Im Gespräch mit Lucía von der Queeren Hochschulgruppe

Die Themen rund um die LGBTQ+-Community sind immer mehr in unserer Gesellschaft integriert und auch die Universität kommt daran nicht vorbei. Ist die CAU queerfreundlich oder wenigstens auf einem guten Weg? Darüber hat DER ALBRECHT mit Lucía von der Queeren Hochschulgruppe gesprochen.

DER ALBRECHT: Was macht ihr als Gruppe an der Uni?

Vor allem vernetzen wir queere Menschen mit anderen queeren Menschen. Wir bilden einen Safe Space für queere Personen, in dem sie sie selbst sein und sich ausprobieren können. Wir leisten queere Bildungsarbeit und organisieren Veranstaltungen zu queeren Themen. Wir sind offen für alle. Diversität und Akzeptanz sind uns sehr wichtig. Wir sorgen für Unterstützung, Verständnis und Freundschaft. Vor allem für diejenigen, die noch unsicher sind oder sich noch nicht geoutet haben. Außerdem arbeiten wir eng mit dem Queer Referat des AStA zusammen, damit die queeren Stimmen an der Universität auch in der Hochschulpolitik gehört werden.

Welchen Herausforderungen müssen sich queere Menschen stellen?

Das kommt auf die Person an. Ich als bisexuelle Person muss mich beispielsweise mit meinem Queersein im Alltag nicht immer aktiv auseinandersetzen. Bei trans* oder nicht-binären Menschen ist das anders. Die großen Themen für diese Menschen sind Namensänderungen, Pronomen sowie genderneutrale Toiletten.  
Wir wissen auch, dass es an der Uni ein leichtes Transfeindlichkeitsproblem gibt. Am 25. November ist der alljährliche internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, beziehungsweise FLINTA* (Frauen, Lesben, Inter*, Nicht-binär, Trans* und Agender; also alle die, die patriarchalisch diskriminiert werden). Statt an diesem Tag ein Zeichen gegen die Gewalt gegen alle Frauen zu setzen, hat die Uni eine Flagge von dem Frauenverein Terre des Femmes gehisst. Dabei ist bekannt, dass dieser sehr trans*feindlich ist. Danach haben wir die Uni darauf hingewiesen, dass sie damit am Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ein Zeichen gegen trans*-Frauen setzen. Als Reaktion hat die Universität uns die Erlaubnis gegeben, eine neue Flagge zu designen. 

Was können die Uni und Dozierende machen, um trans*-Leuten ein sichereres Gefühl zu geben? 

Für genderneutrale Toiletten sorgen! Wenn ich mich nicht irre, gibt es über die ganze FH verteilt genderneutrale Toiletten. An der CAU ist es so geregelt, dass es in Neubauten mindestens eine genderneutrale Toilette geben muss. 
Die Toilette ist ein intimer Raum, in dem jede Person geschützt sein sollte. Auch nicht-binäre Menschen müssen sich für eine binäre Toilette entscheiden, was für die Person sehr herabwürdigend ist. Sie wird permanent damit konfrontiert, dass es für sie wortwörtlich keinen Platz gibt. Wird die Person nicht entsprechend des Toilettenschildes wahrgenommen, kann das für sie zu einer Gefahr werden, die von Beschimpfungen bis zu körperlicher Gewalt gehen kann. Dementsprechend ist ein einfacher Zugang zu genderneutralen Toiletten für viele Menschen unerlässlich. Wenn sich die nächste Toilette jedoch erst am Ende der Straße befindet, ist das nicht gegeben. Dadurch, dass es kaum erreichbare genderneutrale Toiletten gibt, ist es gegebenenfalls für inter* und nicht-binäre Personen sehr schwierig, sich ihrer Identität entsprechend einzuordnen. Das ist für die Betroffenen schwierig, weil das eine permanente Konfrontation mit ihrer Identität darstellt.   
Viele Taktlosigkeiten gegenüber queeren Menschen entstehen durch Unwissenheit. Oft weil der persönliche Kontakt zu dem Thema fehlt. Da müssen wir erklären und bilden, dass es trans*-Personen gibt und wie am besten mit ihnen umzugehen ist. Einige trans*-Personen haben die Erfahrung gemacht, dass Dozierende ihnen mit Akzeptanz begegnen. 
Es ist auch wichtig, trans*-Menschen zuzuhören, beziehungsweise uns, der Queeren Hochschulgruppe, und dem Queer-Referat, weil wir für die queere Community sprechen. Die Uni hat sich oft kooperativ gezeigt, allerdings finde ich, dass da noch Luft nach oben ist. 

Spielt Selbstschutz im Verhalten von trans*-Menschen eine große Rolle?

Ja, auf jeden Fall. Ich würde sagen, trans*-Menschen sind sich der Gefahr bewusst, in der sie sind und das nur, weil sie ihr Leben ihrer Identität entsprechend gestalten. 
Übrigens hilft es nicht, zu sagen, dass die Person sich halt nicht in Gefahr begeben soll. Die Gefahr geht von der Gesellschaft allgemein aus, daher bedeutet „sich nicht in Gefahr begeben“ hier, „kein Teil der Gesellschaft mehr zu sein.“

Gibt es Workshops oder Lesungen zu queeren Themen, die für alle zugänglich sind?

Das Queer-Referat setzt sich für Lesungen und andere Veranstaltungen ein. Zum Trans* Visibility Day haben sie zum Beispiel eine Transfrau an die Uni eingeladen, die über ihr Leben in den 60er und 70er Jahren erzählt hat. Zur Mental Health Awareness Week gab es eine Veranstaltung zum Thema Eltern mit queeren Kindern. Auch die Studierenden selbst können sich für Workshops zum Thema Queer einsetzen: die Biologiefachschaft soll demnächst beispielsweise mit Schlau zusammenarbeiten. Schlau ist ein bundesweites Aufklärungs- und Antidiskriminierungsprojekt zum Thema „Queer Sein“, das in Schleswig-Holstein im queeren Zentrum angesiedelt ist. Diese Gruppe von queeren Menschen macht Bildungsworkshops an Schulen und erzählt über Diskriminierung und den Alltag queerer Menschen. Es wäre jedoch hilfreich, wenn solche Veranstaltungen sich tatsächlich mal an die Dozierenden und Verantwortlichen an der Uni richten würden und nicht nur an die Studierenden.

Glaubst du, dass Menschen dazu bereit sind, sich über queere Bildung aufklären zu lassen und Akzeptanz zeigen?

Da bin ich mir sicher. Je präsenter queere Themen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich Menschen damit auseinandersetzen. Ich hoffe, dass es in den folgenden Semestern noch besser wird, aber wir gehen auf jeden Fall in die richtige Richtung.

Vielen Dank für das Gespräch! 

(Anmerkung der Redaktion: Das Sternchen bei trans inkludiert auch nicht-binäre Trans*personen)

Autor*in

Lisa ist 26 Jahre alt und studiert seit dem Wintersemester 20/21 Deutsch und empirische Sprachwissenschaft auf Fachergänzung. Seit November 2021 ist sie Teil der Redaktion und des Lektoratsteams und hat im Januar 2022 die Leitung des Lektorats übernommen.

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