Das frühe keltisch-skandinavische Fest des Winters

Schon mal überlegt, den Tannenbaum im Wohnzimmer anzuzünden? So ähnlich lief es zur Winterzeit vor circa zweitausend Jahren, zumindest bei den altgermanischen Völkern der Regionen, welche heute Deutschland und teilweise Frankreich oder Dänemark heißen. Dort wurde das Julfest gefeiert, da das Christentum zu dieser Zeit nicht weit verbreitet war. Das Fest hat – ähnlich wie Weihnachten – eigene Traditionen, Bräuche und Geschichten, bei denen euch einige Akteure oder Dekorationen bekannt vorkommen dürften.  

Määh! 

Vielleicht haben ein paar von euch ja auch Dekorationen oder sogar Christbaumschmuck aus Stroh und Holz? Oder euch wurde als Kind gesagt, dass an Weihnachten das Zimmer aufgeräumt sein muss? Diese Sachen finden ihren Platz beim vorchristlichen Julfest. Hier haben die alten Germanen in der Winterzeit viel aus Stroh gebastelt, vornehmlich Sterne und Ziegenböcke. Der Julbock brachte den Kindern in einigen Regionen die Geschenke und Süßkram. Die Väter verkleideten sich dort als Ziegenbock, um den Kindern Geschenke zu bringen.  

Zusätzlich wurden die Zimmer aufgeräumt. Hier lag der Wert vor allem auf den gemachten Betten. Nicht etwa, weil Verwandte zu Besuch kommen oder es sonst keine Geschenke gibt, sondern damit Geister und Gött*innen dort schlafen konnten und es gemütlich und sauber hatten. Für jene wurden dann die Tische gedeckt und manchmal auch Essen bereitgestellt, so gab es teilweise leere, fein gedeckte Tische im Haus. 

Böse Götter bei ungemachten Betten 

Es wurde geglaubt, dass in der längsten Nacht des Jahres, beziehungsweise in der Nacht der Wintersonnenwende am 21. Dezember, die Geister und Götter sich in der furchterregenden Dunkelheit herumtreiben und Jähzorn für die Familie des ungeschmückten Hauses und der ungemachten Betten empfinden. Vermutlich war das Fest genau in dieser Zeit, weil die Tage ab der Wintersonnenwende wieder länger und heller werden. Etwas später hat dann der norwegische König Hakon der Gute beschlossen, das Julfest auf den 25. Dezember zu legen, um mit den Christen auf einen Nenner zu kommen.  

Feuer! Jippie! 

Getrieben von der Angst vor der Dunkelheit und bösen Geistern entzündeten die Germanen Lagerfeuer aus gesammelten Holzscheiten und Tannengrün, mit welchem auch die Häuser geschmückt wurden. So kommen wir also zum heutigen brennenden Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. Eigentlich reicht es auch, wenn ihr nur Kerzen auf den Baum setzt oder Lichterketten oder einen Kranz habt. So findet sich das Julfest auch Stückweise im heutigen Weihnachtsfest wieder: in Holzschnitzereien, Stroh-Deko, jeder Form von Lichterschmuck und Kerzenkränzen und auch im Bier. 

Julfest der Moderne  

Wer heute das Julfest feiert oder feiern möchte, legt tendenziell eher weniger Wert auf christliche Traditionen und hat wahrscheinlich Wurzeln in Skandinavien. Vor allem in Schweden, wo das Fest noch gefeiert wird. Dort bringt heute der gnomartige ‚Nisse’ mithilfe seiner Julböcke die Geschenke. Übrigens gibt es deshalb auch so viel glanzlose Stroh-Deko bei IKEA. Vielleicht geht es auch um Spiritualität und Naturverbundenheit, schließlich ist das Fest mit dem ganzen Grün, Holz und Stroh sehr naturbezogen. Es gibt noch eine ganz andere skurrile Art, das Fest zu feiern; Menschen aus dem rechten Spektrum missbrauchen das Fest für ihre Zwecke. In den Zeiten des NS-Regimes wurden Teile des Festes nämlich in das Weihnachtsfest integriert; das nennt sich dann nationalsozialistischer Weihnachtskult. Aus welchen Gründen auch immer ihr feiert und egal, was gefeiert wird, nehmt Rücksicht aufeinander und lasst alle machen, was für richtig gehalten wird (außer Rechte und Neonazis, keine Toleranz für Intoleranz!). Lebkuchen und Stollen können trotzdem alle essen. Und bitte zündet nichts an, was nicht mit mindestens einem Feuerlöscher im Raum abgesprochen ist. God Jul!  

Autor*in
Ressortleitung Gesellschaft

Svea studiert Geschichte und Politikwissenschaft im Profil Fachergänzung. Sie ist seit November 2023 Teil des Albrechts und seit Januar 2024 übernimmt sie die Leitung für den Gesellschaftsteil.

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