Lernens alles einen sehr theoretischen Beigeschmack erhält. Apropos forschendes Lernen: War es nicht Hattie, dessen Name bereits in der Einführung zu Grundlagen der Lehrerbildung rauf und runter gepredigt wird, der den Effekt forschenden Lernens als vergleichsweise eher gering einstufte?

Alles in einem bedarf das Praxissemester noch einer gründlichen Überarbeitung. Die Studierenden werden mit Theorie zugeschüttet und sind am Ende nicht besser auf den Lehrerberuf vorbereitet, sondern die Leidtragenden einer gut gemeinten, aber zu wissenschaftlich gedachten Reform der Lehrerausbildung.

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Hier veröffentlicht DER ALBRECHT seine Gastartikel – eingesandt von Studierenden, Professor*innen und Leser*innen der Zeitung.

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