DER ALBRECHT sprach mit Stefan Hansen, dem Geschäftsführer des ISPKs, über die Arbeit und Intentionen des Instituts und über Maßnahmen zur Friedenssicherung. Das Interview entstand nach dem Gespräch mit der Hochschulgruppe pax optima rerum, die eine Zivilklausel für die Hochschule fordert und dem ISPK die „Beeinflussung des öffentlichen Diskurses in Richtung einer konfrontativen Politik und dem Einsatz von Waffengewalt“ vorwirft.

Welche Aufgaben und Ziele setzt sich das Institut für Sicherheitspolitik?

HANSEN: Das ISPK will und kann keine Optimierung von Kriegsführung oder dergleichen herbeiführen – wir betreiben keine technische oder militärtaktische Forschung. Wir beschreiben sicherheitspolitische Phänomene, untersuchen beispielsweise bestehende Konflikte und politische Lösungsansätze. Dafür tauschen wir uns mit internationalen Kolleginnen und Kollegen aus, reisen regelmäßig auch in Konfliktländer und sprechen in unterschiedlichen Formaten mit möglichst allen Parteien – etwa mit Regierungsrepräsentanten, Oppositionellen, NGOs und selbstverständlich auch mit Soldatinnen und Soldaten. Das vorderste Ziel des ISPK ist es dabei, der Öffentlichkeit wissenschaftlich fundierte Informationen über sicherheitspolitische Problemstellungen zur Verfügung zu stellen und damit zu einem sachlicheren Diskurs und abgewogeneren Entscheidungen beizutragen.

Welche Forschungsschwerpunkte verfolgt das ISPK?

Das ISPK hat derzeit vier Abteilungen zu übergeordneten Themenfeldern aufgestellt: Eine Abteilung Maritime Strategie und Sicherheit, eine Abteilung Terrorismus- und Radikalisierungsforschung, eine Abteilung Konfliktanalyse und internationales Krisenmanagement sowie eine Abteilung Strategische Entwicklung in Asien-Pazifik. Innerhalb der Abteilungen gehen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den wechselnden untergeordneten Fragestellungen der jeweiligen Fachgebiete nach. Hinzu kommen Fachleute, die sich mit weiteren Einzelthemen wie Cybersicherheit, transatlantischer Sicherheit oder der Arktis-Region befassen.

Welche Erkenntnisse gewinnen Sie durch Ihre Forschung?

Unser Team erarbeitet sich kontinuierlich eine Vielzahl an Erkenntnissen zu drängenden Herausforderungen und Problemstellungen, die sich beispielsweise auf identifizierbare Faktoren in Radikalisierungsprozessen, auf stattfindende Anwendungen salafistischer Konzepte in Deutschland oder auf die ressortübergreifende Zusammenarbeit von Behörden beziehen.

Welche sicherheitspolitischen Inhalte werden in der Lehre an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vermittelt?

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des ISPK haben individuelle Lehraufträge an den Universitäten Hamburg, Kiel und Flensburg. Im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen geben sie den Forschungsstand und Methoden ihres jeweiligen Fachgebietes an die Studierenden weiter. Das ISPK ist aber als privatrechtliche gemeinnützige Organisation nicht strukturell in die öffentlich-rechtliche Lehre eingebunden und hat dafür auch zu keinem Zeitpunkt Mittel von der Universität Kiel erhalten. Auch für seine Forschung bezieht das ISPK keine Grundmittel von öffentlich-rechtlichen Stellen oder gar von der Rüstungsindustrie. Wir werden von der gemeinnützigen Stiftung Wissenschaft und Demokratie getragen, die sich der Förderung praxisrelevanter Politikwissenschaft verschrieben hat. Darüber hinaus bewerben wir uns fakultativ für Projektmittel bei Ministerien, Stiftungen, der EU oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Wir sind somit in einem höchstmöglichen Maße unabhängig, überparteilich und können eigenmotiviert forschen.

In welchem Maße tragen Ihre Forschungsergebnisse zum sicherheitspolitischen Diskurs in Deutschland bei?

Wir veröffentlichen unsere Erkenntnisse stets in Buch- oder Aufsatzform sowie durch regelmäßige Vortragsveranstaltungen und in den sozialen Medien. Konferenzen wie etwa das Kiel International Seapower Symposium dienen hingegen eher der Erfassung von gegenwärtigen Entwicklungen durch Expertengespräche und der Reflexion von Lösungsansätzen in Fachzirkeln. In einem zweiten Schritt münden dann auch diese Ergebnisse beispielsweise in die Publikation von Sammelbänden und Beiträgen in Fachzeitschriften. Somit gibt es nicht den einen Diskurs in Deutschland zu dem wir beitragen, sondern es sind Gespräche in verschiedenen Formaten mit unterschiedlichen Menschen zu führen. Unseren Anteil zu beziffern fällt naturgemäß schwer. Doch es gibt nur sehr wenige Institute in Deutschland, die sich mit sicherheitspolitischer Forschung befassen, so dass das Interesse an unserer Arbeit kontinuierlich steigt.

Was verbinden sie mit dem Motto der Universität „pax optima rerum“?

Pax optima rerum – mit diesen bei dem römischen Politiker Silius Italicus entlehnten Worten appellierte schon Erasmus von Rotterdam 1517 in seiner „Klage des Friedens“ an die Herrschenden Europas auf einer bevorstehenden internationalen Konferenz endlich Frieden zu schließen. Leider wurde die Friedenskonferenz noch vor Beginn und vor Drucklegung seiner Schrift abgesagt und eine jahrzehntelange Kriegsphase fand ihre Fortsetzung. Lange nach seinem Tod wurde sein Appell schließlich das Motto des Westfälischen Friedens von 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Es zeigt sich, dass ein Friede zumeist in mühsamen Gesprächen, unter Einwilligung in Kompromisse und tunlichst unter bestmöglicher Kenntnis der bestehenden Konfliktlinien zwischen den Parteien ausgehandelt werden muss.

Gibt es Vorschläge zur Friedenssicherung, die Ihrer Meinung nach nicht zielführend sind?

Der Friede ist das höchste Gut der Menschheit. Er wird jedoch keinesfalls durch das ideologisierte Aufbauen von außerhalb des eigenen Lagerdenkens verorteten Einrichtungen zu Feindbildern gefördert, denen man unfriedliches Handeln unterstellt und an denen man sich sodann abarbeiten kann, um sich das trügerische Gefühl zu verschaffen, vor der Haustür vermeintlich selbst etwas zur Förderung des Weltfriedens beigetragen zu haben. Auch die Forderung einer weitgehenden Annäherung an die autokratischen Regime Russlands oder Chinas – oder der Rückgriff auf radikale Ideologien wird wohl kaum der Schlüssel zum Frieden in der Welt sein.

Durch welche Maßnahmen kann eine Friedenssicherung gewährleistet werden?

Die Erhöhung der Anzahl von stabilen, gerechten, prosperitären und demokratisch legitimierten Staaten mit guter Regierungsführung kann dazu führen, dass diese sich alsdann friedvoller in ihren auswärtigen Beziehungen verhalten und die Zahl der Konflikte weltweit abnimmt. Deutschland und Europa nach 1945 beziehungsweise 1990 sind hervorragende Beispiele dafür, dass Frieden zwischen vormals verfeindeten Menschen und Nationen geschaffen werden kann, den es aber fortan zu bewahren und gemeinsam auszugestalten gilt. Die Durchführung von internationalen Konferenzen zu aktuellen Herausforderungen war dabei nur selten abträglich aber umso häufiger äußerst hilfreich!

Vielen Dank für das Gespräch.

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