Der Schnee knirscht unter meinen Schuhen, während ich die Leibnizstraße mit meinem dampfenden Kakao in den Händen hinuntergehe. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass es erst 16 Uhr ist, dabei sieht der Himmel aus, als wäre es schon vier Stunden später. Nur noch kurz in die Bib, dann habe ich es geschafft.

Ich wechsle die Straßenseite und marschiere geradewegs auf die Universitätsbibliothek zu. Manche leuchten, wenn man sie liest. Die gelben Lettern strahlen mir entgegen und ich bin jedes Mal wieder fasziniert von diesem Satz. Die viel zu schweren Drehtüren führen mich ins Innere, ins Warme. Meine Finger sind eiskalt, denn auch der heiße To-Go-Becher konnte sie nicht warmhalten. Ich bringe meine Tasche und die Sachen in den Spind und steuere den Tresen an.

„Hi, ich wollte ein Buch abholen, das ich vorgemerkt hatte.“ Ich halte der Dame meinen Studierendenausweis entgegen. Sie nickt kurz und holt anschließend mein Buch aus einem Regal hinter sich. Als sie sich ein paar Momente später wieder setzt und es vor sich ablegt, beäugt sie meinen Ausweis. 

„Wir haben aber schon das Wintersemester 2019/20, Sie sollten das mal validieren“, sagt sie zu mir, während sie mir das Buch reicht. Ich danke ihr und wende mich wieder den Spinden zu, um am dortigen Gerät meine Karte zu aktualisieren. Zwar ist in zwei Monaten schon das Sommersemester, aber schaden kann es ja nicht.

Das Gerät zieht meine Karte ein, summt und heraus kommt meine frisch validierte Karte. Nachdem ich auch andere Bücher aus der Bibliothek geholt habe, trete ich meinen Heimweg an.

Krzzzzzzzz…

Die Hände in den Jackentaschen vergraben, schlendere ich hinter den Häusern der Leibnizstraße entlang. Aus der Mensa II kommen Studierende, die vermutlich auf dem Weg zu ihren Veranstaltungen sind, während ich einfach nur über den Campus laufe. 

Ich schlage den Weg zum Eingang des Gebäudes ein und gehe auf den Validierungsautomaten zu. Meine Hände ziehen meinen Studierendenausweis aus meinem Portemonnaie und stecken ihn in das Gerät. Ein lautes Knattern ertönt und wenig später kommt meine Karte wieder heraus. Ich werfe einen Blick auf die Karte und erstarre. „Sommersemester 2022” steht dort.

Vier Semester sind seit dem letzten Validieren vergangen, dabei kommt es mir wie gestern vor, dass ich zuletzt meine Karte aktualisiert hatte. Wo sind die vergangenen zwei Jahre geblieben? Fühle nur ich mich so, als wäre ich in der Zeit gereist und hätte die Hälfte meines Studiums verpasst? Bei einem genaueren Blick in die Gesichter der
anderen Studierenden fällt mir auf, dass hier und da weitere verwirrte Blicke sind. Scheint, als wäre ich nicht die einzige.

Autor*in

Rebecca ist 27 Jahre alt, studiert Deutsch und Philosophie im Profil Fachergänzung und ist seit Oktober 2018 beim ALBRECHT. Sie schreibt Artikel für alle Ressorts, vorzugsweise welche, in denen sie sich aufregen kann. Von Januar 2019 bis Januar 2022 leitete sie das Lektorat.

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