Eine gesündere Gesellschaft durch Homeoffice 

von Sören Striewski

Bereits vor der Corona-Pandemie gab es viel Diskussion um das Thema Homeoffice, einige kannten es seit Jahren nicht anders und andere wollten starr an alten Strukturen festhalten. Auf einen Schlag sahen sich Unternehmen gezwungen, ihre gesamte Arbeitsgestaltung umzustellen. Es gibt wenige Bereiche in der Gesellschaft, die sich während der Pandemie so rasant verändert haben wie der Arbeitsbereich. In vielen Unternehmen, in denen vorher kein Homeoffice denkbar war oder nur ausgewählte Mitarbeitende an bestimmten Tagen im Homeoffice sein konnten, konnte nun doch der Großteil an vielen Tagen der Arbeitswoche von Zuhause arbeiten. 

Mittlerweile ist seit dieser Umstellung einige Zeit vergangen und die Meinungen zum Homeoffice sind nach wie vor gespalten. Auf der einen Seite gibt es jene, die sagen, dass das Homeoffice funktioniert und dass die Mitarbeitenden genauso produktiv sind, wenn nicht sogar noch produktiver. Auf der anderen Seite beschweren sich Menschen aber auch über niedrigere Produktivität und wollen so schnell wie möglich zum alten Büro-System zurückkehren. Doch ist wirklich alles nur schlecht am Homeoffice, oder sollten wir das Ganze lieber als eine Chance sehen? 

Pendeln als zusätzlicher Stressfaktor 

Vor der Umstellung war es so, dass die infrage kommenden Arbeitsmöglichkeiten für eine Person stark damit zusammenhingen, welche Bereitschaft sie für einen Umzug oder einen langen Arbeitsweg hat. Personen, die Karriere machen wollten, mussten flexibel sein und sich auch nicht davor scheuen, viel Zeit von ihrer Familie entfernt zu verbringen. Das bedeutete auch, für einen Job in eine komplett fremde Stadt zu ziehen, wo die Wohnungssituation alles andere als vorteilhaft sein konnte. Die Folge davon war, dass immer mehr Personen pendeln mussten. Laut dem Statistischen Bundesamt pendelt fast ein Drittel aller Erwerbstätigen mehr als eine halbe Stunde auf dem Weg zum Arbeitsplatz. 

Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern in Bezug auf steigende Benzinpreise auch für den Geldbeutel: Es ist statistisch belegt worden, dass das Pendeln auf längeren Strecken eine mentale und physische Belastung darstellt. So zeigte zum Beispiel der Report der Techniker Krankenkasse einen Anstieg an Fehltagen wegen Depressionen und anderen psychischen Leiden, wobei es bei Männern elf und bei Frauen 15 Prozent sind. Neben diesen Nachteilen des Pendelns ergab eine Studie der Stanford Universität über einen Zeitraum von neun Monaten in Zusammenarbeit von 16 000 Mitarbeitenden von C-Trip, einer chinesischen Reiseagentur, dass das Arbeiten von zu Hause die Produktivität um 13 Prozent steigern kann.

Die Mitarbeitenden berichteten außerdem über eine erhöhte Zufriedenheit im Unternehmen und weniger Personalwechsel. Nach dem Erfolg dieser Testphase ließ die Reiseagentur die Mitarbeitenden selber entscheiden, ob sie von zu Hause arbeiten wollen oder nicht, was einem hybriden Konzept entspricht. Nach dieser Umstellung konnte eine Produktivitätssteigerung von 22 Prozent vermerkt werden. 

Ein Gewinn für die ganze Gesellschaft 

Homeoffice sollte nicht nur als Zusatzoption gesehen werden. Es bietet die Möglichkeit, durch verbesserte Flexibilität die Inklusion und Diversität in der Arbeitswelt sicherzustellen und zu fördern. Gerade Eltern oder Personen, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen, wird ein höherer Grad an Flexibilität im Alltag geboten, welcher sich positiv auf das Verhältnis von Arbeit und Familie auswirkt. Weiterhin erhalten Menschen, die nicht in die Großstädte ziehen wollen, auch eine Chance auf Jobs, für die sie sonst niemals infrage kommen würden, was unter anderem die Verkehrssituation in Großstädten und den dortigen Wohnungsmarkt entlastet. Ein großer Erfolg ist auch für solche Menschen zu verzeichnen, die den Arbeitsweg zum Büro aufgrund von Erkrankungen oder Behinderungen nicht antreten können, selbst wenn diese Konditionen die Arbeitsleistung nicht beeinflussen.  

Auch wenn es für viele Arbeitgeber:innen eine Herausforderung darstellt, die Möglichkeit von Homeoffice anzubieten, hat sich gezeigt, dass es doch einige Vorteile mit sich bringt. Vor allem fördert das Arbeiten im Homeoffice nicht nur die Produktivität und Work-Life-Balance von Arbeitnehmenden, sondern auch den Grad an Inklusion von Menschen in speziellen Lebenslagen oder mit Behinderungen. 

Es ist klar, dass kein Zoom-Call den physischen Kontakt ersetzen kann und dass nicht jeder Beruf von Zuhause ausgeführt werden kann. Aber gerade die Inklusion, die durch diesen Arbeitswandel gewonnen wurde, sollte nicht verloren gehen.  

Autor*in

Hier veröffentlicht DER ALBRECHT seine Gastartikel – eingesandt von Studierenden, Professor*innen und Leser*innen der Zeitung.

Share.
Leave A Reply