Die ersten Sonnenstrahlen erstrecken sich über die paradiesische Landschaft und tauchen diese in ein wärmendes Orange. Kreischende Möwen kreisen über türkis schimmerndes Wasser und die Palmen rauschen im salzigen Südseewind. Doch diese harmonische Atmosphäre wird nur von kurzer Dauer sein, denn die Unruhestifter sind bereits im Anmarsch.

Es ist neun Uhr morgens und das Spektakel beginnt. Mit lautem Tuten kündigen sie sich an – die Touristen. Gigantische Kreuzfahrtschiffe ankern im Hafen und entladen eine lärmende Masse, gefolgt von weiteren Mengen, die per Billigflieger angereist sind. In kürzester Zeit wird parasitenartig das komplette Gebiet überfallen. Schon bald sind die Strände übersät von sich im Sand wälzenden Sardinen, die sich eine leuchtende Sonnenröte zulegen, während sie aus ihren Bottichen Sangria schlürfen.

In der Innenstadt düsen Heerscharen auf Segways durch die engen Gassen und machen an den unzähligen Souvenirshops halt, um sich mit Tonnen von Ramsch, made in China, einzudecken. Anschließend werden sich in den billigen Schnellrestaurants die Bäuche mit Currywurst, Schnitzel und Pommes rot-weiß vollgeschlagen.

Dann geht die Tour weiter ins Zentrum, wo sich kilometerlange Schlangen vor den Eingängen der Sehenswürdigkeiten erstrecken. Die lange Wartezeit wird jedoch produktiv genutzt. Sofort werden Digitalkameras und Smartphones gezückt und sich für Selfies in Szene gesetzt, schließlich müssen auch das hungrige Instagram und Co mit zahlreichen
Urlaubsschnappschüssen gefüttert werden.

Um 18 Uhr nähert sich der Tag dem Ende. Die Menschenmassen machen sich langsam zurück auf den Weg Richtung Schiff. Nachdem auch der letzte Dampfer den Hafen verlassen hat, kehrt etwas Ruhe ein. Zurück bleibt die vom Aussterben bedrohte Spezies der Einheimischen, die sich langsam traut aus ihrem Versteck hervorzukommen. Sie finden sich wieder in Tonnen von Abfall und der Gewissheit, dass morgen alles von vorne beginnen wird.


Titelbild: maxpixel.net

Autor*in

Johanna studiert seit dem Wintersemester 2016/17 Deutsch und Soziologie an der CAU. Sie ist seit Oktober 2016 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Von Juli 2017 bis Januar 2019 war sie als Ressortleiterin für die Kultur verantwortlich. Sie war von Februar 2019 bis Januar 2022 Chefredakteurin des ALBRECHT.

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