Brian Michael Bendis

Titel: Civil War II, Jessica Jones Megaband: Das letzte Kapitel, Defenders: Ohne Skrupel/Wahre Helden.

Autor: Brian Michael Bendis (Skript) & Olivier Coipel/Michael Gaydos/David Marquez (Zeichnungen).

Verlag: Panini. 356/412/132/124 Seiten, Softcover (farbig). 29/38/16,99/14,99 Euro.

Um die Jahrtausendwende gehörte Brian Michael Bendis zu den jungen Wilden, die den amerikanischen Mainstream ordentlich aufmischten: Seine innovative Cop-Superhelden-SeriePowers (2000-2004) machte die ausladenden Endlosdialoge der Tarantino-Schule auch im Comic cool und brachte ihm einen Job bei Marvel ein. Unglaubliche 133 Ausgaben schrieb Bendis anschließend für The Ultimate Spider-Man.

2017 wurde er dann auserkoren, das serienübergreifende Großevent Civil War II um den Hellseher Ulysses zu inszenieren. Dessen Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen, treibt einen Keil zwischen Captain Marvel und Iron Man: Sie will Verbrechen verhindern, bevor sie begangen werden, er die Freiheit des Individuums, das erst nach der Tat schuldig gesprochen werden darf, verteidigen. Wie sich die komplette Superhelden-Gemeinde zwischen diesen Positionen an die Gurgel geht, versteht Bendis mit feinem psychologischem Gespür zu schildern, vergisst darüber aber, der letztlich austauschbaren Geschichte seinen eigenen Stempel aufzudrücken. (6/10)

Das krasse Gegenteil ist Jessica Jones: Das letzte Kapitel: Die Ex-Superheldin und jetzige Privatdetektivin (die es durch die Netflix-Adaption inzwischen zu einiger Bekanntheit brachte) ist aufgrund diverser Traumata psychisch labil und beherrscht den Griff zur Schnapsflasche routinierter als ihre eigenen Kräfte. Die skurrilen Fälle, die sie zu lösen hat, schildert Bendis unnötig umständlich, während die Zeichnungen ihren Kunstanspruch plakativ vor sich hertragen. Wie er Jessica beständig scheitern und dennoch stets pampig ihre Würde bewahren lässt, ist allerdings ein veritabler Geniestreich. (7/10)

Gleiches gilt für The Defenders, in dem sich „Jessie from the Block“ mit den Klotzköpfen Luke Cage, Daredevil und Iron Fist zusammenschließt um in Harlem, Hells Kitchen und all den anderen Hoods, für die sich die Avengers zu fein sind, aufzuräumen. Auch wenn die Unterwelt Anschlag über Anschlag auf sie verübt und die Truppe stets aufs Neue ins Krankenhaus schickt – Jessica und ihre Spießgesellen geben einfach nicht auf. The Defenders ist weniger ein klassischer Superheldencomic als eine breitangelegte ironische Studie ungesunder Gruppendynamik und pathologischer Dickköpfigkeit, die Gaststars wie Deadpool und den Punisher guten Gewissens für einen schnellen Gag verheizt. Bendis hat derweil mit Marvel abgeschlossen und arbeitet inzwischen für die Konkurrenzan Superman. Mit The Defenders hat er sich selbst vorher noch einmal die Abschiedsparty des Jahres geschmissen. (9/10)

Motor Girl

Autor: Terry Moore

Verlag: Schreiber & Leser. 224 Seiten, Softcover (s/w). 24,95 Euro.

Um die ehemalige US-Soldatin Samantha „Sam“ Locklear ist es nicht gut bestellt: Nach drei Runden im Irak inklusive Kriegsgefangenschaft und Folter ist sie ein physisch gestähltes, psychisch aber derangiertes Wrack, das seine Tage Bier trinkend auf einem Autofriedhof in der Wüste Nevadas fristet. Als eines Abends fliegende Untertassen vor ihrer Tür landen, aggressive Konzern-Söldner und durchgeknallte Wissenschaftler den Schrottplatz zu belagern beginnen, spitzt sich die Lage empfindlich zu. Nur gut, dass Sam ihr Freund Mike zur Seite steht. Schlecht allerdings, dass es sich bei Mike um einen sprechenden Gorilla in Shorts handelt, den außer Sam niemand sehen kann.

Terry Moore ist eigentlich ein Mann der Langstrecke: Echo (2008-11) entfaltete sich über 30, Rachel Rising (2011-16) über 42 und das Opus Magnum Strangers in Paradise (1993-2007) gar über 107 Einzelhefte. Motor Girl ist nun sein erstes Werk aus, das sich bequem am Stück durchlesen lässt. Wie gewohnt steht dabei eine ungewöhnliche, allen gängigen Klischees widersprechende Protagonistin im Zentrum. Ihr gegenüber muss sich das absurde, an eine erwachsene E.T.-Variante erinnernde Theater um die außerirdische Invasion mit der Funktion, das Trauma-beladene Innenleben der Veteranin zu spiegeln, begnügen: Motor Girl ist die intensive Geschichte einer Frau, die sich nichts sehnlicher wünscht, als dass endlich jemand kommen und den Schmerz von ihr nehmen möge – selbst wenn es ein kleines grünes Männchen aus dem Weltraum ist. (8/10)

Dark Knight III

Titel: Batman: Dark Knight III– Die Übermenschen

Autor: Frank Miller/Brian Azzarello (Skript) & Andy Kubert (Zeichnungen)

Verlag: Panini. 380 Seiten, Softcover (farbig). 34 Euro.

Anno 2019 lassen sich die existenziellen Krisen, denen das Amerika des Superheldencomics permanent ausgesetzt ist, kaum mehr lesen, ohne darin ein nur geringfügig verzerrtes Spiegelbild der Realität zu erkennen. Frank Miller (Sin City) geht in Dark Knight III noch einen Schritt weiter und lässt Donald Trump gleich als Figur auftreten, die die Handlung mit gewohnt kryptischen Tweets kommentiert. In The Dark Knight Returns, dem ersten Teil der Reihe, der 1986 den US-Comic revolutionierte, war es noch Ronald Reagan, der als weltfremde Fehlbesetzung im Weißen Haus verhöhnt wurde.

Dieser Geschichte eines gealterten und verbitterten Batmans, der angesichts virulenter Kriminalität und einer Politik, die sich dem Verbrechen längst ergeben hat, aus dem Ruhestand zurückkehrt, fügt Miller alle 15 Jahre ein neues Kapitel hinzu. So entstand 2001 The Dark Knight Strikes Again (allerdings ohne auch den damaligen Präsidenten George W. Bush zu diffamieren), 2016 begann die Miniserie DKIII, die nun erstmals als Sammelband vorliegt. Diesmal ist es eine Invasion außerirdischer Despoten, die die alte Heldengarde um den dunklen Ritter noch einmal zwingt, in ihre eng gewordenen Capes und Anzüge zu steigen.

Ohne Krücken bekommt auch der 61-jährige Miller so etwas heutzutage nicht mehr zu Papier gebracht: Die Linke heißt Andy Kubert (Marvel 1602) und besorgt den Großteil der Zeichnungen, rechts leiht Brian Azzarello (100 Bullets) eine helfende Hand bei der Geschichte. Gelegentlich greift der Meister noch einmal selbst für ein paar Seiten zum Pinsel: Seine Bilder sind weit weniger filigran als früher, entfalten aber immer noch die alte Wucht. Aufgeputscht von ihrer archaischen Kraft freut man sich bereits auf den nächsten Teil der Saga, Dark Knight IV, den jetzt schon meisterwarteten Comic des Jahres 2031. (8/10)

Inhumans

Titel: Inhumans: Royals Bd. 1: Die Zukunft wartet nicht/Karnak: Der Makel in allen Dingen

Autor: Al Ewing/Warren Ellis (Skript) & Thony Silas/Gerardo Zaffino (Zeichnungen)

Verlag: Panini. 148/136 Seiten, Softcover (farbig). Je 16,99 Euro.

Die Inhumans sind so etwas wie die ungeliebten Stiefkinder des Marvel-Universums: Obwohl sie seit 1965 im Rennen sind, blieb ihnen größere Aufmerksamkeit bis heute verwehrt. Versuche dies zu ändern gab es durchaus – nur waren die in der Regel von eher mäßigem Erfolg gekrönt. Als quasi monarchistisch organisierte Parallelgesellschaft aus Superwesen verfügen die Inhumans zumindest über ein markantes Alleinstellungsmerkmal, auch wenn die Kräfte ihrer Anführer Black Bolt (Hyperschall-Stimme) und Medusa (Kontrolle über ihren Haarwuchs) eher uncool sind. Der pfiffige Ursprung dieser Fähigkeiten ist übrigens außerirdisches Erbgut aus Gen-Experimenten, die eine Alien-Rasse einst an den Steinzeitmenschen durchführte.

Leider sind die Geschichten häufig recht uninspiriert, wie die zweibändige Miniserie Inhumans: Royals derzeit vor Augen führt: Darin begeben sich Medusa und ihr Hofstaat als Reaktion auf die zunehmende Spaltung ihrer Untergebenen auf eine Odyssee im Weltraum um die eigene Herkunft zu ergründen. Die Konflikte, die dabei auftreten, sind aber leider ebenso banal, wie die immer gleichen Pseudo-Nachrichten, mit denen uns das britische Königshaus derzeit zu unterhalten versucht. (4/10) 

Dass blaublütige Familien nicht grundsätzlich aus Langweilern bestehen müssen, beweist hingegen Black Bolts Cousin Karnak Mander-Azur, der mit Der Makel in allen Dingen unlängst eine eigene Miniserie erhielt. Der misanthropische Einzelgänger, der in einem unkonventionellen Kloster Geist und Körper stählt, verfügt über ein ziemlich praktisches Talent: Er erkennt jede Bruchstelle in Gegenständen, Gebäuden oder Menschen – einst kehrte er gar von den Toten zurück, da er ein Schlupfloch in der Hölle fand. Eine Figur also, wie geschaffen für den genialen Miesepeter Warren Ellis (Transmetropolitan), der hier nach Jahren Dienst nach Vorschrift endlich einmal wieder zu großer Form aufläuft: Das Herz seiner Erzählung ist ein Klumpen Schwefel, ihr Pessimismus bringt Steine zum Weinen. Alles ist verloren – das muss man einfach lieben. (9/10)

Wiederveröffentlichung des Monats: Die Nikopol-Trilogie

Titel: Alexander Nikopol: Die Geschäfte der Unsterblichen. Die Frau in der Zukunft. Äquatorkälte.

Autor: Enki Bilal

Verlag: Carlsen. 184 Seiten, Hardcover (farbig). 40 Euro.

So stellte man sich 1981 also die Zukunft vor: Anno 2023 ist die Megacity Paris ein autonomer, faschistisch regierter Staat. Während die Oberschicht die Annehmlichkeiten des Fortschritts genießt, lebt die übrige Bevölkerung derart verwahrlost, dass eine Grenze zwischen Abfall und Organismus kaum mehr auszumachen ist.Über der Stadt schwebt eine Pyramide voller altägyptischer Gottheiten, die von Präsident Hans-Ferdinand Weißkohl (sic!) die nationale Treibstoffreserve zur Weiterreise fordern. Während der Staatschef sie mit einer Partie Monopoly hinzuhalten versucht (doppel-sic!), flieht der abtrünnigeGott Horus in den Körper des Revolutionärs Alexander Nikopol und beginnt, seine Machtgier unter den Menschen auszuleben.

Enki Bilals dicht erzählte, ebenso unheimliche wie burleske Science-Fiction-Tragödie Die Geschäfte der Unsterblichen wurde ihrer Zeit aus dem Stand in den Rang frankobelgischer Klassiker erhoben und zog mit Die Frau der Zukunft (1986) und Äquatorkälte (1992) zwei Fortsetzungen nach sich. Darin verfällt Nikopol/Horus der ikonischen, blauhaarigen Schönheit Jill Boskop, die sich nach der gescheiterten Beziehung mit einem Außerirdischen haltlos durch die Zukunft treiben lässt. Bilal gleitet dabei narrativ in eine irritierende Traumlogik ab, während er seinen Zeitgenossen formal bereits gänzlich enteilt ist: Die kühlen, visionär kolorierten Zeichnungen wirkten tatsächlich, als hätte er gerade die Zukunft des Comics erfunden.

Viel ist seitdem über die Trilogie geschrieben worden, dennoch verzichtet die aktuelle Gesamtausgabe auf Zusatzmaterial. Dass die Nikopol-Saga erstmals seit 1996 wieder komplett erhältlich ist, ist gleichsam Anreiz genug. Damals betrug der Preis übrigens stolze 168 D-Mark – auch das lässt sich als utopisch bezeichnen, freilich in einem anderen Sinne des Wortes. (8/10)

20th Century Boys

Titel: 20th Century Boys: Ultimative Edition Bd. 1-2

Autor: Naoki Urasawa

Verlag: Panini Manga. 420/400 Seiten, Softcover (s/w & farbig). Je 19 Euro.

Auch Manga-Ikone Naoki Urasawa blickte angesichts des nahenden 21. Jahrhunderts auf ebenso visionäre wie pessimistische Weise in die Zukunft, wie eine Neuauflage seines Opus Magnum 20the Century Boys (1999-2007)nun noch einmal nachvollziehen lässt. Darin fristet der Mittdreißiger Kenji anno 1997 ein frustrierendes Dasein: Der Traum von einer Karriere als Rockmusiker hat sich zerschlagen, stattdessen führt er mehr schlecht als recht den Laden seiner Eltern und hütet die kleine Tochter der Schwester, die aus ungeklärten Gründen verschwand. Als im Ausland eine mysteriöse Epidemie um sich greift und Japan unter einer Serie von Anschlägen erzittert, macht Kenji eine erschreckende Entdeckung: Die Ereignisse folgen exakt einer Geschichte, die er sich einst im Sommer 1969 für seine Freunde ausdachte. Als Kenji mit Hilfe seiner ehemaligen Clique beginnt, die gemeinsame Kindheit aufzurollen, entfaltet sich eine Bedrohung, die den Schrecken der Realität noch in den Schatten zu stellen scheint.

Wenn ein Roman, Comic oder Film aus der nostalgisch verzauberten (oder prägnant dramatisierten) Vergangenheit in die triste Gegenwart springt, fällt seine Qualität stets rapide ab – das ist eine Art ungeschriebenes narratives Gesetz. 20th Century Boys ist wohl die erste Geschichte, die damit bricht: Entfaltet sich die Handlung im ersten Band noch eher gemächlich, spannt sie ihr Netz um den gealterten Kenji im Anschluss immer fester und verleiht noch dem kleinsten Detail seiner Kindheit eine schlüssige Bedeutung in ihrer ebenso gewaltigen wie beängstigenden Erzählkonstruktion.

Die „Ultimative Edition“ überzeugt durch ein vergrößertes Format und ergänzt – zumindest im Auftakt – zusätzliche Farbseiten. Die ursprünglichen 24 Taschenbücher werden zu acht seitenstarken Bänden kondensiert. Urasawa ist ja bekanntlich unfähig, sich kurz zu fassen. Sonst kann er alles. (10/10)

Short Cuts

Jillian Tamaki: Supermutant Magic Academy: Seit ihres sensiblen Coming-of-Age-Comics Ein Sommer am See gilt die Kanadierin Jillian Tamaki als neues Aushängeschild der nordamerikanischen Indie-Szene. Wenig verwunderlich also, dass auch ihre eigentlich als Webcomic konzipierte Serie Supermutant Magic Academy nun noch einmal mit einer Printausgabe gewürdigt wird. Darin schildert Tamaki in pointierten Episoden den Schulalltag von Hexen, Magiern und Fabelwesen, die ihre Fähigkeiten erst noch erlernen müssen. Das Ergebnis wechselt fließend zwischen lustigen, traurigen und kryptischen Passagen – als hätte Lena Dunham die Peanuts mit Harry Potter und Warten auf Godot gekreuzt. (280 Seiten, Softcover. 24 Euro)

Jeff King/Andy Kubert u.a.: Convergence – Kampf der Welten: Wie vertreibt man sich eigentlich die Zeit, wenn man ein nahezu allmächtiges Wesen ist? Der gottgleiche Außerirdische Brainiac findet eine originelle Antwort: Man stiehlt ganze Städte aus verschiedenen Paralleldimensionen und reiht diese dann auf seinem Heimatplaneten auf. Anschließend lässt man die größten Helden der Metropolen in einem Kampf auf Leben und Tod gegeneinander antreten und verspricht, dem Sieger (samt seiner Stadt) die Freiheit zu schenken. Das Resultat ist ein kosmischer Gladiatorenkampf – nicht immer ganz nachvollziehbar, aber stets unterhaltsam.(324 Seiten, Softcover. 29,99 Euro)

Brian Wood/Garry Brown: Black Road – Die schwarze Straße: Die Wikinger wurden als Actionhelden lange Zeit sträflich vernachlässigt – anno 2019 ist das, Odin sei Dank, endlich Geschichte. Entsprechend erfreut man sich in Black Road der Taten des nordischen Söldners Magnus des Schwarzen, der den Auftrag übernimmt, einen römischen Kardinal über die berüchtigte schwarze Straße, eine gottverlassene Wildnis, gesäumt von barbarischen Diebesbanden, zu eskortieren. Die Zeichnungen sind so zerklüftet wie Magnus Antlitz, die Dialoge karg wie die Landschaft, in der er sich bewegt. Inhalt und Form in archaischem Einklang. (140 Seiten, Hardcover. 25 Euro)

Tom King/David Finch u.a.: Batman Bd. 3: Ich bin Bane: Der Autor Tom King wird derzeit von der Szene gefeiert wie kein Zweiter – zu Recht. Seine Batman-Geschichten in Ich bin Bane sind gleichermaßen psychologische Fallstudien und tiefschwarze Kurzgeschichten, die stets in Twists und Pointen münden, auf die in 80 Jahren Publikationsgeschichte sonst noch niemand gekommen ist. Mit dem Team-Up Batman/Flash: Der Button gelang ihm im Anschluss sogar noch ein Brückenschlag zu Alan Moores kultisch verehrtem 1987er-Meilenstein Watchmen. Das ist eigentlich ein Sakrileg, bleibt hier aber immer geschmackvolle Ketzerei. Leidtragender dieses kreativen Furors ist freilich Kollege James Tynion IV, dem die undankbare Aufgabe zukommt, gleichzeitig die Komplementärserie Detective Comics zu verfassen. Selbst wenn Tynion in dem aktuellen Band Das Opfer-Syndikat ein ganzes Batman-Team (in dem Frauen und Männer sich zahlenmäßig ebenbürtig sind) auf die Beine stellt, ist er King gegenüber hoffnungslos abgeschlagen und sieht bestenfalls dessen Rücklichter, wenn er mal wieder links überholt wird. (164/108/172 Seiten, Softcover. 17,99/12,99/15,99 Euro)

Hope Larson/Chris Wildgoose u.a.: Batgirl: Alte Liebe, alte Feinde: Das Erscheinen eines neuen Schurken, der Batgirl mit einer längst vergessenen Schuld konfrontiert, stellt die Heldin auf eine psychische Zerreißprobe. Deren Überwindung zeichnet ein eindrucksvolles Psychogramm der Figur: Als libertäre junge Frau, die sich Nacht für Nacht in Lebensgefahr begibt, um nicht endlich einmal die Weichen für eine bürgerliche Existenz stellen zu müssen, ist Batgirl einer der vielschichtigsten Charaktere des kontemporären Mainstream-Comics. (284 Seiten, Softcover. 27 Euro)

Edgar P. Jacobs: Der Kampf um die Welt: Die Erlebnisse des Atomphysikers Philip Mortimer und seines Freundes Francis Blake vom britischen Geheimdienst MI5 haben hierzulande nie wirklich ihr Publikum gefunden, gelten international aber zu Recht als maßgeblicher Klassiker des franko-belgischen Comics. Umso bemerkenswerter ist diese hochwertige Neuausgabe, die das erste Abenteuer der Beiden, den Militär-Thriller Der Kampf um die Welt (1946), in einer historisch-kritischen Edition präsentiert und um wohl sämtliches Bonusmaterial, das in den Archiven noch aufzutreiben war, ergänzt. (184 Seiten, Hardcover. 30 Euro)

Jim Starlin/Ron Lim: The Infinity War & The Infinity Crusade: Die Neunziger waren ihrer Zeit einfach voraus. Während der extraterrestrische Warlord Thanos und die Avengers um Captain America und Iron Man sich derzeit im Kino wieder an die Gurgel gehen, rauften sie sich im Comic bereits vor gut 25 Jahren zusammen:Anlass für den neu eingeschlagenen Kuschelkurs war anno 1992 eine Invasion dämonischer Doppelgänger, die sich in der sechsteiligen Miniserie Infinity War – Die ewige Schlacht nur mit vereinten Kräften besiegen ließ. Im Folgejahr kam es mit Infinity Crusade – Das ewige Paradies zu einer erneuten Allianz: Diesmal verschwanden auf einen Schlag alle gottgläubigen Helden (darunter Thor, Spider-Man und Daredevil), da sie von einem weiblichen Jesus auf einen fremden Planeten, der angeblich das Paradies war, teleportiert wurden.Das klingt abstrus, lässt sich aber noch heute gut lesen, da Autor Jim Starlinzu keiner Zeit einen Hehl daraus macht, dass er religiöse Heilsversprechen lediglich für miese Betrügereien hält. In Zeiten in denen die (nicht nur amerikanische) christliche Rechte wieder verstärkten Zuspruch erfährt, geht das als tagesaktuelle Botschaft durch. (Je 260 Seiten, Softcover. 24,99 Euro)

Jerry Siegel/Joe Shuster u.a.: Superman Anthologie: Schon paradox: Gerade das, was Superman als Figur so langweilig macht (sein antiquiertes 1930er-Jahre-Ethos und die physische Omnipotenz), verleiht dieser Zusammenstellung, die seine Historie in 20 Geschichten von 1938 bis 2016 nachzeichnet, erst ihren Reiz. Im Schnelldurchlauf durch acht Dekaden wird das ständige Ringen um Relevanz in einer Welt, in der der strahlende Held eigentlich längst zum Anachronismus geworden ist, erst wirklich sichtbar. Gleichzeitig vermittelt der Zusammenprall mit unterschiedlichen Moden und Moralvorstellungen mehr über die letzten 80 Jahre als so manches Geschichtsbuch. Prädikat: Historisch wertvoll. (388 Seiten, Hardcover. 35 Euro)

Autor*in

Janwillem promoviert am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft. Er schreibt seit 2010 regelmäßig für den Albrecht über Comics und Musik, letzteres mit dem Schwerpunkt Festivalkultur.

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